Gesundheitsversorgung:Dem Norden gehen die Hausärzte aus

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105 Hausärzte im Bezirk Altstadt-Lehel im Zentrum stehen 34 Kollegen in Milbertshofen-Am Hart gegenüber. (Foto: SZ-Grafik; Kassenärztliche Vereinigung Bayern)
  • Haus- und Kinderärzte sind in München extrem ungleich verteilt.
  • Während das Zentrum, der Süden und der Osten bestens ausgestattet sind, kommen die Kollegen im Norden locker auf das Zehnfache an Patienten.

Von Heiner Effern

Wer in München Grippe hat, zum Hausarzt muss und möglichst schnell wieder im Bett liegen will, der sollte im richtigen Viertel wohnen. Denn im Norden und Westen der Stadt entwickeln sich solche Praxen zunehmend zu einer aussterbenden Spezies. Das Zentrum, der Süden und der Osten sind dagegen bestens ausgestattet.

Das geht aus einer Übersicht hervor, die das Gesundheitsreferat am Donnerstag im Stadtrat vorstellte. Im Bezirk Altstadt-Lehel praktizieren derzufolge 105 Hausärzte. Bei etwa 21 000 Einwohnern hat jeder von ihnen im Schnitt nur 200 Patienten zu versorgen. Die 34 Kollegen in Milbertshofen-Am Hart kommen locker auf das Zehnfache: Jeder Hausarzt dort muss 2200 Menschen behandeln.

Diese massive Schieflage der Versorgung ist seit Jahren ein drängendes Problem. Doch Gesundheitsreferentin Stephanie Jacobs kann dem Stadtrat kaum ein wirksames Gegenmittel empfehlen. Wegen der Gesetzeslage und der Vorgaben der Kassenärztlichen Vereinigung seien "die direkten Einflussmöglichkeiten der Stadt München sehr stark begrenzt", schreibt sie in ihrer Vorlage für den Gesundheitsausschuss.

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Das Hauptproblem ist, dass in der Stadt insgesamt so viele Hausärzte praktizieren, dass sie als überversorgt eingestuft wird. Allerdings wird in diese offizielle Rechnung auch der Landkreis einbezogen. Geprüft wird also, ob für insgesamt zwei Millionen Einwohner genügend Mediziner zugelassen sind. Wie die Hausärzte in dem riesigen Gebiet verteilt sind, interessiert nicht.

"Somit zeichnen sich besonders in den Stadtrandgebieten Versorgungslücken ab", schreibt Referentin Jacobs. Ausnahmen sind in diesem System nicht durchzusetzen, Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) soll dennoch laut Auftrag des Gesundheitsausschusses einen Vorstoß unternehmen. Er solle "sich für eine kleinräumigere Bedarfsplanung in München" einsetzen und so für die Viertel am Stadtrand eine gesonderte Berechnung erreichen.

Auch bei Kinderärzten ist der Stadtrand tendenziell schlechter gestellt. Besonders in Riem sieht die Stadt laut Gesundheitsreferat Bedarf. Allerdings ist die Lage bei Kinderärzten unübersichtlich, weil nach Kenntnis der SPD-Fraktion viele Praxen einen Aufnahmestopp verhängt haben. Deshalb fordert die Fraktion nun eine transparente Übersicht der Kassenärztlichen Vereinigung, wie viele Kinderärzte in München überhaupt noch neue Patienten aufnähmen.

© SZ vom 08.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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