"TSV!" schallt der denkbar minimalistische Schlachtruf vom Stadion-Osteingang über die Grünwalder Straße. "TSV!" tönt es von der anderen Seite aus dem fünften Stock zurück, wo in der Giesinger Löwenwelt jetzt wieder die ganz Privilegierten daheim sind: die mit dem direkten Blick über den Tribünenrand aufs Spielfeld.
Das war es dann aber auch fast schon wieder mit den Gefühlsausbrüchen nach dem glücklichen 3:1-Heimauftakt gegen Wacker Burghausen: Zufrieden und weitaus friedlicher, als es manche Lokalpolitiker und Anwohner befürchtet hatten, verlassen die Sechzgerfans die Arena. Die meisten strömen zur U-Bahn am Candidplatz oder zu den 20 Bussen, die am Candidberg warten.
Andere feiern nach dem Spiel im nahen "Blue Adria" oder im Wienerwald am Stadion, der als Giesinger Gastro-Fossil eine gute Kulisse für nostalgische Anwandlungen abgibt. In gelöster Stimmung - und das nicht nur wegen des Spielergebnisses - tritt auch Beatrix Zurek hinaus in die Giesinger Nacht. Als städtische Sportreferentin ist die SPD-Politikerin quasi die Hausherrin der städtischen Arena. Eine Rolle in der es einiges an Meinungsverschiedenheiten zwischen Fans und Nachbarn zu schlichten gibt, nicht erst jetzt, sondern schon vor zwei Jahren als der TSV bereits scharf am Abstieg vorbeischrammte.
Der Aufwand für eine Bürgerversammlung Anfang der Woche, die dann doch nur von gut hundert friedlichen Giesingern besucht wurde, mag rückblickend übertrieben scheinen. Aber, sagt Zurek: "Lieber hab ich neun Security-Leute, die in der Nase bohren, als sechs zu wenig."
Einen entspannten Abend erlebt die Funktionärin auch im Stadion. Da gehe es in jedem Wiesnzelt wüster zu, findet sie. Sogar die geschlagenen Burghausener bleiben sittsam - es bleibt ihnen auch kaum etwas anderes übrig, werden sie doch auf dem Weg zur U-Bahn Wettersteinplatz von martialisch gerüsteter Bereitschaftspolizei flankiert. Eine Gruppe Jugendlicher lobt gar die Gegner für den verdienten Sieg.
Und Polizeisprecher Oliver Timper lobt das Verhalten der Fans, die alle extrem friedlich gewesen seien. "Die beiden Fangruppen stehen sich normalerweise ja nicht immer so positiv gegenüber", sagt Timper. Deswegen sei das Spiel auch als "High Risk"-Spiel eingestuft worden. Dementsprechend viele Einsatzkräfte waren vor Ort. Aber: "Ein aktives Eingreifen von unserer Seite aus war nicht notwendig", betont Timper. "Der Einsatzleiter war sehr positiv überrascht."
Im Vorfeld hatten die Ultras der "Münchner Löwen" einen Verhaltenskodex veröffentlicht, in dem sie dazu aufforderten, das Viertel nicht zu vermüllen. Und das habe auch gut geklappt, sagt Timper. Die Fans hätten sich sogar gegenseitig dazu angehalten, keine Flaschen fallen zu lassen. "Es war wirklich ein Fußballfest."
Schon beim Stadion-Einzug trennte die Polizei Löwen- und Wackerfans sorgsam und lotste sie über verschiedene U-Bahnstationen und Stadioneingänge. Spannend war die Anreise für die Gäste dennoch, da sich sowohl der Sonderzug, als auch ein Fanbus bis kurz vor Anstoß um 19 Uhr verspäteten. Zumindest konnte es so beim Einlass gar nicht erst zu heiklen Begegnungen kommen, da die Fangruppen nacheinander eintrafen.
Auch die Verkehrslage bleibt entspannt: Die Tram kommt auf der Grünwalder Straße ohne Unterbrechung durch, Autofahrer müssen das Stadion derweil umfahren. Und selbst das befürchtete Wildbiesler-Problem beschränkt sich weitgehend auf den Grünstreifen am Bus-Parkplatz Candidberg. Demonstrativ postiert sich hier eine Stunde vor Spielbeginn eine Viererkette direkt neben den Dixieklos. Die Fanverbände müssten es halt noch schaffen, ihre "Zwickt's es zamm"-Aufkleber irgendwie ins Gebüsch zu montieren.