Prozess in München:Ex-Freund schlitzt junger Frau die Wange auf

  • Ein 26 Jahre alter Münchner steht wegen versuchten Mordes an seiner Ex-Freundin vor Gericht.
  • Er soll die Frau mit dem Tod bedroht und ihr mit einem Messer die Wange aufgeschlitzt haben.
  • Vor Gericht äußert sich der Angeklagte nicht zu den Vorwürfen.

Aus dem Gericht von Susi Wimmer

Ist es Resignation, Überforderung oder völlige Verkennung der Lage? Eric M., ein kräftiger junger Mann, lehnt sich auf der Anklagebank vor dem Landgericht München I zurück und lacht. "Ich war sauer", sagt er zu seiner Stimmung an jenem Tag. Mehr nicht. An jenem Tag im Dezember 2017 soll der 26 Jahre alte Münchner bei seiner Ex-Freundin in Unterföhring eingestiegen sein, sie mit dem Tod bedroht und der noch im Bett liegenden Frau mit dem Messer die Wange aufgeschlitzt haben. Das wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Die 19-Jährige konnte weglaufen, Eric M. holte sie ein, schlug sie nieder. Nun ist Eric M. wegen versuchten Mordes angeklagt. Nur weil er "sauer" war?

"Die Vorwürfe stimmen hinten und vorne nicht", das hat Eric M. der Psychologin Karoline Pöhlmann erklärt, die ihn für ihr Gutachten in Stadelheim in der Untersuchungshaft besucht hat. Aber was nicht stimmt, das will Eric M. beim Prozessauftakt nicht sagen. Wobei, eigentlich vermittelt er den Eindruck, dass er gerne reden würde. Aber immer, wenn der Vorsitzende Richter Michael Höhne das Gespräch in Richtung Tat lenkt, stutzt der 26-Jährige und fragt: "Soll ich das sagen?" Dann erklärt seine Anwältin Ricarda Lang nur: "Er ist aufgeklärt, ich übernehme keine Verantwortung dafür." Und dann schweigt M.

Er habe die damals 19-Jährige Ende August 2017 über eine Dating-App kennengelernt, erzählte der Angeklagte vorab dem psychiatrischen Gutachter Cornelis Stadtland. Sie habe ihm nicht so gefallen, man habe drei Tage Drogen konsumiert, dann seien sie "wenige Tage fest zusammen" gewesen. Schließlich sei der Kontakt abgeflaut und er sei "froh gewesen, dass er sie los war". M. erzählte von sadistischen und masochistischen Sexualpraktiken und davon, dass er Mitleid mit der jungen Frau gehabt habe, die sich angeblich prostituiere.

Die Staatsanwaltschaft sieht die Sache so: Zwei Tage vor Weihnachten seien Eric M., seine Ex und ihr neuer Freund aufeinandergetroffen. Es kam zu einer Auseinandersetzung, die 19-Jährige drohte, Anzeige gegen Eric M. zu erstatten. Da der Münchner nach längerer Haftstrafe noch unter Bewährung stand, habe er dies verhindern wollen, "auch um den Preis des Todes" seiner Ex, meint die Staatsanwaltschaft.

Einen Tag später drang Eric M. demnach am Vormittag über das Küchenfenster in die Wohnung seiner Ex in Unterföhring ein und baute sich vor dem Bett auf, in dem sie mit ihrem neuen Freund schlief. Der Mann erwachte, sah Eric M. grinsend mit einem Messer in der Hand stehen und hörte die Worte: "Sie muss heute noch sterben." Der Freund versuchte, M. in ein Gespräch zu verwickeln. Doch als die 19-Jährige erwachte, sprang er auf das Bett, stach zu und traf die Wange.

Als er ansetzte, die Frau in den Hals zu stechen, so die Anklage, zog der Freund den Angreifer vom Bett. Die 19-Jährige konnte flüchten, Eric M. setzte ihr nach, holte sie im Windfang des Hauses ein und schlug sie mit der Faust zu Boden. Zufällig war der Hauseigentümer an Ort und Stelle und zerrte Eric M. weg. Die Polizei nahm den 26-Jährigen ein paar Tage später fest. Das Opfer wurde stationär in einer Klinik behandelt.

Die Vita von Eric M. klingt erschütternd. Seine Mutter war mit 16 Jahren schwanger, den Vater hat er nie gesehen. M. wuchs in wechselndem Umfeld auf, wurde wegen seiner dunklen Hautfarbe gehänselt. Von seinem achten Lebensjahr an bekam er Medikamente gegen ADHS, mit zehn Jahren versuchte er erstmals, sich umzubringen. Mit zwölf Jahren kam er in ein Kinderheim, er sagt, er leide bis heute unter "komischen Zuständen".

Alkohol, Drogen, Diebstahl, Körperverletzung, ein Faible für Waffen - ein geregeltes Leben hatte der Münchner wohl nie. Zuletzt saß er drei Jahre im Gefängnis, weil er mit einem Freund wahllos Passanten attackiert hatte. Ein Opfer wurde zusammengeschlagen, musste seine Blutspritzer ablecken und wurde mit einem heißen Bügeleisen gefoltert. Das Opfer sagte damals vor Gericht: "Und dabei haben sie gelacht."

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