Gastronomie:"Wir möchten ein bissl das Land in die Stadt reinbringen"

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Braumeister Julian Lindner braut regelmäßig vier Biersorten für die Gäste der Wirtinnen Kristina und Ninja Höfler (rechts). (Foto: Stephan Rumpf)

Vor Kurzem waren hier noch eine Shisha-Bar und ein Friseur - jetzt gärt das Bier: In der Schillerstraße gibt es jetzt eine Kleinbrauerei mit Wirtshaus.

Von Franz Kotteder

Kristina Höfler trägt ein dunkelgraues T-Shirt, auf dessen Rücken sind 18 Kreidestriche abgebildet, wie man sie sonst auf Bierdeckeln findet, und dahinter steht in Großbuchstaben: "Bier". So ungefähr stellt sich eine Brauereibesitzerin also offenbar eine lustige Runde vor, die beim Schillerbräu einkehrt, oder? "Verkehrt wär's nicht", sagt die 31-Jährige und lacht, "aber wir wollen vor allem ein richtig schönes Wirtshaus machen, denn wir kommen ja beide aus der Gastronomie. Und wir möchten ein bissl das Land in die Stadt reinbringen."

Am Donnerstag war es so weit: Kristina und Ninja Höfler haben ihren Traum wahr gemacht und zur Eröffnung eines urbayerischen Wirtshauses mit eigener Brauerei eingeladen, eben des Schillerbräu, mitten in Münchens Bahnhofsviertel. Vorerst durften geladene Gäste kommen. Von diesem Freitag an ist für alle geöffnet. Dort, wo sich bis vor kurzem ganz typisch für die Gegend eine Shisha-Bar und ein Friseursalon befanden, haben die beiden Lebenspartner nach mehrmonatiger Umbauzeit das Wirtshaus und eine kleine Brauerei eingerichtet. Vor gut sechs Wochen wurde der erste Sud angesetzt, jetzt kommt er zum Ausschank. Darüber befindet sich außerdem ein Hotel mit 51 Zimmern, das wohl im Juli eröffnet wird. Das Paar hat die Geschäftsführung für beides übernommen.

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Eigentümer des Ganzen ist die Lindner Group aus dem niederbayerischen Arnstorf, ein Familienunternehmen mit stolzen 850 Millionen Euro Jahresumsatz, das weltweit im Innenausbau tätig ist, aber auch eine Hotelgruppe und mehrere Brauereien besitzt. Die gebürtige Niederbayerin Kristina Höfler hat nach der Ausbildung zur Hotelkauffrau in Bad Griesbach in Österreich am Achensee und im Jagdhof im Bayerischen Wald gearbeitet und später dann einige Jahre im Schlossbräu Mariakirchen, das auch den Lindners gehört.

Ihre gleichaltrige Partnerin Ninja stammt aus Kulmbach, kommt ebenfalls aus der Hotellerie und Gastronomie, sie war unter anderem in der BMW-Welt bei Käfer tätig. Als die Lindner Group dann das Haus in der Schillerstraße 23 kaufte, bekamen sie ihre Chance. "Das ist schon eine super Aufgabe", sagt Kristina, "aber wir trauen uns das natürlich zu, und das Verhältnis zur Firma Lindner ist geradezu freundschaftlich. Wir haben immerhin auch schon jahrelang zusammengearbeitet."

Am Donnerstag wurden die Folien von den großen Schaufenstern zur Schillerstraße hin entfernt, jetzt sehen die Passanten als Erstes die zwei großen, kupfernen Sudkessel links vom Eingang. Braumeister Julian Lindner braut dort drinnen regelmäßig vier verschiedene Sorten, alle naturtrüb und unfiltriert: Helles, Dunkles, Weißbier und Scheps - Letzteres ist eine alte Sorte mit lediglich 2,5 Prozent Alkohol. "Das hat man früher auf dem Land bei der Feldarbeit getrunken", sagt Kristina Höfler, "es ist die ideale Alternative zum Radler."

Alte Fotos von daheim an der Wand

Neben den vier Grundsorten gibt es auch noch monatlich ein besonderes Bier, das jeweils am ersten Mittwoch im Monat um 18 Uhr frisch angestochen wird. Außer jetzt im Juni natürlich. Das Monatsbier gibt's von Freitag an trotzdem, es ist ein heller Bock namens "Gamsbart", man bekommt ihn im Schillerbräu aber auch noch den ganzen Juli über.

Innen in der Wirtschaft ist viel Holz verarbeitet, aber ganz und gar nicht kitschig, wofür man bei neuen bayerischen Wirtschaften ja immer schon dankbar ist. An den Wänden hängen alte Fotos von daheim. "Meine Großeltern hatten eine Weinstube", sagt Kristina Höfler, "das hat was, wenn sie auf den Fotos jetzt wieder in unserer eigenen Wirtschaft hängen."

Unkomplizierte Klassiker auf der Karte

Die Speisekarte im Schillerbräu kommt fast ganz ohne Apostrophe aus. Dort finden sich einige unkomplizierte Klassiker, vom Wurstsalat über das Lachsforellenfilet bis zum Landschweinebraten und dem Böfflamott, aber auch ein paar moderne Neuinterpretationen wie zum Beispiel das "Weißbiergraupensotto". Die Preise sind mit 12,65 Euro für den Schweinsbraten und 5,55 Euro für das Paar Weißwürste mit Breze zivil.

Geöffnet ist nachmittags von 16 Uhr an, im Gastraum ist im Erdgeschoss Platz für 80 Personen, und es gibt im Untergeschoss einen weiteren Raum mit 70 Plätzen. Von dort aus kann man durch ein Fenster auch direkt hinunter in den Lagerkeller der Brauerei blicken, der wird dazu abends extra mit LED beleuchtet. Damit man ihn auch nach dem 18. Bier noch sieht, vermutlich.

© SZ vom 23.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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