Giesing:"Corona ciao, ciao, ciao"

Nicht nur in Italien musizieren die Menschen während der Ausgangs­beschränkungen gemeinsam. Im Münchner Osten trifft man sich zu Musikabenden jetzt online statt im Wirtshaus

Von Daria Gladkov, Giesing

Ein Abend im März: Mehr als 50 Leute spielen gemeinsam ein Konzert. Sie sind fröhlich, lachen, tragen lustige Hüte und Blumenketten. Ihr Treffpunkt ist das Internet. Viele spielen Ukulele, und alle singen "Stand by me". Sie widmen das Lied ihren Liebsten, die gerade zwei Meter Abstand halten sollen, aber natürlich auch nicht zu weit weg stehen dürfen. "Steh bei mir" in diesen Zeiten, nur nicht zu nah, wir wollen schließlich gesund bleiben.

Erst vor kurzem hatte das München Ukulele Meetup seinen 50. Auftritt in der Giesinger Bräu Schänke. Dort treffen sich in normalen Zeiten dienstags Musiker mit und ohne Ukulele, um gemeinsam zu musizieren, einen schönen Abend zu verbringen, Spaß zu haben. Claudio Kusnitzoff hat ein anderes Instrument dabei, er spielt seine Cajon. Gemeinsam mit Nicholas Gordon, Frank Mattheus und Stefan Michaelis organisiert er die Veranstaltungen. Hauptberuflich hat keiner von ihnen einen musikalischen Background, abseits der Ukulele-Treffen sind sie Anwälte, IT-Berater und Entwickler. Sie finden: "Neue Herausforderungen brauchen neue Lösungen." Und weil die Vier trotz Veranstaltungsverbot und Ausgangsbeschränkung nicht auf das gemeinsame Musizieren verzichten wollten, haben sie das erste virtuelle kollektive "Ukulele Sing- and Strum Along"-Event im Netz organisiert. Über einen Link auf der Online-Plattform Meetup konnten die Teilnehmer sich in einen virtuellen Meeting-Raum einloggen.

Giesing: Normalerweise treffen sich die Ukulele-Fans dienstags in der Giesinger Bräu Schenke.

Normalerweise treffen sich die Ukulele-Fans dienstags in der Giesinger Bräu Schenke.

(Foto: Stefan Michaelis/oh)

War die Seite geladen, erschien ein riesiges Mosaik aus bunten Icons, die die Musizierenden zeigten. Nach und nach wurden es immer mehr. Die Organisatoren selbst saßen hinter einem der Benutzerfenster in einem Musikkeller in München und bedienten den Masterstream. Das heißt, sie waren zum Beispiel dafür verantwortlich, dass der Liedtext und die Noten für alle an der richtigen Stelle angezeigt wurden.

Nicholas Gordon moderierte als Frontman den Abend, verloste eine Klopapierrolle und brachte zwischen den Liedern Toasts aus. Da sah man dann in dem Mosaik aus kleinen Fenstern auf dem Bildschirm viele Weingläser und Bierflaschen virtuell miteinander anstoßen - komplett keimfrei. Gesungen und gespielt wurde nacheinander alles, was man so kennt und sich laut mitzusingen traut. Auch "Bella Ciao", als Zeichen der Solidarität mit den Italienern, die beim gemeinsamen Singen - oft auf ihren Vordächern und Balkonen - schon ein paar Wochen Vorsprung haben.

Die Tonqualität des Ukulele-Konzerts ist zwar zweifelsfrei an die Kapazität des eigenen WLAN-Routers und die Auslastung des Online-Meeting-Raums gekoppelt. Wer aber erwartet, dass man ähnlich wie bei einem zähen und verwackelten Skypegespräch nach zehn Minuten aufgibt, täuscht sich. Alle Teilnehmer blieben in der Leitung und spielten, sangen und lachten so manche Störung einfach weg. In der Chatspalte grüßte "Ukuleleeva" alle von ihrer Katze, die sie sonst sicherlich nicht auf ein Konzert mitgebracht hätte. Und bestimmt wäre Nicholas Gordons Mutter aus Neuseeland auch nicht so einfach in Giesing vorbeigekommen. Sie schaltete sich im Verlauf des Abends in den Stream ein - und bestellte allen Musikanten ein herzliches Hallo vom anderen Ende der Welt.

Giesing: Gemeinsam singen und spielen, auch wenn alle daheim bleiben müssen, das ist das Ziel beim virtuellen Ukulele-Meetup.

Gemeinsam singen und spielen, auch wenn alle daheim bleiben müssen, das ist das Ziel beim virtuellen Ukulele-Meetup.

(Foto: FotoS: Stefan Michaelis/oH)

"Was 2015 mit einem kleinen Treffen Ukulele-Begeisterter im Englischen Garten begann, ist inzwischen angewachsen zu einer großen Community rund um das kleine hawaiianische Instrument", sagt Stefan Michaelis, der die Gruppe gegründet hat. Solange die Münchner wegen der Ansteckungsgefahr zuhause bleiben, wollen die Organisatoren weitere virtuelle Konzerte anbieten. Denn wie sagt der Volksmund: Musik ist die beste Medizin.

Für Donnerstag, 2. April, 18 Uhr, ist ein Ukulele Acoustic Session Event geplant. Der Link kommt nach Angaben der Organisatoren rechtzeitig über die Meetup-Seite (www.meetup.com/de-DE/Munchen-Ukulele-Meetup/).

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: