Süddeutsche Zeitung

Gerichtsverhandlung:Teurer Leidensweg

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Nach einer verpfuschten Brust-OP und vier Korrektur-OPs klagt eine Münchnerin - aber nicht gegen den ursprünglichen Verursacher ihrer Pein.

Ekkehard Müller-Jentsch

Die junge Münchnerin träumte von einem makellosen Busen. Sie fuhr nach Polen, wo Schönheitskorrekturen zu Dumping-Preisen gemacht werden. Zunächst war die Frau mit dem Ergebnis des Eingriffs zufrieden.

Sie ahnte damals noch nicht, dass für sie ein jahrelanger Leidensweg begonnen hatte, der nun in eine tränenreiche Verhandlung vor dem Landgericht MünchenI mündete. Denn was ursprünglich als Billig-OP geplant war, kostete wegen vieler notwendiger Korrektur-Eingriffe unter dem Strich fast 50.000 Euro. Einen Teil des Geldes will die Münchnerin zurückhaben.

Implantat erwies sich als zu groß

Mit Implantaten vom mehr als 300 Millilitern hatten die polnischen Ärzte der zierlichen Frau zu viel zugemutet. Die Brüste stürzten nach einiger Zeit ab. Da sie wusste, dass in Polen nichts zu holen sein würde, suchte die Münchnerin Hilfe bei einem Arzt für Ästhetische Chirurgie in Schwabing. Der verkleinerte die Implantate, straffte die Haut - und zunächst schien wieder alles gut zu sein. Auch vor Gericht räumte die Frau ein, zuerst sehr zufrieden gewesen zu sein.

Doch dann wurde sie schwanger, nahm fast 20 Kilo zu und beim Busen kam es zum gefürchteten "Drop-out-Phänomen" mit extremen Narben-Problemen. Um das erneute Dekolleté-Desaster korrigieren zu lassen, suchte die Münchnerin diesmal Hilfe in der Bodenseeklinik von Professor Werner Mang.

Drei Operationen dort waren nötig: Die OP-Kosten von rund 26.000 Euro sowie etwa 7000 Euro für zahlreiche Fahrten zwischen München und Lindau samt Unterkunft und obendrein 15.000 Euro Schmerzensgeld fordert die Münchnerin nun von dem Schwabinger Arzt. Der habe die Implantate nicht korrekt eingesetzt und sie nicht über alternative Methoden aufgeklärt.

Arzt klärte nicht über Alternativ-Methode auf

Ein vom Gericht als Gutachter beauftragter Experte für Plastische Chirurgie aus Westfalen erklärte den Richtern der 9. Zivilkammer die Vor- und Nachteile zweier in Frage kommender OP-Methoden, die er als "gleichwertig" bezeichnete. "Beide sind gängige Vorgehensweisen", sagte er. Es gebe auf diesem Gebiet keine medizinischen Standards.

Die Klägerin beteuerte jedoch, dass der Schwabinger Arzt mit ihr nur eine Art des Eingriffs besprochen habe - "hätte ich von der Alternative gewusst, hätte ich mich für das Verfahren mit weniger Narben entschieden". Im Aufklärungsbogen, den die Frau unterzeichnet hatte, waren zwar beide chirurgische Vorgehensweisen aufgeführt, doch auch der Doktor bestätigte, im Gespräch mit der Patientin nur die eine erläutert zu haben.

Vergleich vorgeschlagen

Der Gerichtsgutachter erklärte dann aber noch, dass die Lage des Implantats ebenso zum gefürchteten "Drop-Out" geführt haben könne wie die Schwangerschaft: "Beides zusammen kann dazu beigetragen haben, oder jedes für sich" - das lasse sich nicht "aufdröseln". Die normal üblichen Kosten für die Korrektur-Operationen bezifferte der Sachverständige auf rund 10.000 Euro.

Nach kurzer Beratung erklärte das Gericht seine vorläufige Ansicht, dass nämlich ein Aufklärungsmangel durch den beklagten Arzt vorliege, der auf jeden Fall mit der schwerwiegenden Narben-Problematik in Zusammenhang stehe. Ansonsten gehe der Arzt voraussichtlich "haarscharf" an einer Verurteilung vorbei, da sich der "Schwangerschafts-Einfluss" nicht quantifizieren lasse.

Die Richter schlugen daher einen Vergleich vor: Der Schönheits-Chirurg soll 10.000 Euro bezahlen, die Klägerin dagegen vier Fünftel der Prozesskosten übernehmen. Beide Seiten bekamen Zeit bis Mitte September, um darüber nachzudenken. Sollte sie nicht einwilligen, wird der Prozess mit weiteren Gutachten fortgesetzt (Az.:9O17834/08).

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Quelle:
SZ vom 14.08.2009
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