Gastro-Szene:Sechs Restaurants, die einen Preis verdient hätten

Gut essen kann man nicht nur in sterneprämierten Lokalen in München. Sechs Autoren der SZ-Kostprobe stellen Lieblingslokale vor, die auf ihre Art auch einen Preis verdient hätten.

1 / 6

Makassar: Familiär gehoben

-

Quelle: Robert Haas

Es ist jedes Mal wie Heimkommen. Auch wenn Lende das Makassar ein Jahr lang geschwänzt hat, begrüßen Roger Baranda und Crew ihn samt Begleitung, als wäre er erst gestern hier in der Dreimühlenstraße hängen geblieben. "Wie schön, der Hund ist auch dabei! Also wie immer, rechts hinten, da ist es am ruhigsten."

Makassar ist eigentlich eine Großstadt auf der Insel Sulawesi, gelegen zwischen Borneo und Neuguinea. Da muss wohl Jacques Cousteau mit seiner "Calypso" vorbeigekommen sein, als Baranda auf dem Forschungsschiff als Koch arbeitete. Jetzt jedenfalls liegt das Makassar mitten im Schlachthofviertel als Solitär gehobener französisch-pazifischer Küche. Und weil Lende ein Gewohnheitstier ist, kommt er, nachdem er kopfüber in den Aperitif-Cocktail gesprungen war, bei der Vorspeise nicht um den gemischten Teller herum mit Assiette des Acras de Morue, den köstlichen Bällchen vom Stockfisch und den Garnelen im Sesammantel.

Nach Entenbrust "Indochine" oder King Prawns in Currysauce, nach Apfelgratin mit Zimt und einem Trester zum Schluss weiß Lende: Diesmal dauert es kein Jahr.

Makassar, Dreimühlenstr. 25, Reservierung empfohlen, Telefon 089/776959

Iwan Lende

2 / 6

Zum Brünnstein: Bollwerk der Behaglichkeit

Gaststätte "Zum Brünnstein", 2011

Quelle: Catherina Hess

Fragt eine Dame aus der Runde: "Haben Sie auch etwas Vegetarisches?" Antwortet die Kellnerin ohne Arg: "Sicher, nehmen's doch den Salat mit Hühnchen!" Ein Dialog, der sich im unvergleichlichen Wirtshaus "Zum Brünnstein" abspielte, und damit ist schon vieles gesagt über diesen Platzhirsch von Münchner Wirtshaus nicht weit vom Ostbahnhof. In Reiseführern taucht das "Brünnstein" selten auf, aber das macht gar nichts; in seiner Eigenschaft als eines der letzten Haidhausener Bollwerke gegen jeden unnützen Wandel ist es ohnehin meistens sehr gut besucht.

Über 100 Jahre ist das von der Familie Haböck geführte Haus alt. Neulich scherzte ein Gast, die letzte Renovierung sei noch länger her; aber das war ein Lob. Die Küche ist fleischbetont (Monatsangebot November war, unter anderem, "Ganze vordere Surhaxe mit Sauerkraut, Meerrettich und Salzkartoffeln, 6,80 Euro") und auch preiswert, und sie wird niemals, niemals auch nur in die Nähe eines Michelin-Sterns kommen. Gäbe es aber solche Sterne auch für Ehrlichkeit, gute Laune, den idealen Platz für einen Schafkopf-Abend und eine behaglichkeitsfördernde Innendekoration - das "Brünnstein" hätte in allen Kategorien drei Sterne.

Elsässer Straße 36, Telefon 089/4482429

Karl-Heinz Peffekoven

3 / 6

Nymphenburger Hof: Sein statt Schein

Restarant Nymphenburger Hof in München, 2013

Quelle: Robert Haas

Bescheidenheit gilt ja normalerweise als Zier, aber sie kann auch in die Irre führen. Der Nymphenburger Hof firmiert auf seiner Homepage ganz zurückhaltend als "gehobenes Restaurant mit Biergarten". Was für eine Untertreibung! In Wirklichkeit handelt es sich bei dem Lokal um eine kulinarische Oase, die man leicht übersieht, weil sie unauffällig hinter einer hohen Hecke liegt. Kein Modeladen, in dem die Handys smarter Hipster in überkandidelten Klingeltönen von der Wichtigkeit ihrer Besitzer künden. Sondern ein Lokal, dessen Atmosphäre mit gediegen am besten umschrieben wird

Hier wird österreichisch geprägte Küche der Spitzenklasse serviert, die - ein wenig Euphorie darf da schon sein - ein wahres Fest für die Geschmacksnerven ist. Selbst Klassiker, die man seit seiner Kindheit schon unendlich oft gegessen hat, sind ein Erlebnis. Mayer-Rahn lurt jetzt, zur kalten Jahreszeit, immer mal wieder auf die Speisekarte, ob Ente mit Blaukraut im Angebot ist. Die wird hier so köstlich zubereitet wie kaum irgendwo. Und von wegen Biergarten: Im Sommer ist der Innenhof des Lokals ein wahres Blütenmeer, denn der Wirt hat den grünen Daumen.

