Gefährlich und laut:Festgefahren

In Neuried ebbt die Kritik an der Route der Buslinie 269 nicht ab

Von Johannes Korsche, Neuried

Die neue Bushaltestelle "Zugspitzstraße" der Linie 269, gegenüber dem Kinderhaus Neuried, mag unscheinbar erscheinen, für viele Anwohner ist sie Anlass für heftige Kritik: Seit vergangenem Dezember fährt der Bus die Haltestelle an, die weitere Ortsteile Neurieds mit dem Klinikum Großhadern und damit auch mit der U 6 verbindet. Und seitdem protestieren die Anwohner gegen diese neue Linienführung. Zu gefährlich, zu laut und außerdem kaum genutzt, so lauten die Klagen. Auch ein Info-Termin der Neurieder SPD hat an der Kritik nichts geändert.

Alle halbe Stunde fährt der Bus die Zugspitzstraße an, um kurz vor sechs in der Früh kommt der erste, abends um Viertel nach sieben der letzte. Und ganz selten nur seien Fahrgäste in dem Bus, heißt es von mehreren Anwohnern. Eine ältere Dame hat auf einem Klemmbrett aufgeschrieben, wie viele Leute zu- oder aussteigen. Von Zuhause aus könne sie auf die Haltestelle blicken, sagt sie. Ganz viele Nullen hat sie sich aufgeschrieben, hier und da mal eine Eins. Und für die wenigen Fahrgäste soll sich der Busbetrieb also lohnen, fragt sie sich.

Dabei hatten Bürgermeister Harald Zipfel (SPD) und die anderen Befürworter der neuen Linienführung im Gemeinderat sich das mit dem Bus eigentlich anders gedacht. Die veränderte Linienführung - davor hatte der Bus an der Eichenstraße seine Endhaltestelle - sollte all jene Neurieder an das Netz des öffentlichen Nahverkehrs anbinden, die im Bereich des Alpspitzrings wohnen und zuvor einen kleinen Fußmarsch zur nächsten Haltestelle gehen mussten. Bei der damaligen Planung habe der öffentliche Nahverkehr keine Rolle gespielt, argumentieren die Befürworter des Busses. Die Verlängerung der Linie fange diesen Fehler lediglich auf. Jährlich lässt sich die Gemeinde das 49 000 Euro kosten.

Stichprobe an einem zufällig gewählten Donnerstagabend: Die Linie scheint tatsächlich nicht ausgelastet zu sein, jedenfalls ist der Bus leer. Als er kommt, zeigt sich auch gleich, warum die Streckenführung so heftig kritisiert wird. Denn der Bus soll offiziell von der Zugspitz- in die Karwendelstraße einbiegen, um schließlich über die Wettersteinstraße zu wenden. Zehn Tonnen CO₂ werde alleine über dieses Wendemanöver in ihre Luft geblasen, haben die Kritiker ausgerechnet. Aber weil die Straßen arg eng sind für den großen Bus, sie außerdem noch zugeparkt sind, wendet mancher Busfahrer lieber am Ende der Zugspitzstraße, in dem er zurücksetzt. Nur darf er das eigentlich nicht, rückwärts fahren ist zu gefährlich.

Zipfel macht an dem Tag das, was er auch den Anwohnern immer und immer wieder sagt: Er redet mit dem Busunternehmen, spricht den Busfahrer also darauf an, dass er so nicht wenden darf. Das Problem ist nur, dass der Bus auch dann Kritik auslöst, wenn er seine vorgeschriebene Wenderoute fährt. Denn auch die sei zu gefährlich, weil zu eng und darüber hinaus ja auch Schulweg mit schmalen Fußweg, den der Bus dann schon mal befahren muss, wenn er sich durch die Wendeschleife schlängelt. "Ich bin nicht gegen den Ausbau vom öffentlichen Nahverkehr", sagt eine Anwohnerin, "aber hier auf diese Art und Weise ist das nicht machbar." Einen kürzeren Elektro-Bus fände sie gut. Der sei nicht so laut, stinke nicht so und der käme auch besser durch die enge Straßen. Aber so einer fahre da ja nicht.

Mit Info-Veranstaltungen jedenfalls scheint die Kritik nicht zu verfliegen. "Zu einem Dialog kommt es nicht", sagt auch Zipfel über den Termin. Zu emotional prallen die Meinungen über den Bus aufeinander. Zu eindeutig, eine Anwohnerin sagt "zu festgefahren" sind die gegensätzlichen Meinungen. Denn Zipfel und eine Mehrheit im Gemeinderat wollen dem Bus zumindest eine Chance geben, sich zu bewähren. Aufgrund des Protestes hat der Gemeinderat im Januar beschlossen, die Linie für ein halbes Jahr auf Probe laufen zu lassen. Fahrgastzählungen sollen dann klären, ob die Neurieder den Bus annehmen oder nicht.

Denn es gibt durchaus auch Befürworter der neuen Linienführung. Eine Neuriederin, die an der Zugspitzstraße wohnt, fahre öfters mit dem Bus zum Klinikum Großhadern, sagt sie. Die Linienführung sei "geschickt", verbinde sie und ihre beiden Kindern auf schnelle Weise mit den Neurieder Supermärkten am Hainbuchenring, dem Neurieder Ortskern und schließlich der U 6 am Klinikum. Ein Nachbar der Frau sagt zu Mechthild von der Mülbe, SPD-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, unterstützend: "Halten Sie durch! Ich finde den Bus gut." Doch bisher scheinen diese Stimmen in der überdeutlichen Minderheit zu sein.

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