Gestaltungswettbewerb entschieden:Ein Haus für die nächsten 50 Jahre

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Allach bekommt ein lebendiges Senioren- und Pflegeheim - mit viel Holz und einem Konzept, das sich bewusst ins Stadtviertel hinein öffnet. Die Münchenstift GmbH als Betreiberin greift Bedenken der Nachbarn aktiv auf

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Eine echte Holzfassade, die von der Außenseite bis in die Räume durchgeht, bodengleiche Fenster, die den künftigen Bewohnern auch den Blick vom Bett aus ins Draußen erlauben, und das alles ganz nachhaltig: Mit diesem Entwurf haben Nickl & Partner Architekten den Gestaltungswettbewerb für das neue Seniorenwohn- und Pflegeheim der Münchenstift GmbH an der Franz-Nißl-Straße für sich entschieden - vor Bogevischs Buero in München auf Platz zwei. Die Abstimmung des Preisgerichts sei einstimmig ausgefallen, unisono durch alle politischen Ebenen, erklärte Siegfried Benker, Geschäftsführer der Münchenstift GmbH, bei der Pressekonferenz. Der Jury angehört hätten die örtlichen Stadträte, Mitglieder des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing und Fachpreisrichter.

Die gemeinnützige Tochtergesellschaft der Stadt will bekanntlich das bestehende und in die Jahre gekommene Hans-Sieber-Haus an der Manzostraße bis auf die dortige Kapelle komplett abreißen und ein neues Heim an der Franz-Nißl-Straße errichten. Nach Protesten von Anwohnern wegen der Massivität und Höhe, nach Einwohnerversammlung, Gegenanträgen und vielen Diskussionsrunden im Bezirksausschuss über die Standortfrage und Verkehrserschließung war die Münchenstift auf Bedenken eingegangen und hatte umstrukturiert: Sie verzichtete auf eines der vier Vollgeschosse zwischen dem Erdgeschoss und dem zurückgesetzten Terrassengeschoss für selbständiges Wohnen des H-förmigen Hauptgebäudes westlich der Franz-Nißl-Straße zwischen Lewald- und Hintermeierstraße und ging dafür mehr in die Fläche.

Veranstaltungssaal, Cafeteria und Tagespflege wurden in zwei vordere Gebäuden am Haupteingang mit jeweils nur noch einem Stockwerk entlang der Franz-Nißl-Straße ausgelagert. Eine Tiefgarage mit knapp 20 Plätzen wurde eingeplant, die Anlieferzone optimiert. 2017 hatte der Stadtrat diese Planung so als vorhabenbezogenen Bebauungsplan genehmigt und für den Bau 32 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Was darüber hinausgeht, hofft Benker über eine Förderung des Freistaats, Eigen- oder Fremdkapital zu stemmen. Eine Investitionssumme lasse sich noch nicht nennen, sagte Benker. Aus den Protesten ist Benker zufolge einzig ein noch nicht entschiedenes Normenkontrollverfahren anhängig, in dem es um "wenige Zentimeter über der Abstandsfläche" an der Nordwest-Ecke gehe. Dieses habe jedoch keinerlei aufschiebende Wirkung.

Und auch die Auslobung des Gestaltungswettbewerbs gehörte zu den Kompromissen der Münchenstift. "Er sollte zu einer guten Einbindung des Hauses in das Viertel und zu einer besseren Akzeptanz bei den Nachbarn führen", sagte Benker. Zwölf Architektenbüros hatte die Münchenstift für den anonymen Wettbewerb angefragt, fünf haben Entwürfe eingereicht, die meisten anderen coronabedingt abgesagt. Auch die reliefartige Ziegelfassade und die klare Struktur des zweitplatzierten Entwurfs hätten Gefallen gefunden, sagte Benker. Letztlich habe die Jury den Entwurf aber doch wegen der gleichen Struktur für alle Gebäudeteile als zu eintönig gesehen. Auch fehlten jegliche Balkone. "Wir wollen für die Bewohner große Terrassen auf allen Stockwerken und Balkone. Das ist immens wichtig", sagte Benker. Immerhin müsse so ein Haus für die nächsten 40 bis 50 Jahre funktionieren.

Die echte Holzfassade mit ihrem lebendigeren Material bezeichnete er als den "charmanteren Auftritt". Es gebe Abwechslung bei den Fenstern, das verschaffe ganz andere Bewegungen an der Außenhaut. Jedes Zimmer für die 204 Pflegeplätze - darunter mehr als 75 Prozent Einzelzimmer - werde über ein zu öffnendes französisches Fenster und ein verschlossenes, bis zum Boden reichendes Glaselement mit Sitzgelegenheit in der Fensternische verfügen. Denkbar seien zusätzlich noch schmale Giebelfenster wie es der zweitplatzierte Entwurf vorsieht, wobei diese auch Stellmöglichkeiten begrenzten. Die Treppenhäuser sind komplett verglast. Vielfältig gestaltete Innenhöfe für die Bewohner, Grün auf Balkonen, Terrassen und an einzelnen Fassaden für die Anwohner, vor allem am Saal, runden das Bild ab.

"Es wird ein Gebäude aus einer Hand, und ich erhoffe mir von dem Ergebnis, dass es mit großem Wohlwollen aufgenommen wird", sagte Benker. Konzipiert sei es als "Quartiershaus", weil es sich ins Viertel öffnen werde, aber auch Leben des Stadtviertels darin stattfinden solle. Formal hat das Ergebnis noch den Stadtrat zu passieren, offiziell wird es zudem noch dem Bezirksausschuss bekannt gegeben.

Baubeginn soll Mitte/Ende 2021 sein, fertig gestellt sein soll es Ende 2023/Anfang 2024, was Benker selbst "sportlich" nannte. Nach Pfingsten sollen in einer vierwöchigen Ausstellung, eventuell in der Volkshochschule am Oertelplatz, alle fünf eingereichten Entwürfe zu sehen sein.

© SZ vom 22.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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