Schon wieder hat ein Straftäter versucht, einem Polizisten die Dienstwaffe zu entreißen. Die Einsatzkräfte waren herbeigeeilt, weil eine Frau laut um Hilfe gerufen hatte. Doch am Ende verteidigte das vermeintliche Opfer den Angreifer, der laut Polizei fäusteschwingend auf die Beamten losgestürmt ist. Es ist bereits das zweite Mal innerhalb von nur zwei Wochen, dass ein Täter versuchte, eine Polizeiwaffe an sich zu reißen. Beide Fälle gingen glimpflich aus, doch das war in der Vergangenheit nicht immer so. Bei der Suche nach einer neuen Dienstwaffe für die bayerische Polizei zog das Innenministerium bereits Lehren aus solchen Vorfällen. Das neue Modell wird anders gesichert sein als die alte Waffe.
Das vermeintliche Opfer vom Montagabend muss ziemlich laut geschrien haben. Gegen 21 Uhr hörte ein Zeuge Hilferufe aus einer Wohnung an der Schellenbergstraße in Harlaching. Er blickte hinüber und sah durch ein Fenster, wie ein Mann mit einer Frau rangelte. Sofort rief der Zeuge die Polizei. Kurz darauf bremsten die ersten beiden Streifenwagen vor dem Haus, mehrere Einsatzkräfte stiegen aus und hörten die Schreie. Die richtige Wohnung war schnell gefunden, die Beamten klingelten, hämmerten mit den Fäusten gegen die Tür, doch niemand öffnete. Weil die Polizisten nicht wissen konnten, ob die Frau womöglich gerade schwer misshandelt oder sogar getötet wird, wollten sie die Tür aufbrechen. Doch genau in diesem Moment öffnete sie sich.
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Der 21-jährige Mieter der Wohnung riss die Tür auf, stürmte ins Treppenhaus und begann laut dem Bericht des Präsidiums sofort, auf die Beamten einzuschlagen und einzutreten. Einen 27-jährigen Polizisten traf er dabei am Kopf. Die Einsatzkräfte versuchten, den Angreifer zu Boden zu bringen, doch dabei griff der 21-Jährige nach der Dienstwaffe eines Polizisten. Es gelang ihm auch, den Pistolengriff zu fassen. Er riss an der Waffe, doch dank der Sicherung des Holsters blieb sie stecken. Schließlich gelang es den Polizisten, den 21-Jährigen zu bändigen, ihm Handfesseln anzulegen und ihn festzunehmen.
Von einer Notsituation wollte seine Freundin plötzlich nichts mehr wissen. Laut Polizei wies die 20-Jährige auch keine sichtbaren Misshandlungsspuren auf. Warum sie mehrfach laut um Hilfe gerufen habe, wollten die Ermittler von ihr wissen. Das könne sie auch nicht erklären, lautete die lapidare Antwort. Das junge Paar - er gebürtiger Niederbayer, sie aus Baden-Württemberg - ist sich nicht zum ersten Mal lautstark in die Haare geraten. Schon mehrfach rückten Polizisten bei ihnen an, um einen Streit zu schlichten, zuletzt am 26. Dezember. Nun wird sich der 21-Jährige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung verantworten müssen.
Bereits vor zwei Wochen hatte ein Straftäter am Pasinger Bahnhofsplatz versucht, einem Polizisten die Waffe zu entreißen. Der ertappte Ladendieb wehrte sich gegen seine Festnahme und hatte seine Hand bereits an der Pistole. Die Polizisten mussten seine Finger einzeln umbiegen, um sie von der Waffe zu lösen. Auch dieses Mal blieb die Pistole im Holster stecken, doch bei den Münchner Polizisten ist die Erinnerung an den 13. Juni 2017 noch schmerzhaft frisch. An jenem Tag schoss ein offenbar psychisch kranker Täter einer jungen Polizistin am Bahnhof Unterföhring in den Kopf - mit einer Dienstwaffe, die er ihrem Kollegen aus dem Holster gerissen hatte.
Die Lehren aus Unterföhring seien in die Suche nach einer neuen Dienstwaffe eingeflossen, berichtet Michael Siefener, Pressesprecher des Innenministeriums. Vor Kurzem gab Minister Joachim Herrmann bekannt, dass die rund 34 000 Waffenträger der bayerischen Polizei bis Ende 2019 mit einem neuen Modell ausgerüstet werden. Die P 7 von Heckler & Koch wird durch die SFP 9 desselben Herstellers ersetzt. Das alte Modell verfügt über eine sogenannte Handballensicherung, die mit ausreichend Druck auch versehentlich ausgelöst werden kann.
Die neue SFP 9 hingegen besitzt einen Sicherungshebel, den man gezielt umlegen muss, um feuern zu können. Ein neues Holster für die neue Waffe ist noch nicht gefunden, derzeit prüft eine Projektgruppe des Ministeriums die geeigneten Modelle. Laut Siefener müsse man dabei zwischen Sicherheit und Schnelligkeit abwägen. "Es hilft auch nicht", sagt der Pressesprecher, "wenn der Polizist im Ernstfall zehn Sekunden braucht, um seine Waffe zu ziehen."