Sanierung:Ein Monat Verzögerung am Gasteig kostet zwei Millionen Euro

Skulptur "Gerundetes Blau" am Gasteig in München, 2017

Die Uhr tickt bei der Gasteig-Sanierung, der Feind ist der Baupreisindex.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Die Vergabekammer hat kürzlich die Sanierung des Gasteig gestoppt. Die Beauftragung der Architekten war rechtswidrig.
  • Dadurch verliert die Stadt Zeit und natürlich auch Geld. Denn auch das Bauen und Sanieren wird immer teurer.
  • Schätzungen zufolge kostet es die Stadt zwei Millionen Euro pro Monat, den die Sanierung später beginnen muss.

Von Heiner Effern und Gerhard Matzig

Gasteig-Chef Max Wagner erlebt schwere Tage, schließlich hat gerade die Vergabekammer Südbayern die Sanierung seines Hauses gestoppt. Im Stadtrat ist er nun von der SPD massiv gerüffelt worden für sein Krisenmanagement. Wenn Wagner öffentlich sage, dass das keine Mehrkosten und Verzögerungen nach sich ziehen werde, "weiß ich nicht, ob irgendjemand im Raum ist, der das glaubt", sagte Fraktionschef Alexander Reissl. Und dann ganz direkt: "Lassen Sie das in Zukunft bleiben."

Die Grünen hatten die gescheiterte Vergabe der Planung mit einem Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung geholt, viel Neues gab es aber zwei Tage nach der Bekanntgabe nicht. Der Gasteig-Aufsichtsrat wird sich am 1. Februar treffen, um über das weitere Verfahren und den Zeitplan zu entscheiden. Die Vergabekammer hatte am Montag die Beauftragung des Büros Henn Architekten für rechtswidrig befunden und das Verfahren auf das Ende des Wettbewerbs zurückgesetzt. Dort hatten drei Büros den ersten Platz belegt, zwei unterlegene waren erfolgreich gegen die Vergabe vorgegangen.

Knapp drei Monate dauerte alleine das Verfahren vor der Vergabekammer, nun muss an diesem Punkt wieder begonnen werden. Das wird die Stadt Zeit kosten, und wohl nicht nur vier bis sechs Monate, sondern eher ein Jahr, wie nicht nur die FDP vermutet. Und das Projekt wird teurer. Denn am Bau ist Zeit Geld, und so steht jetzt schon fest, dass die Verzögerung Millionen kostet. Jeder Häuslebauer kann sich das ausrechnen.

Laut Statistischem Bundesamt ist etwa der Baupreisindex für Wohngebäude zuletzt um fast fünf Prozent gestiegen - innerhalb eines Jahres. Für gewerbliche Bauten, auch für Kulturbauten, gelten analoge Werte. Das heißt: Wenn die Gasteig-Generalsanierung auf knapp 500 Millionen Euro veranschlagt ist, dann ist diese Summe alle zwölf Monate angesichts der aktuellen Teuerung am Bau um annähernd 25 Millionen Euro aufzustocken. Jeder Monat, in dem das Bauwerk nicht geplant oder realisiert wird, kostet die Steuerzahler etwa zwei Millionen.

Sanierungen sind schwer zu kalkulieren

Zwar dürfte eine Steigerung der Baukosten schon mit einkalkuliert sein, alles andere wäre fahrlässig. Aber erstens hat der Bau konjunkturgemäß zuletzt überproportional hohe Kosten hervorgebracht. Bedingt etwa durch immer höhere Ansprüche an die Energetik, durch unzählige Baunormen, durch einen eklatanten Personalmangel in dem Genehmigungs- und Bauaufsichtsbehörden sowie an Fachleuten und Handwerkern. Bedingt auch durch die steigenden Preise für Stahl, Beton, Sand, Glas - das alles treibt die Kosten enorm.

Zweitens ist die bestehende Teuerung im Falle einer Sanierung, also auch beim Gasteig, nochmals verschärft zu erwarten. Jeder Experte weiß, dass Neubauten viel einfacher zu kalkulieren sind als Eingriffe in den Bestand, die oft üble Überraschungen bergen. Und drittes geht beim Gasteig nun die Zeit, die dem Chaos einer fehlerhaften Vergabe geschuldet ist, von der eminent wichtigen Phase der Vorplanung ab. Die Baukostenskandale der vergangenen Jahre wie etwa die Elbphilharmonie in Hamburg haben eine Erkenntnis erbracht: Wer an der Vorplanung spart, ob zeitlich oder finanziell, der wird in aller Regel bitter mit höllischen Terminverschiebungen und schmerzhaft explodierenden Baukosten bestraft.

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