"Integration ist nicht nur einseitig." Diese Hauptbotschaft legt Abdulaziz Ramadan, der unter seinem kurdischen Namen "Xoşewîst" schreibt, den zwölf Gedichten seines Debüts "Leipzigijjât" zugrunde. Es soll den Leser dazu anregen, sich sprachlich zu öffnen, loszulassen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Erfolgreiche Kommunikation setzt eben nicht die Einsprachigkeit der Beteiligten voraus, nur deren Bereitschaft zum gegenseitigen Verstehen.
So verbindet Xoşewîst fünf Sprachen - Deutsch, Englisch, Spanisch, Hocharabisch und Kurdisch - zu einer lyrischen Einheit, die der aktiven Mitarbeit des Lesers bedarf, denn die verschiedenen Sprachen und Alphabete wechseln meist innerhalb eines Verses. Als Decodier-Hilfe dient ein mehrsprachiges Glossar zu jedem Gedicht. Hat der Leser einmal diese inhaltlich-formale Ebene erschlossen, kann er sich zur klanglichen aufmachen: Die jeweiligen QR-Codes leiten ihn zu Klangbeispielen weiter, eingesprochen vom Autor selbst. Da tun sich plötzlich Rhythmus- und Reimschemata auf, mit denen man bei aller Komplexität im Schriftbild nicht mehr gerechnet hätte. Dem Wahl-Leipziger Xoşewîst und dem Hochroth Verlag München ist damit ein experimenteller, multimedialer und Leser-integrierender Gedichtband gelungen, der die Grenzen der Poesie neu absteckt.
Xoşewîst: Leipzigijjât , Hochroth, 30 Seiten, 8 Euro