Gastronomie:Im Exil

Gastronomie: Francesco di Carlo und Stephan Geisel bei der Eröffnung.

Francesco di Carlo und Stephan Geisel bei der Eröffnung.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Geisels Weingalerie eröffnet an der Herzog-Wilhelm-Straße

Von Franz Kotteder

Einen ordentlichen Grund zum Feiern hat an diesem Abend eigentlich vor allem Manfred Friedel. Auf den Tag genau vor 60 Jahren nämlich fing er an im Hotel Königshof. Und das, obwohl ihn die Großmutter der heutigen Eigentümer Carl, Michael und Stephan Geisel, noch nicht einmal persönlich in Augenschein genommen hatte. Das behielt sich die offenbar recht resolute Hotelbesitzerin Anna Geisel nämlich bei jeder Neueinstellung vor. Im Falle von Friedel erwies sich die Sorge, ohne den Segen der Chefin würde vielleicht der Falsche eingestellt, als völlig unbegründet. Der Lehrling, der eher zufällig im Königshof gelandet war, entwickelte sich prächtig. 2011 ging Friedel in Rente, da war er längst Maître d'hôtel. Und noch heute schwärmen Stammgäste von dem perfekten Service, den er im Restaurant des Hauses bot.

Seit Silvester aber gibt es diesen Ort so nicht mehr, weder das Restaurant noch das Hotel; das Gebäude wird ja abgerissen und neu wiederaufgebaut. Auch Geisels Weingalerie musste weichen, sie hat allerdings ein hervorragendes Ausweichquartier nicht weit entfernt vom alten Standort gefunden, am Freitagabend lädt man zur feierlichen Eröffnung. "Das war wirklich ein Glücksfall", sagt Stephan Geisel, von den drei Brüdern zuständig für die Weinhandlung, die von Francesco di Carlo geleitet wird: "In unmittelbarer Nähe vom Stachus, nur 80 Meter von der Kaufingerstraße entfernt, und dann auch noch mit Anfahrtmöglichkeit. Besser kann man's kaum erwischen."

So residiert Geisels Weingalerie nun in der Herzog-Wilhelm-Straße 4. In hohen Regalen findet man eine Auswahl aus knapp 2000 Weinen. Der Raum, stimmungsvoll illuminiert, strahlt eine gelungene Mischung aus Industrial-Charme und Edel-Interieur aus, der Kronleuchter im hinteren Raum ist eine Reminiszenz an das alte Hotel Königshof. Zur Einstimmung gibt es am Eröffnungsabend einen 2009-er Champagner von Pol Roger aus der Magnumflasche und Sushi vom Büffet. Viele Kollegen aus der Gastro-Szene sind gekommen, um sich die neue Weingalerie anzusehen, aber auch der ehemalige Bürgermeister und jetzige CSU-Landtagsabgeordnete Josef Schmid mit Frau Natalie.

Hotelier Carl Geisel wiederum muss viele Fragen zum Bauvorhaben beantworten. Über Mangel an Arbeit kann er nicht klagen: "Ein Neubau bringt immer jede Menge Unvorhergesehenes mit sich, da ist man ausgelastet." Und dann hat die Familie noch ein paar andere Häuser und Projekte. Zum Beispiel betreut man mit einem Partner in Kürze auch einen Luxuszug, den Gäste buchen können, um damit nach Davos und Venedig zu fahren und Sterneküche aus dem Hause Geisel zu genießen. Da ist so eine Baustelle wie die am Stachus eine eher profane Angelegenheit. Die Abbrucharbeiten werden in etwa zwei, drei Wochen beginnen, heißt es. Manfred Friedel wird dort eher nicht vorbeischauen. "Wenn man mehr als 50 Jahre in so einem Haus gearbeitet hat", sagt er, "dann lässt einen der Abriss nicht kalt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: