Gemeinsame Forderung:Klimaschutz auf dem Stundenplan

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Jugendliche kämpfen auf der Straße gegen die Klimakatastrophe, doch an den Schulen wird das Thema oft noch zu wenig behandelt. (Foto: Robert Haas)

Aktivisten und Lehrer wollen das Thema Nachhaltigkeit stärker an Schulen verankern

Von Jakob Wetzel

Was an den Schulen geschehe, sei doch absurd, sagt Anna Volk - und sie meint damit weder den Distanzunterricht noch die Testpflicht noch irgendetwas anderes, das mit dem Coronavirus zu tun hätte. Was Volk meint, ist: Die Schule unterrichte an der Realität vorbei. Die Münchner Schülerin ist Sprecherin für die Klimaschutzbewegung "Fridays for Future" in Bayern. Die Klimakrise sei längst kein Problem der Zukunft mehr, sagt sie; ihre Auswirkungen seien bereits zu spüren. Doch die Katastrophe werde immer noch nicht als das Problem erkannt, das sie sei. Die Jugendlichen boykottierten den Unterricht, kämpften auf der Straße fürs Klima. Doch im Unterricht heiße es dann: "Tut mir leid, wir können uns nicht länger mit dem Thema beschäftigen, der Lehrplan lässt das zeitlich nicht zu."

Die Aktivistin ist mit dieser Klage am Dienstag nicht alleine. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) fordert ebenfalls, Klima- und Umweltschutz sowie weitere Nachhaltigkeitsthemen stärker im Unterrichtsalltag zu verankern. Es wäre ein "Verbrechen an den Kindern und den künftigen Generationen", ließe man zu, dass diese Themen von der Corona-Krise verdrängt werden, sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz, der auch Anna Volk zugeschaltet war.

Der Lehrerverband forderte deshalb jetzt, "Bildung für nachhaltige Entwicklung" zum Pflichtmodul in der Ausbildung von Lehrkräften zu machen. Auch der Lehrplan müsse angepasst werden, fächerübergreifend müssten sich durch alle Inhalte als roter Faden Nachhaltigkeitsthemen ziehen. An deren Grundsätzen müsse sich das ganze Schulleben ausrichten - daran und an dem Ziel, Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass sie Verantwortung tragen und etwas bewegen können. Und um das alles umsetzen zu können, so Fleischmann, brauche es vor allem mehr Stellen für Lehrerinnen und Lehrer.

Unterstützung kommt auch von dem bekannten Münchner Astrophysiker und Wissenschaftsjournalisten Harald Lesch, der bereits hin und wieder bei Kundgebungen von "Fridays for Future" gesprochen hat. Die Klimakrise sei eine Katastrophe in Zeitlupe, sagte er am Dienstag. Die Schule sei eine Schlüsselstelle, um zu reagieren und zu klären, wie die Menschen leben wollen. "In der besten aller Welten würden auch die Erwachsenen in die Schule gehen."

Initiativen, um Nachhaltigkeitsthemen zu stärken und ein gesellschaftliches Umdenken zu erreichen, gibt es bereits. Lesch selbst zum Beispiel moderiert eine Online-Ringvorlesung "Bildung für Klimaschutz" an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, die seit dieser Woche und noch bis 12. Juli immer montags ab 16 Uhr allen offen steht. Die Stadt München plant zurzeit, eine zentrale Plattform für "Bildung für nachhaltige Entwicklung" zu schaffen, um Akteure, Lernorte und beispielhafte Projekte sichtbarer zu machen. Dazu soll der Austausch engagierter Lehrkräfte untereinander gefördert werden. Der Stadtrat wird darüber voraussichtlich in seiner Vollversammlung am 5. Mai beraten. Und auch an einzelnen Schulen gibt es Projekte von Schulgärten über Tierhaltung bis hin zu Outdoor-Klassenzimmern. Die Mittelschullehrerin Kerstin Schwarz erzählte am Dienstag beispielhaft von der Umweltbildung an ihrer Schule in Lohr am Main in Unterfranken. Doch solche Projekte hingen letztlich vom Engagement der Lehrkräfte ab, sagte sie. Und die betrieben das im Wesentlichen in ihrer Freizeit. Das reiche nicht aus.

Das bayerische Kultusministerium dagegen versichert, es geschehe schon einiges, um "Bildung für nachhaltige Entwicklung" an den Schulen zu stärken. Ein Sprecher zählt verschiedene Projekte auf; die Themen seien unter anderem bereits Teil der Prüfungsordnung für Lehramtsstudenten und auch ein Schwerpunkt in der Lehrerfortbildung, heißt es. Im Lehrplan seien sie darüber hinaus als übergreifendes Bildungsziel verankert. Und an jeder Schule solle eine Koordinierungsgruppe für Umweltbildung eingerichtet werden.

Darüber hinaus kündigt das Kultusministerium an, dass sich Schulen künftig als "Bayerische Klimaschule" zertifizieren könnten. Voraussetzung sei, dass sich das Schulleben nach verschiedenen Kriterien im Alltag auf den Klimaschutz ausrichte, sagte ein Sprecher. Der Start stehe schon bald bevor.

© SZ vom 21.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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