Gastronomie:Das Käsefondue wird wieder salonfähig

München: Interieur und Fondue. Schwabinger Alm, Fondue, ein neuer Trend.

Würzig und cremig sollte der Käse für ein Fondue sein, und nicht zu hart. Und natürlich darf der Schnaps nicht fehlen.

(Foto: Stefanie Preuin)

Es muss nicht immer original nach Schweizer Rezept sein - vielmehr geht es um das Gemeinschaftserlebnis.

Von Franz Kotteder

Dass es auf der Alm keine Sünd' gibt, sieht der Schweizer Yves B. ganz anders. In der Schwabinger Alm hat er jedenfalls eine kulinarische Sünde erlebt. "So etwas hab' ich ja noch nie gesehen", sagt er belustigt, als das blubbernde Käsefondue auf den Tisch gestellt wird, "bei uns sieht ein Fondue aber anders aus!"

Dabei ist das Fondue - mit Betonung auf der ersten Silbe - ja eigentlich das wichtigste Gericht in der Schwabinger Alm. Das Lokal in der Wilhelmstraße 43 hat Anfang Dezember aufgemacht, die offizielle Eröffnungsparty steigt aber erst an diesem Freitag. Dabei hat man den Eindruck, dieses Lokal sei längst etabliert: An einem ganz normalen Mittwoch sind schon um 18.30 Uhr viele der insgesamt gut 100 Plätze besetzt, das Publikum ist überwiegend um die 30 Jahre alt oder darunter.

Das Interieur ist angemessen trendig, die Wände sind in sattem Tannengrün gestaltet, eine überlebensgroße Kuckucksuhr ist mit weißen Strichen direkt auf die Wand gemalt, und in einem Nebenraum gibt es eine Lampe aus lauter grünen Schnapsflaschen. Ein bisschen ironisch, ein bisschen schick: So etwas kommt an, da wird selbst ein Gericht aus vergangenen Zeiten wieder modern.

Früher war die Sache ja klar: Fondue gibt's an Silvester und sonst das ganze Jahr nicht. Man erhitzte Öl in einem Topf bis zum Siedepunkt, spießte diverse Fleischsorten auf schmale Gabeln und hoffte, dass sie sich im Topf nicht verhakten und die Stücke auf der Gabel blieben. Dann aß man, bis man platzte oder es Zeit war, Böller und Raketen zu zünden. Und an Neujahr wurde das ganze Fondue-Geschirr wieder weggepackt und kam ins Kellerabteil, bis zum nächsten Silvester.

Diese Zeiten sind offenbar vorbei. Die Schwabinger Alm ist nur ein Beispiel, denn deren Macher, Konstantin Graf von Keyserlingk und Benjamin Weßel, haben ja bereits seit drei Jahren die etwas kleinere Gärtnerplatz Alm mit genau der gleichen Speisekarte. "Klar, das ist ein Gesellschaftsessen", sagt Keyserlingk, "wir haben viele Weihnachts- und Firmenfeiern." Man sitze eben gern beisammen und teile sich das Essen aus einem großen Topf, ganz so wie früher.

Beim Schweizer Koch gibt's Fondue

Das funktioniert inzwischen nicht nur in Szenelokalen. Auch das Seehaus im Englischen Garten bietet neuerdings den Winter über bis in den März hinein Fondue-Abende an (mittwochs bis sonntags) - vom klassischen Käsefondue bis zum Fondue Chinoise (mit Brühe und Fleisch) sowie diversen Abwandlungen. Weil man es eben mit gehobenem Publikum zu tun hat, bietet man auch Hummer und Jakobsmuscheln im Krustentierfond an oder ein Wildfondue mit Reh, Hirsch und Wildschwein im Steinpilzsud.

Auch der gutbürgerliche Brauereigasthof Aying vor den Toren der Stadt bietet derzeit jeden Donnerstag Käsefondue an. Was sicher damit zu tun hat, dass Mario Huggler in der Küche steht. "Ich bin hier auch als Entwicklungshelfer", sagt er und lacht. Der gebürtige Schweizer ist seit 2015 Küchenchef im Brauereigasthof. "Wir haben hier den Troadkasten", sagt er, eine von vier Lokalitäten, die der Bräu von Aying im Angebot hat. "Der sieht ja aus wie eine Skihütte, da bietet sich das doch an." Für die Deutschen ist das Fondue eben ein traditionelles Winteressen, für Huggler nicht: "Ich esse es auch im Sommer, das ist nicht das Problem."

Überhaupt ist er sowieso kein strammer Traditionalist, was zum Beispiel die Rezeptur angeht: "Klar, ein Blauschimmelkäse gehört nicht ins Fondue, oder ein richtig stinkender Käse. Würzig oder cremig muss er sein, auch nicht zu hart." Aber sonst sei je nach der Region, wo man sich befinde, vieles möglich. Er selbst stammt aus Meiringen im Berner Oberland, deshalb verwendet er je zur Hälfte einen Gruyère und einen Vacherin fribourgeois.

Fondueesser brauchen Zeit

Dazu kommt ein trockener Weißwein, der ruhig ein bisschen kantig sein darf. Huggler bevorzugt die alte Rebsorte Petite Arvine aus dem Wallis. Nicht fehlen darf auch ein Schuss Kirschwasser nach der bewährten Regel: "Ein Stamperl ins Fondue, zwei in den Koch." Witzelt Huggler. Etwas Salz, Pfeffer und Muskat sowie wenig Knoblauch, fertig ist die Mischung. "Das ist ein sehr einfaches Gericht", sagt Huggler, "aber das ideale Essen in Gesellschaft."

Man muss sich dafür Zeit lassen, das ist klar. Schlingen bringt nichts, Fondue ist üppig und macht schnell satt. Huggler serviert es deshalb ohne Kartoffeln, was in der Schweiz normal ist, sondern mit Ruchbrot, das zur Hälfte aus Roggen- und Weizenmehl besteht. "Man sollte auch keine kohlensäurehaltigen Getränke dazu trinken", rät er, "dann geht mehr rein!" Er selbst hat sowieso andere Präferenzen: "Wein ist zum Fondue ein schöner Begleiter."

Letztlich ist es aber sowieso gar nicht so wichtig, ein Fondue-Essen stilecht und originalgetreu zu zelebrieren: Es geht doch mehr ums Gemeinschaftserlebnis. Die Alm-Macher haben sich schon überlegt, wie sie dieses Erlebnis auch in den Sommer hinein verlängern können. Jetzt, wo sie in Schwabing auch eine Freischankfläche haben. "Da lassen wir unsere Gäste dann auf dem heißen Stein selbst grillen", sagt Konstantin von Keyserlingk. Hat für ihn auch den Vorteil, dass er dann keinen Spott von echten Schweizern aushalten muss.

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