Gedenken an Bücherverbrennungen:Darüber wächst kein Gras

Bodendenkmal auf dem Königsplatz

Die spiralförmige Anordnung der Buchtitel erinnere auch an die Rauchsäulen in Abbildungen von der Bücherverbrennung von 1933, sagt der Künstler Arnold Dreyblatt über sein Werk auf dem Königsplatz.

(Foto: Catherina Hess)

Dauerhaftes Mahnmal auf Königsplatz eingeweiht

Von Jakob Wetzel

Die Einweihung hätte sich die Stadt anders gewünscht, vor allem größer; doch wegen der Pandemie gab es jetzt nur einen Festakt ohne Publikum. Am Donnerstag haben Ministerpräsident Markus Söder, Oberbürgermeister Dieter Reiter und andere auf dem Königsplatz ein Mahnmal eingeweiht, das an die Bücherverbrennungen im Nationalsozialismus erinnern soll. Bisher ist das Gedenken stets nur vorübergehender Natur gewesen: Seit 1995 organisiert der Künstler Wolfram Kastner immer am 10. Mai Lesungen aus verbrannten Titeln und brennt dazu einen Fleck in den Rasen auf dem Königsplatz, der dann zu sehen ist, bis wieder Gras darüber wächst. Jetzt hat die Erinnerung einen bleibenden Ort. Vor der Antikensammlung ist eine begehbare Scheibe mit rund acht Metern Durchmesser in den Boden eingelassen worden, auf der spiralförmig 359 Buchtitel von im Nazi-Regime verfemten Autorinnen und Autoren zu lesen sind. Das Werk des Künstlers Arnold Dreyblatt heißt "Die Schwarze Liste", benannt nach den Listen eines nationalsozialistischen Berliner Bibliothekars, auf deren Grundlage die Bücher vernichtet wurden.

Eingeweiht worden ist das neue Mahnmal am Jahrestag der ersten von zwei Bücherverbrennungen in München: Bereits am 6. Mai 1933 hatte die Hitler-Jugend erstmals Bücher angezündet. Die zweite Verbrennung organisierte der nationalsozialistische Studentenbund in 22 Städten am 10. Mai. Die verbrannten Bücher hätten den vielstimmigen Charakter der Weimarer Republik repräsentiert, sagte die Leiterin des Münchner NS-Dokumentationszentrums Mirjam Zadoff am Donnerstag. Mit der Vernichtung dieser Bücher hätten die Nazis das Trugbild eines homogenen Volkes erzeugen wollen, einer Gesellschaft der Ausgrenzung, so Zadoff. Daran erinnere das Denkmal nun jeden Tag aufs Neue.

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