Nachruf auf den Fotografen Heinz Weißfuß:Distanziert und doch dicht dran

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Er war jahrzehntelang dort präsent, wo auch die Prominenten waren: Nun ist der Gesellschaftsfotograf Heinz Weißfuß gestorben. (Foto: Roman Babirad/babiradpicture - abp)

Als langjähriger Gesellschaftsfotograf in München hat Heinz Weißfuß diesen Spagat geschafft – und so oft Bilder bekommen, die andere nicht hatten. Nun ist er 77-jährig gestorben.

Von Stephan Handel

Als Heinz Weißfuß in den 1980er-Jahren anfing, Stars und andere Münchner zu fotografieren, da waren die Welt und die Stadt noch eine andere: Noch gab es so etwas wie eine echte Society in München, noch war die Schickeria mehr als ein Fußball-Fanklub, noch war Influenza eine Krankheit und kein Beruf.

Weißfuß kam aus Starnberg nach München, dort war er 1981 als Fotograf in die Redaktion des Starnberger Merkurs eingetreten. Aber eigentlich war sein Weg noch weiter gewesen als die paar Kilometer vom See in die Stadt: In Garmisch-Partenkirchen ist er aufgewachsen, hatte zunächst Kunstschmied gelernt und war als solcher Berufsschullehrer geworden. So einer ist wohl von Geburt an gefeit davor, sich selbst zu wichtig zu nehmen oder – Todsünde für jeden Gesellschaftsjournalisten – zu glauben, selber dazuzugehören.

Präsent war Weißfuß für die Münchner tz dennoch überall, in der Oper wie im P1, auf der Wiesn und im Tantris, wo immer etwas los war, von dem man annehmen konnte, dass die Leserinnen und Leser neugierig drauf waren. Es war die Zeit, als die privaten Fernsehsender noch nicht angefangen hatten, in Dschungelcamps und Big-Brother-Häusern eigene Pseudo-Prominente zu produzieren, die bald anfingen, die Events zu verstopfen.

Man muss nicht an Helmut Dietls Unsympathen Heinrich Haffenloher aus „Kir Royal“ erinnern, um den Unterschied zu heute zu erkennen: Baby Schimmerlos weigert sich beharrlich, den Publicity-geilen Industriellen ins Blatt zu nehmen. Diese Art von Unbestechlichkeit konnten sich die Reporter damals leisten, weil es genügend echte Prominente und echte Stars gab.

Es ist das Problem jedes Journalisten: Wenn er zu nahe dran ist an den Objekten seiner Berichterstattung, dann überfällt ihn eventuell eine Beißhemmung, dann kann er vielleicht nicht mehr schreiben – und fotografieren –, was er weiß und sieht. Ist er aber zu weit weg, dann erfährt er nichts, ist nicht dabei, bekommt die besten Storys nicht mit. Heinz Weißfuß schaffte diesen Spagat mit großer Eleganz. Er war mit allen vertraut, aber machte sich mit niemandem gemein, er hielt Distanz und war trotzdem dicht dran, er betrachtete seinen Beruf und seine Klientel mit Ironie und Selbstironie, er nahm sich nicht wichtig und die Promis auch nicht.

Aber er nahm sie ernst. Er rannte nicht mit den Kollegen, einer Stampede gleich, quer durch den Saal, nur weil Veronica Ferres den Rock gelüftet hatte. Er wartete, er ging hinterher, und weil die Stars ihm vertrauten, bekam er dann oft das bessere Bild und nicht das, das alle anderen auch hatten.

Ein Schöngeist war er, ja, und ein Genießer. Berühmt sein Gulasch, in das erst einmal eine ganze Flasche bester Cognac gehörte. Er fotografierte nicht nur Schauspieler und Adelige, sondern auch Landgasthäuser und Hausbrauereien, woraus ganz wunderbare Bücher entstanden, die in jedem Bild die Liebe zu seiner Heimat spüren lassen.

Er machte sich rar in letzter Zeit – niemand fand das verdächtig, denn ein Mann in seinem Alter hat allemal das Recht, kürzerzutreten. Wenn er aber doch einmal einen Termin übernahm, dann konnten die, die ihn kannten, sehen, dass es ihm nicht gut ging. Von seiner Krebserkrankung wussten nur Familie, die besten Freunde und Kollegen – er selbst wollte so in Erinnerung bleiben, wie ihn München jahrzehntelang kannte: kraftstrotzend, präsent, ein richtiges Mannsbild und ein feiner Kerl dazu.

In der vergangenen Woche ist Heinz Weißfuß, wie erst jetzt bekannt wurde, 77-jährig in einer Münchner Klinik gestorben.

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