Süddeutsche Zeitung

Urteil:Heiratsantrag mit Folgen geht glimpflich aus

Warum ein junger Mann, der in Südafrika unter Druck einer Freundin seiner Zukünftigen Geld versprochen hat, in München nun doch nicht zahlen muss.

Aus dem Gericht von Stephan Handel

Die Liebe ist zum einen bekanntermaßen eine Himmelsmacht, zum anderen aber manchmal auch ganz schön teuer - im Hormonrausch gegebene Versprechen erweisen sich dann bei näherer, nüchterner Betrachtung als vielleicht doch ein bisschen überzogen. Gut, dass euphorische Menschen dann zumindest ab und zu Hilfe beim Gesetz finden - so wie jetzt ein junger Mann vor dem Amtsgericht.

Der Mann, 19 Jahre alt, führte eine Beziehung, die dazugehörende Frau wiederum fuhr mit ihrer besten Freundin in Urlaub, und zwar richtig: mehr als zehn Wochen Südafrika, heuer im späten Winter. Ob den Mann die Sehnsucht geplagt hat, ob er angesichts der langen Trennung sich seiner Liebe erst so richtig bewusst wurde, ob er vielleicht eifersüchtig war - das bleibt alles im Dunkeln, weil es vor Gericht auch keine Rolle spielte. Jedenfalls buchte er, kaum dass seine Freundin fünf Wochen weg war, ebenfalls einen Flug nach Kapstadt und machte der Frau auf der Stelle einen Heiratsantrag, den sie wohl voller Freude annahm.

Nun, so fand der frisch gebackene Bräutigam, sei es aber auch genug mit dem Mädels-Urlaub, seine nunmehrige Verlobte solle doch mit ihm nach Deutschland zurückkehren, was sie auch tat: Nach drei Tagen flogen die beiden heim. Das fand die andere Freundin gar nicht lustig - sie, gerade 18 Jahre alt geworden, wollte die Reise durch Südafrika aus verständlichen Gründen nicht alleine fortsetzen und flog ebenfalls zurück. Allerdings machte sie dem Freund wohl heftige Vorwürfe wegen des entgangenen Rest-Urlaubs. Dieser erklärte sich schließlich bereit, zumindest für finanzielle Wiedergutmachung zu sorgen: 400 Euro für den außerplanmäßigen Rückflug wollte er zahlen, außerdem weitere 650 Euro, damit die junge Frau die Reise im nächsten Jahr nachholen könne.

Diese Vereinbarung wurde schriftlich festgehalten: "Hiermit bestätige ich, dass ich bis zum 28. 2. 2018 1050,00 Euro bar vorbeibringe", das unterschrieb er. Zurück in Deutschland wollte er davon jedoch nichts mehr wissen, vor allem aber wollte er nicht bezahlen - vor Gericht erklärte er, dass die Frau ihn und seine Freundin massiv unter Druck gesetzt habe, sie werde ihn und seine Freundin im Bekanntenkreis in ein schlechtes Licht rücken. Nur deshalb habe er um des lieben Friedens willen unterschrieben, nun fühle er sich daran nicht mehr gebunden.

Die Sache landete am Amtsgericht - und weil Juristen ja erst mal schauen müssen, womit sie es zu tun haben, beschied der zuständige Richter, dass die Angelegenheit als Schenkungsversprechen einzustufen wäre, nicht als verpflichtender Vertrag - denn eine Verpflichtung bestehe weder zwischen der Frau und dem Bräutigam noch zwischen ihr und der Braut. Bei Schenkungsversprechen gibt es jedoch eine zwingende, nicht wegzudiskutierende Vorschrift: Sie müssen immer und auf jeden Fall notariell beurkundet werden, sonst gelten sie nicht. Eine Ausnahme gibt es nur bei der so genannten Handschenkung, also zum Beispiel beim klassischen Geburtstagsgeschenk: Wenn gar nicht lange versprochen, sondern das Geschenk gleich übergeben wird, dann gilt die Schenkung. Wenn der junge Mann also gleich in Südafrika, die 1050 Euro geholt und der erbosten Freundin gegeben hätte, dann wäre das Geld weg gewesen.

So aber bekam er vom Amtsrichter Recht: Er muss nicht zahlen. "Eine moralische und sittliche Pflicht des Beklagten, der Klägerin einen Rückflug sowie einen neuen Urlaub im nächsten Jahr finanzieren, ist nicht ersichtlich", heißt es im Urteil. Die von dem Mann ins Feld geführte Formunwirksamkeit, also die fehlende notarielle Beurkundung, könne auch nicht vernachlässigt werden: "Die Beachtung der Formvorschriften ist nicht nur im Interesse der Rechtssicherheit, sondern auch im Interesse der Parteien insbesondere wegen der Warnfunktion grundsätzlich unerlässlich." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (AZ: 212 C 11233/18)

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SZ vom 27.10.2018/huy
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