Nymphenburger Str. 24, Telefon 089/1233830

Moritz Mayer-Rahn

4 / 6

Trattoria Gennaro Bussone: Party mit hausgemachter Pasta

-

Quelle: Robert Haas

Italienische Lokale gibt es in München wie Sand an den Stränden der Adria. Und jeder hat so seinen Lieblingsitaliener, dessen herausragendste Eigenschaft meistens die Tatsache ist, dass er direkt vor der eigenen Haustür liegt. Auch in der Trattoria Gennaro Bussone gleich beim Gotzinger Platz kehren gerne Nachbarn ein. Aber nicht nur die. Die Frage "gemma mal wieder zum Gennaro?" ist auch außerhalb der Stadtgrenzen zu hören.

Seit 1992 gibt es die kleine Trattoria direkt neben der Großmarkthalle. Und das Stammpublikum kommt gerne auch zum Feiern vorbei und lässt den Schampus fließen. So hat sich das Lokal mit den Jahren den Ruf des "Partyitalieners" erworben, wo es zuweilen bis in die Morgenstunden abgeht. Man sollte sich davon aber nicht abschrecken lassen. Denn man vergisst leicht, dass man in der Trattoria auch ziemlich gut essen kann. Die Pizzen sind so, wie man sich das wünscht (einen Pizzateig zu beschreiben ist müßig, einfach probieren), die Pasta ist hausgemacht, das Angebot abwechslungsreich (köstlich etwa mit Scampi oder Salsiccia). Besonders empfehlenswert sind auch die Fischgerichte von der Tageskarte.

Thalkirchner Straße 126, Telefon: 089/7211229

Pep Rooney

5 / 6

Gasthof Schreyegg: Mit Anspruch, ohne Firlefanz

Gasthof Schreyegg in Unering, 2015

Quelle: Johannes Simon

In der Stube hängt die Decke tief, wie es sich gehört in einem Wirtshaus auf dem Land. Vor drei Jahren haben Stefan und Tanja Schreyegg aus dem "Gasthof Schreyegg" in Unering, ein paar Kilometer nördlich des Andechser Klosters, eine beliebte Adresse für Einheimische und Ausflügler gemacht. Was vorher eine durchschnittliche Dorfwirtschaft mit ebensolcher Küche war, ist nun ein geschmackvoll renoviertes Lokal mit gehobenem Anspruch, aber ohne jeden Firlefanz. Zu vernünftigen Preisen werden überwiegend traditionelle Speisen serviert, die aus regionalen Zutaten frisch und gekonnt zubereitet werden. Und man achtet auch auf die Details: Die freundlichen Bedienungen servieren Beilagen - wie Knödel oder Blaukraut zur Ente - in extra Schälchen, damit die Aromen nicht auf überfrachteten Tellern miteinander verschwimmen. Wegen des köstlichen Schweinebratens, der fein abgeschmeckten Innereien und sorgfältig zubereiteten Fische, begleitet von ganz und gar nicht faden Gemüsebeilagen, kommen die Gäste in Scharen. Sie belohnen die Wirtsleute für ihre Mühen, bayerische Küche auf einem Niveau anzubieten, das sie verdient.

Andechser Straße 2, Seefeld-Unering, Telefon 08153/3409

Paula Morandell

6 / 6

Fire Dragon Lounge: Authentische Hühnerfüße

-

Quelle: Stephan Rumpf

Die bessere Gastronomie ist ja oft ganz schnell erklärt: Es gibt Hummer, Jakobsmuscheln, Steinbutt, Rindfleisch vom Wagyu-Beef oder Bresse-Huhn. Dabei ist das, was als französische oder italienische Küche verkauft wird, letztlich ein idealisiertes Kunstprodukt, das mit der authentischen Küche des Landes nur sehr wenig zu tun hat. Ähnlich verhält es sich mit den jeweiligen Länderküchen, die man in München antrifft. "Der Inder" liefert meist eine von allen landestypischen, feurigscharfen Gewürzen entschlackte Version der üblichen Gerichte, "der Grieche" stellt sein Essen halbwegs heiß, und nicht lauwarm wie daheim, auf den Tisch. Und "der Chinese": Ja mei, was soll man sagen?

Anders die Fire Dragon Lounge: Ein Feuertopf-Restaurant, das zwar auch eine für den Westen bereinigte Version bietet. Aber: Man findet hier auch das Original wie in Wenzhou, Sezuan und Guangdong. Neben Tintenfisch, Garnelen und Fleischfilet hängt man hier beispielsweise auch Algen, Hühnerfüße und Entenzungen in den heißen Sud. Man trifft hier viele Chinesen an, und auch wenn die Küche vielleicht nicht immer westlichen Standards genügt: Authentischer findet man sie in München nirgends.

Paul-Heyse-Straße 29, Telefon 089/59988466

Marcelinus Sturm

© SZ vom 01.12.2016/vewo
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: