Süddeutsche Zeitung

Gerichtsurteil:Tram durch den Englischen Garten gestoppt

Der höchstrichterliche Spruch kommt überraschend für die Stadt - Park-Hausherr Faltlhauser jubelt.

Alfred Dürr

Herbe Niederlage für die Münchner Verkehrsplaner: Die schon seit Jahren heftig umstrittenen und auch von juristischen Auseinandersetzungen begleitete Konzepte für eine neue Straßenbahn-Strecke durch den Englischen Garten dürfen nicht verwirklicht werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat jetzt diesem Projekt eine Absage erteilt.

Bereits im Jahr 2001 hatte die Regierung von Oberbayern ein deutliches Nein zu der von der Stadt geplanten Tram-Trasse durch den Englischen Garten gesagt. Im Kern ging es der Regierung darum, dass der Schutz des Englischen Gartens als Landschaftsdenkmal höher zu werten sei als die Errichtung einer Neubaustrecke für die Straßenbahn.

Klage abgewiesen

Dagegen hatten die Stadtwerke beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geklagt. Diese Klage wurde jetzt abgewiesen. Eine Revision lässt der Verwaltungsgerichtshof nicht zu. Dagegen können die Stadtwerke Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einlegen.

Die Stadtwerke wollen die Urteilsbegründung abwarten, mit der in einigen Wochen gerechnet wird. Gleichwohl zeigte man sich gestern überrascht über das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Man habe eindeutige und qualifizierte Gutachten zur Tram durch den Englischen Garten vorgelegt.

Bedauerlich sei, dass jetzt dieses Vorhaben, dessen großer verkehrlicher Nutzen durch das bundesweit standardisierte Bewertungsverfahren eindrucksvoll nachgewiesen worden sei und das auch zur Entlastung der U-Bahnen in der Innenstadt beitragen könnte, zumindest weiter verzögert werde.

Es geht um einen "Lückenschluß"

Für die Garten-Linie müssten Schienen in die Franz-Joseph-, Martius und Tiemestraße sowie auf die heutige Busspur im Park gelegt werden. Es geht um einen Lückenschluss zwischen dem Elisabethplatz und der Tivolistraße. Damit will die Stadt eine effiziente Straßenbahnverbindung zwischen Neuhausen, Schwabing und Bogenhausen schaffen.

Als vor zehn Jahren diese Pläne bekannt wurden, probte halb Schwabing den Aufstand und protestierte gegen eine geplante "Zerstörung" des Parks. Das Landschaftsbild des Englischen Gartens wäre in einem Zentralbereich nicht mehr durch den Baumbestand, wie er von Graf von Rumford und dem Gartenarchitekten von Sckell geplant worden ist, geprägt, sondern durch technische Einrichtungen wie Fahrleitungs- und Beleuchtungsmasten, hieß es. Man habe ja bereits einen Busverkehr durch den Park, der noch über freie Kapazitäten verfüge.

"Blamage für Ude"

Der Hausherr des Englischen Gartens, Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser, gehörte damals und gehört auch heute noch zu den entschiedensten Gegnern der Park-Tram. Gestern sei ein guter Tag für den Englischen Garten gewesen, sagt er.

Für Oberbürgermeister Christian Ude und seine Administration sei das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs eine Blamage. "Ich hoffe, dass mit dem klaren Urteil auch die Stadt München endlich zur Vernunft kommt und jetzt endgültig einen Schlussstrich unter die Angelegenheit zieht."

Das "rot-grüne Zerstörungsprojekt" sei endgültig gescheitert, meint auch CSU-Fraktionschef Hans Podiuk. Mit dem Urteil sei der Englische Garten gegen alle künftigen Tram-Angriffe gesichert. Faltlhauser verweist darauf, dass der Tram-Streit schon mehr als 100 Jahre alt ist.

Bereits seit 1901 habe die Stadt immer wieder neue Anläufe unternommen. 1934 genehmigte es der Freistaat immerhin, dass man den Park mit Bussen durchfahren durfte.

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SZ vom 31.3.2006
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