Gedenkmünze:Prunk, Punk und Prinzregent

Mit Totenkopf und Tattoo hat sich Patrik Muff einen Namen gemacht. Nun hat der Münchner Schmuckdesigner für das Bayerische Nationalmuseum eine Luitpold-Gedenkmünze gestaltet. Ein Widerspruch?

Von Evelyn Vogel

Seine Handrücken sind mit Schwalben, alchemistischen Geheimsymbolen und den Worten "Give" und "Take" tätowiert. Den Totenkopf hat er zu seinem Markenzeichen gemacht, Adlerklauen und Engelsflügel, Hirschgeweihe, Korallen und prachtvolle Käfer, die aus einer Wunderkammer zu stammen scheinen, bevölkern seinen künstlerischen Kosmos. Patrik Muff gilt als der Punk unter den Schmuckdesignern. Und doch hat er nun ein Objekt realisiert, der kaum konservativer anmuten könnte: Er hat im Auftrag des Freundeskreises des Bayerischen Nationalmuseums zum 200. Geburtstag von Prinzregent Luitpold eine Gedenkmünze gestaltet.

Gedenkmünze: Selbst die Putti im Bayerischen Nationalmuseum werben für die Gedenkmünze des Prinzregenten.

Selbst die Putti im Bayerischen Nationalmuseum werben für die Gedenkmünze des Prinzregenten.

(Foto: Bastian Krack)

"Das ist doch eine wunderschöne Aufgabe", sagt der 58 Jahre alte Münchner Schmuckkünstler am Telefon sofort und klingt gut gelaunt. "Der Vorsitzende des Freundeskreises ist ein Freund von mir, und ich liebe das Museum. Mich fasziniert das fantastische Kunsthandwerk, das es dort zu sehen gibt. Das hat ja auch eine gewisse Nähe zum Schmuck." Trotzdem sei die Gestaltung einer Münze - genauer gesagt handelt es sich ja um eine Medaille - auch eine Herausforderung. Eine, die er bereits vorher schon einige Male angenommen hatte und somit wusste, worauf er sich einlässt. Was soll unbedingt darauf zu sehen sein, um den Anlass zu verdeutlichen? Was kennzeichnet die persönliche Handschrift des Medailleurs?

Muff zeigt auf der Vorderseite, neben dem Porträt des im Volk so beliebten Prinzregenten, einige seiner Orden, die wie Sterne das bärtige Haupt umkränzen. Die Rückseite ziert ein mit Dornen umranktes Herz mit Rautenmuster, ein christliches Symbol mit bayerischen Anklängen, oder wie Muff sagt "mit bayerischer Gemütlichkeit". Darüber thront ein Reichsapfel als Zeichen der Macht. Die persönliche Bildsprache des Designers kommt durch die Hirschgeweihe - echte sammelt er übrigens auch und hängt sie in seiner Werkstatt auf - und die Symbole für Glaube, Liebe, Hoffnung und Tod zum Ausdruck. Sie finden sich auf vielen seiner Schmuckstücke.

Anhänger und Armbänder - zum Teil geschaffen aus alten venezianischen Glasperlen, die einst als Tauschware nach Afrika gelangten, von wo er sie wieder kauft - sind Schwerpunkte in der Collection Muffs, zu der auch Ringe und Ketten gehören. Er selbst trägt gerne Ringe und hin und wieder Armbänder. Der Totenkopf, mit dem er bekannt wurde, taucht häufig auf. Sogar an Charivaris, die er "das Bettelarmband für den Mann" nennt, hängt er sie. Aber die Pandemie hat auch die Motivik seiner jüngsten Serie beeinflusst: Statt Totenköpfen baumeln plötzlich Flugzeuge, Reisekoffer, Palmen, Segelboote und Essstäbchen als Anhänger an seinen Ketten. "Alles Sehnsuchtssymbole", erklärt er.

Gedenkmünze: Patrik Muffs Atelier wirkt fast wie eine Wunderkammer.

Patrik Muffs Atelier wirkt fast wie eine Wunderkammer.

(Foto: Atelier Patrik Muff)

Auch diese Motive scheinen auf den ersten Blick - wie die Medaille - so gar nicht zu seiner üblichen Bildsprache zu passen, die er als "barockig-punkig" bezeichnet. Doch der gebürtige Schweizer, der seit 20 Jahren in München lebt, vereint gerne mehrere Welten. So hat der Sohn von Kunsthandwerkern aus dem schweizerischen Hochdorf nach Abschluss seiner Goldschmiedelehre zunächst in Köln Kunst studiert. Nach ersten Arbeitsjahren und einer eigenen Schmuckgalerie wollte er 1998 mit einem Wohnmobil mit eingebauter Werkbank durch die Welt tingeln - und kam nur bis nach München, weil er sich hier verliebte und blieb.

Heute hat Muff, der auch Lehraufträge an der FH Pforzheim und an der Salzburger Sommerakademie hatte, sein Atelier zusammen mit seiner Frau und mit mehreren Mitarbeitern in der Ledererstraße im Herzen der Münchner Altstadt. Die freie Kunst hat ihn nie losgelassen. Es hat Projekte mit Künstlern wie Jenny Holzer gemacht und für verschiedene Modefirmen Objekte gestaltet. Auch für die Nymphenburger Porzellanmanufaktur hat Muff zwei Serien aus dem weißem Gold und Porzellan entworfen: Die Schmuckstücke symbolisierten Glaube, Liebe, Hoffnung und Tod oder kommen in Form von Koralle, Koi-Karpfen und Skarabäus daher.

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Die Luitpold-Gedenkmünze.

(Foto: Atelier Patrik Muff)

Die Gedenkmünze zum 200. Geburtstag von Prinzregent Luitpold ist eine Benefizaktion zugunsten des Bayerischen Nationalmuseums. Mit ihrem Verkauf soll die Ausstellung finanziert werden, die pandemiebedingt vom eigentlichen Geburtstag im März auf Juli verschoben wurde.

Außerdem will der Freundeskreis damit eine Tradition wiederbeleben, die vor 110 Jahren zum Erliegen kam. Bis dahin hatten die besten Kunsthandwerker jeweils zu den runden Geburtstagen des beliebten, 1821 geborenen Wittelsbachers eine Glückwunschadresse gestaltet. Denn das Kunstgewerbe wie auch die Künste blühten in der Prinzregentenzeit, während der sich München zur leuchtenden Metropole wandelte. Einige dieser Glückwunschadressen, die Luitpold zu "runden" Geburtstagen 1891, 1901 und 1911 überreicht wurden, werden in der Ausstellung zu sehen sein. Sie sollen die Vielfalt des Kunsthandwerks um 1900 mit verschiedenen künstlerischen Techniken und Stilen zwischen Historismus und Jugendstil belegen.

Für Patrik Muff war es "Ehrensache", die Gedenkmünze 2021 zu gestalten. Historisch und zeitgenössisch zugleich - und natürlich findet sich auch sein Markenzeichen: ein kleiner Totenkopf.

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