GBW-Wohnungen:Seehofer will nicht kaufen

Die 32.000 Wohnungen der GBW in Bayern sollen in öffentlicher Hand bleiben, fordern SPD und Mieterverbände. Doch jetzt hat Ministerpräsident Seehofer dem geforderten Kauf eine definitive Absage erteilt - obwohl die EU-Kommission ihr Einverständnis signalisiert hat.

Dominik Hutter und Frank Müller

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat dem von der SPD und Mieterverbänden geforderten Kauf des landesbankeigenen Wohnungsunternehmens GBW eine definitive Absage erteilt. Der Regierungschef begründete seine Haltung am Rande einer Polen-Reise damit, der Freistaat wolle sich kein neues Beihilfeverfahren der EU einhandeln - Seehofer verweist dabei ausdrücklich auf eine Entscheidung der EU-Kommission.

Plenarsitzung im Landtag

Plenarsitzung im Landtag Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) spricht am Dienstag (17.07.2012) vor Beginn der Plenarsitzung im Bayerischen Landtag in München (Oberbayern) mit Pressevertretern. Seehofer hatte es bereits mehrfach angekündigt, nun macht er seine Drohung wahr. Der Freistaat wird vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Länderfinanzausgleich klagen. Der juristische Schritt soll noch in diesem Jahr erfolgen. Foto: Frank Leonhardt dpa/lby +++(c) dpa - Bildfunk+++

(Foto: dpa)

Wie groß dieses Risiko tatsächlich ist, ist allerdings umstritten. Nach SZ-Informationen wertet Brüssel die Aussagen Seehofers als Über-Interpretation. Aus der Kommission war am Freitag zu hören, dass ein Kauf der GBW durch den Freistaat keinesfalls automatisch ein Beihilfeverfahren nach sich ziehen würde. Behauptungen, die Brüsseler Haltung mache eine Verstaatlichung der Gesellschaft unmöglich, seien schlichtweg falsch.

Das Papier, auf das sich die Staatsregierung bezieht, lässt die Frage offen: "Die Bundesregierung nimmt zur Kenntnis, dass ein Erwerb durch den Freistaat Bayern im Rahmen eines Bieterverfahrens die Prüfung eines weiteren Beihilfentatbestandes nach sich ziehen könnte", lautet der zentrale Satz, den das Finanzministerium am Freitag veröffentlichte.

Was Minister Markus Söder (CSU) nicht dazusagte: Geprüft werden soll nur, falls der Verdacht auf weitere staatliche Unterstützung der Landesbank besteht. So lange der Freistaat sich verhalte wie ein privater Investor, so betonte ein EU-Sprecher, bestünden keine Einwände gegen eine Übernahme. Was bedeutet: Der Freistaat muss einen fairen Marktpreis bezahlen - wobei die Kommission ausdrücklich einräumt, dass die Mieter mit (preismindernden) sozialen Klauseln geschützt werden dürfen.

Der Streit zwischen Söder und Münchens OB Christian Ude (SPD) ging derweil weiter. Söder sagte zur Süddeutschen Zeitung, Ude solle endlich die Realität akzeptieren und "aufhören, Mieteranwalt zu spielen". Zugleich begrüßte Söder aber den Beschluss des Münchner Stadtrats, sich an einem Übernahmekonsortium zu beteiligen. Söder: "Das finde ich positiv."

Der von Ude geforderte Kauf der GBW mit ihren gut 32.000 Wohnungen durch den Freistaat komme nach dem EU-Schiedsspruch nicht in Frage. Das Risiko eines weiteren Verfahrens könne aus Sicht der Mieter, aber auch des Staates keinesfalls in Kauf genommen werden, sagte Söder.

"Staatsregierung greift nach jedem Strohhalm"

Mit einem solchen Verfahren hatte die EU nun jahrelang die Hilfen des Freistaats für die marode BayernLB geprüft. Dass diese nun die GBW in einem offenen Verfahren meistbietend verkaufen muss, ist eines der Ergebnisse. Söder sagte, es komme nicht in Frage, dass der Staat gleichzeitig als Verkäufer, Käufer und dazu noch als Organisator eines solchen Verkaufs auftrete. "Wir können keine dauernden Scheingefechte auf Kosten der Mieter zulassen." Noch schärfer griff die Landtags-FDP Ude an. Diese müsse sich bei Seehofer für seine Angriffe entschuldigen, forderte FDP-Finanzexperte Karsten Klein.

Ude hingegen hält an seinen Vorwürfen fest, die Staatsregierung betreibe eine bewusste Irreführung der Bürger. EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das europäische Wettbewerbsrecht gelte, Name, Herkunft oder Besitzverhältnisse bei dem Bieterverfahren für die GBW also keinerlei Rolle spielen dürfe.

Ein Risiko für ein Beihilfeverfahren sieht Ude nicht, so lange der Freistaat keinen überhöhten Preis zahlt. Bei dem Passus in der EU-Entscheidung handle es sich um eine Standardklausel. Denn Käufe durch die öffentliche Hand könnten stets beihilferechtlich überprüft werden. Ähnlich äußerte sich Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger: "Die Staatsregierung greift nach jedem Strohhalm, der dem Kauf der GBW-Wohnungen durch den Freistaat im Wege stehen könnte."

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