Süddeutsche Zeitung

Geplante Sanierung:Was soll nun aus dem Gasteig werden?

  • Die SPD im Stadtrat hat massive Zweifel an den Plänen für eine Sanierung des Kulturzentrums bis 2025 geäußert. Die CSU hält sich noch bedeckt.
  • Grund für die Bedenken ist die gescheiterte Beauftragung des Münchner Architekturbüro Henn. Die Vergabekammer Bayern Süd hatte das Vorgehen der Stadt als rechtswidrig erklärt.
  • Hinter den Kulissen wird bereits nach Möglichkeiten für eine weniger aufwendige Lösung gesucht. Unklar sind dabei nicht nur die Kosten, sondern unter anderem auch, ob das geplante Ausweichquartier in diesem Szenario genutzt werden kann.

Von Heiner Effern

Eine halbe Milliarde Euro sollte die Sanierung des Gasteig kosten, im Herbst 2025 sollte sie abgeschlossen sein, doch momentan gibt es so viele offene Fragen, dass nichts mehr sicher ist. Nicht einmal, ob der Umbau im großen Stil mit einer neuen Fassade überhaupt kommt. Die SPD-Fraktion bringt gerade die Alternative in die Debatte ein, nochmals über eine kleine Sanierung des Kulturzentrums nachzudenken. Die würde sich im Wesentlichen auf eine technische Nachrüstung und eine neue Akustik für die Philharmonie beschränken. "Es gibt viele Unwägbarkeiten wie die Kriterien der jetzt geplanten Vergabe, die zeitlichen Verzögerungen und die dadurch entstehenden Kosten und die möglichen Probleme mit den Urheberrechten. Da muss man Alternativen prüfen", sagt SPD-Stadträtin Julia Schönfeld-Knor.

Die CSU als Regierungspartner ist über die Zweifel der SPD an der großen Sanierung informiert, hält sich aber bedeckt. Bürgermeister und Fraktionschef Manuel Pretzl ist auch Aufsichtsratschef des Gasteig und wirkt zumindest offiziell nicht erzürnt über den Vorstoß. "Unser weiteres Vorgehen ist vollkommen offen. Ich werde keine Entscheidung treffen, bevor ich nicht alles durchdekliniert habe." Aus seinen Worten ist herauszuhören, dass Gasteig-Geschäftsführer Max Wagner eine arbeitsreiche Woche vor sich hat. Bis zur Aufsichtsratssitzung am 20. Februar wird er nicht nur ein Szenario für das weitere Vorgehen nach der gescheiterten Vergabe der Sanierung vorstellen müssen, sondern ein zweites mit dem Neuanfang einer kleinen Sanierung. "Genau das wird nun vorbereitet", bestätigt ein Gasteig-Sprecher. Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hält sich bis zur Sitzung alle Optionen offen. "Ich erwarte mir vom Betreuungsreferat und der Gasteig GmbH dringend rechtssichere Lösungsvorschläge, die die jeweiligen Zeit- und Kostenfolgen darstellen."

Die Misere um die Sanierung des Gasteig erreichte am 21. Januar ihren bisher letzten Höhepunkt. Die Vergabekammer Bayern Süd erklärte die Beauftragung des Münchner Architekturbüros Henn durch den Gasteig und den Stadtrat für rechtswidrig. Drei Büros hatten den Wettbewerb zuvor als gleichberechtigte Sieger abgeschlossen, die beiden dennoch ausgeschiedenen monierten massive Fehler. Nun sucht der Gasteig nach einer Lösung für eine rechtssichere Vergabe, die laut Spruch der Vergabekammer eindeutigen scharfen Kriterien und nicht Geschmacksfragen im Wettbewerbsstil folgen muss. Das bedingt massive Verzögerungen und Mehrkosten.

Ob dann kommende Woche tatsächlich eine Entscheidung über das weitere Vorgehen fällt, müsse der Verlauf der Sitzung zeigen, sagte Aufsichtsratschef Pretzl. Unklar ist zum Beispiel, wie tief greifend Informationen über einen Neuanfang der Planung für eine kleine Sanierung sein können, die in nur einer Woche zusammengetragen werden. Die entscheidenden Fragen könnten folgende sein: Wie teuer wäre dieses Szenario und wie könnte ein Zeitrahmen aussehen? Steht dafür das geplante Interimsquartier zur Verfügung? Was geschieht mit den Verträgen, die bereits für die große Sanierung abgeschlossen sind, etwa für die Anmietung von Gebäuden? Lassen sich diese Vereinbarungen auch für eine kleine Lösung nutzen? Soll man die Ergebnisse des mit viel Aufwand betriebenen Wettbewerbs einfach wegwerfen?

Übergeordnet gilt es auch noch Grundsätzliches zu klären: Will die Stadt nur einen aufgemotzten Konzertsaal und im Übrigen ein Kulturzentrum mit Bibliothek, Volkshoch- und Musikschule, das den Bedarf aus den Achtzigerjahren abbildet?

"Die Bedenken liegen auf der Hand"

Es ist bekannt in der Stadtpolitik, dass viele Stadträte der SPD der großen Sanierung schon immer skeptisch gegenüber standen. Sie bevorzugten die schon damals diskutierte kleine Variante, die etwa 200 Millionen Euro kosten sollte. Eine halbe Milliarde Euro für eine Sanierung, das kam vielen Sozialdemokraten zu protzig daher. Die Panne im Wettbewerb beförderte dieses Unbehagen. "Die Bedenken liegen auf der Hand", sagt nun Vize-Kultursprecherin Schönfeld-Knor. Es war auch ihre Fraktion, die eine öffentliche Debatte über mögliche Probleme mit den Urheberrechten auslöste, die das Team der Architekten aus der Bauzeit des Gasteig geltend machen könnte.

Der damalige Bürgermeister und Aufsichtsratschef Josef Schmid (CSU) wertete dies als Manöver, um seine später trotzdem erfolgreiche Kandidatur für den Landtag zu beschädigen. Ob die Pressemitteilung der SPD erst die massiven Probleme mit den Urhebern auslöste oder sie nur veröffentlichte, darüber streiten die Regierungsfraktionen. Eike Rollenhagen, einer der damaligen Architekten, legte sich jedenfalls öffentlich auf einen Entwurf fest und schloss eine Umsetzung der anderen beiden aus. Auch diese Problematik lässt die SPD an der großen Lösung für die Sanierung des Gasteig zweifeln.

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SZ vom 13.02.2019/smb
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