Gegen Papst-Linie:Münchner Katholiken missbilligen das Verdikt zur Homo-Ehe

Es ist ein Thema, bei dem Kirchenmännern die für gewöhnlich berufstypische Geduld abhanden kommen kann: Winfried Röhmel, Pressesprecher Kardinal Wetters im Erzbischöflichen Ordinariat, klingt genervt, wenn man ihn auf die Vatikan-Erklärung zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften anspricht.

Nina Berendonk

Seit der vergangenen Woche sorgt die von Papst Johannes Paul II. ausdrücklich gebilligte "Erwägung" für Zündstoff in der öffentlichen Diskussion. In dem Papier werden vor allem katholische Politiker dazu aufgefordert, "gegen die rechtliche Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften Einspruch zu erheben".

Die Begründung: Die Ehe zwischen Mann und Frau sei heilig, während homosexuelle Beziehungen gegen das natürliche Sittengesetz verstießen. Adoptiere ein homosexuelles Pärchen Kinder, so tue man diesen "Gewalt" an, so die Meinung des Vatikans.

Doch während sich die Deutsche Bischofskonferenz und die Unionsparteien zumindest in der Öffentlichkeit geschlossen hinter die Erklärung des Vatikans stellen, teilt das Thesenpapier die Münchner Katholiken in mindestens zwei verschiedene Lager.

Winfried Röhmel gehört zusammen mit seinem Vorgesetzten zum Lager des Papstes, daran lässt er keinen Zweifel: "Kardinal Wetter geht als Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz mit der Erwägung konform." Nach Röhmels Ansicht stellt dies aber auf keinen Fall eine Diskriminierung homosexuell "veranlagter Personen" dar, nein: "Ich bin nur für Klarheit."

Für Röhmel bedeutet das: "Gleichgeschlechtliche Partnerschaften können und dürfen der Ehe zwischen Mann und Frau nicht gleichgestellt werden." Ein solcher Zustand würden die Institutionen Ehe und Familie schwächen, "und das widerspricht Artikel sechs des Grundgesetzes".

"Vollkommenen Quatsch" findet das Michael Brinkschröder, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft "Schwule Theologie" aus München. Der bekennende Homosexuelle hat in Münster katholische Theologie studiert und eine religionssoziologische Dissertation über den Umgang der katholischen Kirche mit Homosexualität geschrieben. Er kann die Erregung Röhmels nicht verstehen: "Was kann die Homo-Ehe der klassischen Ehe denn anhaben?", fragt Brinkschröder zurück. "So wie die Gesetzeslage in Deutschland strukturiert ist, sind das doch zwei völlig verschiedene Personengruppen, die einander nichts wegnehmen!"

Härter reagiert der schwule Theologe auf die Äußerungen des Kirchenstaates zur Adoption: "Wenn der Vatikan in dieser Hinsicht von 'Gewalt' spricht, dann würde ich diesen Herren vorschlagen, sich an die eigene Nase zu fassen und an die vielen Kinder zu denken, die von Priestern sexuell missbraucht werden".

Martin Cambensy, Münchner Diözesanjugendpfarrer, dürfte sich seinen Lagerplatz genau auf halbem Weg zwischen denen des Erzbischöflichen Ordinariates und der "Schwulen Theologie" ausgesucht haben.

Auch er fände eine völlige Gleichstellung der Homo-Ehe "nicht gut", der Jugendpfarrer meint aber auch die negativen Auswirkungen zu erkennen, die die Erklärung des Vatikans auf sein Klientel haben könnte: "Aus meinen Gesprächen mit jungen Homosexuellen weiß ich, dass es gerade die kirchennahen Schwulen und Lesben sind, die nach festen Beziehungen wie der so genannten Homo-Ehe streben - für die könnte da ein Dilemma entstehen".

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