Süddeutsche Zeitung

Geplante Generalsanierung:Dem Deutschen Museum droht ein Desaster

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Von Sebastian Krass und Mike Szymanski, München

Aus der angekündigten Generalsanierung des Deutschen Museums droht eine Rumpfsanierung zu werden. Die 400 Millionen Euro, die für die so genannte Zukunftsinitiative zur Verfügung stehen, reichen nämlich hinten und vorne nicht, um das 1925 eröffnete Museum insgesamt auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen. Das geht aus dem Entwurf eines Berichts des bayerischen Wissenschaftsministeriums an den Landtag hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Auch der Ministerrat hat sich diese Woche mit dem Thema befasst.

Dass das mit mehr als einer Million Besucher pro Jahr populärste Museum Deutschlands eine Generalsanierung dringend nötig hat, ist bereits seit mindestens zehn Jahren klar. Und es ist auch klar, dass das ein Jahrhundertprojekt ist. Das Museum sei seit 1925 nicht grundlegend erneuert worden, heißt es in dem Papier von Minister Ludwig Spaenle (CSU).

Kostenangabe war nur eine grobe Schätzung

2010 vereinbarten der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und die damalige Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU), dass Bund und Land dafür jeweils 180 Millionen Euro geben. Hinzu kommen sollten 40 Millionen Euro von Spendern, die bereits aufgetrieben sind. Die Kostenangabe von 400 Millionen Euro habe das Museum seinerzeit allerdings ohne "eine baufachlich geprüfte Kostenschätzung oder gar Kostenermittlung" gemacht, schreibt Spaenle. Es war also nur eine grobe Schätzung.

Die Bauverwaltung habe das damals schon für "sehr knapp kalkuliert" gehalten. Man habe diese wacklige Grundlage aber hingenommen, um die "Chance auf eine überproportionale Beteiligung des Bundes" zu wahren - und um eine Schließung des Museums aus Brandschutzgründen zu verhindern. Damit hatten offenbar Behörden gedroht.

Ministerium hält Museumsleitung für überfordert

In den vier Jahren, die seitdem vergangen sind, kam es zu zahlreichen Verzögerungen. Das Ministerium, das sich lediglich in der Rolle eines Aufsehers sieht, attestiert dem Museum "Schwachstellen insbesondere im Bereich der Projektorganisation", die man inzwischen gemeinsam beseitigt habe. Im Klartext heißt das, dass das Ministerium die Museumsleitung um Direktor Wolfgang Heckl für überfordert hält.

Im März 2013 stellte das Museum von einer abschnittsweisen Planung der Sanierung auf eine Gesamtplanung um. Und inzwischen gehört dem Direktorium ein "Generalbevollmächtigter Bau" an. Ende Oktober 2014 habe das Museum "eine erste Kostenschätzung" mit Detailangaben vorgelegt, schreibt das Ministerium. Mit Mitteln aus dem regulären Haushalt stehen inzwischen 450 Millionen Euro zur Verfügung.

Allerdings hat sich gezeigt, dass die Bausubstanz viel maroder ist als angenommen. Auch die Kosten für den Hochwasserschutz sind noch einmal enorm gestiegen.

Im Zentrum des Sanierungsplans steht das zentrale Ausstellungsgebäude. Dazu heißt es in dem Papier: "Eine rein Substanz erhaltende Sanierung mit einfachem Standard (. . .) könnte mit dem Kostenansatz möglich sein." Zudem könnte das Geld reichen, um "weite Teile der Ausstellungen" zu "modernisieren". Was das genau heißt, bleibt offen. Doch selbst dieses Szenario ist wacklig. Eine "belastbare Kostenberechnung" sei in Arbeit. Dem Vernehmen nach erwartet Spaenle sie im Herbst 2015.

Für drei große Projekt wird das Geld fehlen

Und der Rest? Dazu gehört unter anderem der so genannte Bestelmeyer-Bau an der Ludwigsbrücke, der als Standort für einen Konzertsaal im Gespräch war. Außerdem die zentrale Schausammlung, in der das Museum erstmals dauerhaft Exponate zeigen will, die nicht in Ausstellungen zu sehen sind. Und auch die Sanierung der Bibliothek. Für diese drei Bereiche "wären zusätzliche Mittel in erheblichem Umfang notwendig, die nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht beziffert werden können", heißt es. Und erst recht ist unklar, woher dieses Geld kommen soll.

Besonders brisant ist die Finanzierungslücke für den Bestelmeyer-Bau. Dort soll nach dem Willen Heckls und der Sponsoren ein Eingang mit Forumscharakter und viel Hightech entstehen. Nun dürfte das derzeit ungenutzte denkmalgeschützte Gebäude weiter verfallen.

Beginnen sollen die Arbeiten am Sammlungsgebäude im Jahr 2016. Die Fertigstellung ist für 2025 geplant. Dann feiert das Museum sein 100-jähriges Bestehen.

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Quelle:
SZ vom 12.12.2014
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