Geschichtsstudent ersticht Freundin:"Eine Stimme befahl mir, du musst sie töten"

Der geisteskranke Daniel T. legt ein Geständnis ab: Er habe seine Freundin und den Hund umgebracht. Das Gericht prüft nun die Unterbringung des Angeklagten in einer Nervenklinik.

Alexander Krug

Er wirkt apathisch, er spricht langsam, ruhig und immer in derselben Tonlage. Wahrscheinlich liegt das an den Medikamenten, die Daniel T., 31, in der Nervenklinik bekommt, in der er seit seiner Tat untergebracht ist.

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(Foto: Foto: dpa)

Daniel T. hat seiner Freundin den Hals aufgeschlitzt. Das Geschehen schildert er ohne jede Emotion: "Sie saß am Schreibtisch. Ich kam von hinten und hab' ihr die Hände auf die Schultern gelegt. Sie sagte "Hallo", da hab' ich das Messer genommen und sie getötet."

Im vollbesetzten Sitzungssaal des Landgerichts ist es still. Vater und Mutter der getöteten Sabine B. sitzen in der ersten Reihe der Zuschauerbänke, die Mutter kämpft mit den Tränen, der Vater schüttelt immer wieder den Kopf. Daniel T. blickt nicht zu ihnen hinüber, er hat seine Hände in die Taschen seines grauen Kapuzenshirt gesteckt und will zunächst nichts sagen.

"Er hat doch schon alles vorgetragen", sagt er lakonisch und meint damit Staatsanwalt Laurent Lafleure, der die Anklage vertritt. Dann aber besinnt er sich und gibt nach kurzer Rücksprache mit seinem Anwalt Werner Leitner doch bereitwillig Auskunft.

Kennengelernt habe er seine Freundin bereits in der Schulzeit. Neun Jahre sei man "mit Unterbrechungen" zusammen gewesen. Das Paar bewohnte eine kleine Wohnung in der Hermann-Vogel-Straße in der Studentenstadt. Daniel T. studierte Geschichte, Sabine B. Psychologie.

Während die Freundin bereits an ihrer Diplomarbeit schrieb, ging es mit dem Studium des Angeklagten nicht recht voran. Psychisch auffällig war er offenbar schon länger. Anfang des Jahres lief er in Lenggries herum und klingelte an den Türen fremder Leute. Die Polizei lieferte ihn damals in eine Klinik ein, nach rund zwei Monaten war er wieder draußen.

"Ich sollte Medikamente nehmen, aber das hab' ich nicht getan", erzählt er. "Ich hielt mich ja für geistig gesund." Eine Selbsteinschätzung mit fatalen Folgen. Denn die Stimmen, die er erstmals Ende vergangenen Jahres gehört hatte, ließen ihn nicht mehr los.

"Eine Stimme befahl mir, du musst sie töten"

Am 17. Mai kamen die Eltern von Sabine B. zu Besuch. Man speiste im Aumeister, danach setzte sich die 28-Jährige an den Schreibtisch an ihre Diplomarbeit. Gegen 22.30 Uhr trat Daniel T. von hinten an sie heran, in der Hand hielt er ein 13 Zentimeter langes Fischermesser.

"Eine Stimme befahl mir, du musst sie töten", sagt er. "Ich war selber erschrocken, ich wollte nicht, aber die Stimmen wurden immer lauter." Sabine B. sei nach dem Schnitt in den Hals noch aufgestanden und dann zusammengesackt: "Nach einer Minute hat sie das Bewusstsein verloren. Ich hab' sie gehalten, während sie gestorben ist."

Die Leiche habe er dann mit einer Decke zugedeckt und eine Rose vom Balkon darauf gelegt. Danach habe er auch den Hund erstochen. "Es war irgendwie alles verloren, da hab' ich eben auch den Hund getötet", sagt er.

Nach der Tat ging Daniel T. schnurstracks zur Polizei. Den Beamten tischte er als Motiv die Geschichte eines angeblichen Eifersuchtsdramas auf. "Das war erfunden von mir. Ich wollte nicht nach Haar", sagt er ruhig. "In so einer Situation erfinden sie so eine Geschichte", wundert sich der Richter. Daniel T. zuckt nur mit den Schultern.

Der Richter will noch einmal genau wissen, was die "Stimmen" dem Angeklagten befohlen hätten. "Ich musste sie töten als Liebesbeweis zu Gott", antwortet Daniel T. Ob er denn religiös sei, hakt der Richter nach. "Es ist typisch für die Krankheit, wenn man sich mit religiösen Dingen beschäftigt", antwortet Daniel T. kühl.

Nach vorläufigem Gutachten leidet er an einer Psychose und gilt aus strafrechtlicher Sicht als schuldunfähig. Das Gericht wird daher allein darüber befinden, ob er auf Dauer in der Nervenklinik bleiben muss. Seine Krankheit hat er erst dort akzeptiert: "Dass ich geisteskrank bin, weiß ich erst jetzt."

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