Gastronomie:Eine Wirtschaft mit besonderen Menschen

Die Wiesnwirtin Katharina Inselkammer eröffnet im Werksviertel hinter dem Ostbahnhof die Kunst-Werk-Küche und will mit ihren gastronomischen Unternehmen so beweisen, dass sich Inklusion auch rechnen kann

Von Franz Kotteder

Die Aussicht von der Terrasse des Werks 3 hinter dem Ostbahnhof ist noch verbesserungsfähig: Man sieht eine riesige Baugrube und übereinandergestapelte Bürocontainer. Momentan ist das nicht so wild, so oft sitzt man ja nicht mehr draußen. Noch dazu, wenn es innen so hübsch ist. Denn die - oder das? - Kunst-Werk-Küche hat drinnen was von einem klassischen Wiener Kaffeehaus, mit dunkelgrünen Lederstühlen, schönen alten Holzmöbeln und einem langen Tresen.

Gastronomie: Katharina Inselkammer setzt für ihren neuen Betrieb auf ein buntes Team.

Katharina Inselkammer setzt für ihren neuen Betrieb auf ein buntes Team.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

"Das war mal die Inneneinrichtung eines Goldschmieds", erzählt Katharina Inselkammer, "Juwelier Kraus am Dom. Der hat vor 15 Jahren geschlossen. Ich hab' das Mobiliar übernommen und eingelagert." Die Spötter, die damals fragten, was sie mit "dem alten Glump" wolle, sind jetzt still. Denn gerade die alten Vitrinen oder die Werktische mit ihren Arbeitsspuren schaffen eine besondere Atmosphäre in dem ansonsten doch eher nüchternen Betonbau, der das Werk 3 nun einmal ist.

Gastronomie: Die Inneneinrichtung erinnert an das klassische Kaffeehaus-Ambiente und stammt noch von Juwelier Kraus am Dom, der schon seit 15 Jahren geschlossen ist.

Die Inneneinrichtung erinnert an das klassische Kaffeehaus-Ambiente und stammt noch von Juwelier Kraus am Dom, der schon seit 15 Jahren geschlossen ist.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Katharina Inselkammer, die mit ihrem Mann Peter nicht nur das Platzlhotel betreibt, sondern auch das Armbrustschützenzelt auf der Wiesn, hat auch sonst den Ehrgeiz, das Besondere im gemeinhin Unterschätzten hervorzuholen. Wenn man so will, trifft das ja auf ihr ganzes neues Projekt Kunst-Werk-Küche zu. Denn das ist nicht irgendeine gastronomische Unternehmung. "Meine Mitarbeiter sind zu 30 Prozent besondere Menschen", sagt Inselkammer. Das würden zwar möglicherweise viele Wirte von ihrer Belegschaft sagen. Aber was Inselkammer angeht, so muss man wissen, dass sie den Begriff "besondere Menschen" verwendet für Menschen, die mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen leben. "Ich will beweisen, dass man in einem bunten Team genauso gut arbeiten und erfolgreich wirtschaften kann wie sonst auch", sagt sie, "dazu braucht es keine Gemeinnützigkeit."

Gastronomie: Der Betrieb im Kunst-Werk-Küche ist gerade erst angelaufen, am Mittwoch ist offiziell Eröffnung.

Der Betrieb im Kunst-Werk-Küche ist gerade erst angelaufen, am Mittwoch ist offiziell Eröffnung.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Das ist ihr schon länger ein Anliegen, wegen einiger Freundinnen, die selber ein Kind mit Down-Syndrom haben. Sieben ihrer derzeit 14 Mitarbeiter sind "besondere Menschen". Der Betrieb im Kunst-Werk-Küche ist gerade erst angelaufen, mit einem günstigen Mittagstisch für die Beschäftigten im Werksviertel. Am Mittwoch ist offiziell Eröffnung, danach wird der Betrieb Zug um Zug ausgebaut. Denn mit dem Lokal im Erdgeschoss, mit der Aussicht auf die Baugrube, ist die Aufgabe von Kunst-Werk-Küche ja keineswegs erfüllt.

Katharina Inselkammer hat noch mehr vor. Oben im ersten Stock gibt es eine große Produktionsküche, in der zum Beispiel Catering für Firmen, Altenheime, Schulen und Kindergärten hergestellt wird, außerdem gibt es eine Kochschule, in der Kurse gegeben werden: "Wir machen zum Beispiel einen Kräuterworkshop, in dem man sein eigenes Pesto herstellen kann." Die Schule kann man auch für Events mieten, ebenso wie einen Nebenraum mit einem großen Tisch, wo etwa kleinere Weihnachtsfeiern stattfinden können. Und dann bietet Kunst-Werk-Küche noch einen besonderen Service für die Büros im Werksviertel: Die bekommen auf Anfrage Snacks und Sandwiches aus dem Bauchladen geliefert.

Bis Ende Januar will Inselkammer 42 Mitarbeiter beschäftigen. Ihr Ziel: "Wenn ich in fünf Jahren zehn Leuten einen Job gegeben habe, die sonst keine Chance gehabt hätten auf dem Arbeitsmarkt, dann habe ich wirklich was geschafft."

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