Gesundheitshaus in der Maxvorstadt:Streit über die Diagnose

Nach Ansicht des Bezirksausschusses verstoßen die Pläne für das neue Gesundheitshaus an der Dachauer Straße gegen verpflichtende Umweltstandards. Das Kommunalreferat weist die Vorwürfe als "Unsinn" zurück

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Trotz erneuter Kritik aus dem Stadtbezirk hält die Stadt an den Plänen für das neue Gesundheitshaus an der Dachauer Straße fest. "Die bisherigen Planungen werden unverändert fortgeführt", heißt es in einer Vorlage, die der Kommunalausschuss des Stadtrates beschlossen hat. Die Vorhaltungen aus dem Bezirksausschuss, es würden Umweltstandards bei dem neuen Verwaltungsgebäude nicht eingehalten, weist die Behörde zurück. "Das Kommunalreferat kann den Vorwurf, dass die Stadt sich nicht an ökologische Vorgaben hält, nicht nachvollziehen", sagt Sprecher Bernd Plank.

Es ist eine weitere Etappe in einer seit zehn Jahren andauernden Diskussion über das Projekt. Damals stellte sich heraus: Das "Gesundheitshaus", 1960 gebaut als Nebenstelle des Referates für Gesundheit und Umwelt (RGU), ist marode und muss grundsaniert werden. Eine Untersuchung ergab, dass Abriss und Neubau günstiger, mithin die "vorteilhafteste Alternative" sind, wie es in einer Stadtratsvorlage steht. Während des Wettbewerbs stellte jedoch der Architekt Muck Petzet in Frage, ob das Gebäude überhaupt abgerissen werden muss: Er geht davon aus, dass im Bestand viel sogenannte graue Energie enthalten ist - also in Summe jene Energie, die für die Herstellung des neuen Gebäudes nötig ist. Petzets Fazit: Die Sanierung, quasi ein "Recyceln" des Hauses, sei ökologischer und ökonomischer als ein Abriss.

Die Stadt aber beharrt auf dem Neubau und versichert damals wie heute, dies im Rahmen des "Handlungsprogramms Klimaschutz" durchzuziehen. Konkret heißt das: Der Komplex soll in Passivhaus-/Niedrigstenergie-Bauweise entstehen. Das Konzept sah zunächst vor, die in der Stadt verstreuten Abteilungen im neuen Gesundheitshaus zusammenzufassen. Das Ziel einer großen RGU-Zentrale musste allerdings 2015 aufgegeben werden, da das Personal des Referates inzwischen wieder angewachsen ist. Konzeptionelle Fehler sieht das Kommunalreferat dabei nicht. "Das Gesundheitshaus wurde keineswegs zu klein geplant, mehr geht auf diesem Grundstück nicht", stellt Bernd Plank fest.

So sollen die gesundheitlichen Beratungsstellen an der Schwanthalerstraße und der Paul-Heyse-Straße erhalten bleiben. In den neuen Hauptsitz an der Dachauer Straße 90 ziehen dann die anderen Abteilungen der Behörde, die alle Bereiche des städtischen Umwelt- und Gesundheitsschutzes verantwortet. Zudem sollen ein Kindergarten und ein Wohnheim des Katholischen Männerfürsorgevereins integriert werden. Der Baubeginn ist noch offen; der Stadtrat muss erst noch den Projektauftrag erteilen. Dies soll noch dieses Jahr passieren, heißt es.

Unterdessen will die Kritik aus den Reihen der Stadtviertelpolitiker nicht verstummen. Auf Initiative der örtlichen Grünen nimmt der Bezirksausschuss nun nach einem ähnlichem Vorstoß im Herbst 2016 erneut Anstoß daran, dass 54 Bäume auf dem Areal gefällt werden sollen. "Davon fallen 44 Bäume unter die Baumschutzverordnung", heißt es in einem kürzlich beschlossenen Antrag des Gremiums. Ferner sehen die Stadtviertelvertreter die Dimensionen der überbauten Fläche als viel zu hoch an. Mit Tiefgarage seien es etwa 90 Prozent - "entschieden zu viel für die Maxvorstadt", steht in dem Papier. Insgesamt will der Bezirksausschuss zudem erkennen, dass die Stadt bei dem Projekt die ökologischen Kriterien des Ende 2016 beschlossenen "Maßnahmenkonzepts Anpassung an den Klimawandel in der Landeshauptstadt München" nicht beachtet. "Die Stadt hält sich nicht an ihre eigenen Vorgaben, das ist doch absurd", wetterte Svenja Jarchow (Grüne) in der Sitzung.

Das Kommunalreferat dementiert entschieden. "Das ist Unsinn", heißt es aus der Behörde, schon im Wettbewerbsverfahren seien zahlreiche ökologische Kriterien berücksichtigt worden. Er verweist zudem auf die Ausführung als Passivhaus- beziehungsweise Niedrigstenergiehaus: "Die Stadt will vor allem bei einem Neubau für das RGU ihrer Vorbildfunktion in ökologischer Hinsicht gerecht werden." Die Vorwürfe zu den Baumfällungen kommentiert er so: "Woher diese Angabe zu den schützenswerten Bäumen kommt, ist uns nicht bekannt." Die Untere Naturschutzbehörde stufe nur vier Bäume auf dem Areal als schützenswert ein - und diese sollen erhalten bleiben.

Die Behörde mag auch die Kritik nicht gelten lassen, es werde übermäßig viel Fläche versiegelt: "Davon kann keine Rede sein." Es seien öffentlich zugängliche Freibereiche mit großem Grünanteil vorgesehen; Stellplätze würden "nahezu ausnahmslos" in der Tiefgarage entstehen.

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