Starke Resonanz bei "Der Gasteig brummt":Wenn der Löwe in der Papprolle brüllt

Starke Resonanz bei "Der Gasteig brummt": Was ein Horn so alles kann: Bei der Aktion "Der Gasteig brummt" führt Ingrid Hausl durch das Kinderkonzert.

Was ein Horn so alles kann: Bei der Aktion "Der Gasteig brummt" führt Ingrid Hausl durch das Kinderkonzert.

(Foto: Catherina Hess)

Nach zwei Jahren Corona-Pause ist es wieder möglich: Die 70 Mitmach-Aktionen, Konzerte und Workshops begeistern Kinder und Jugendliche für alle Facetten der Musik.

Von Andreas Schubert

Eigentlich hätte es Theresa ja der Kontrabass angetan. Aber weil sie erst vier Jahre alt ist, darf sie sich erst einmal an einer Sechzehntelgeige ausprobieren. Mit konzentriertem Blick streicht sie den Bogen vorsichtig über die Saiten. Und was dabei herauskommt, erinnert zwar noch nicht ganz an Anne-Sophie Mutter oder Julia Fischer - aber das kann ja noch werden.

Am Freitag und Samstag haben Tausende Kinder den Gasteig HP8 und die Isarphilharmonie in Beschlag genommen. Erstmals fand die Veranstaltung "Der Gasteig brummt" im neuen Ausweichquartier in Sendling statt. Und ebenso zum ersten Mal lief die vor 19 Jahren ins Leben gerufene Aktion zwei Tage lang.

Es geht bei "Der Gasteig brummt" vor allem um Spaß und darum, Kindern die Welt der Musik in all ihren Facetten nahe zu bringen und zu zeigen, dass Musik, auch die klassische, alles andere als eine stocksteife und eher langweilige Angelegenheit ist. Die beiden vergangenen Jahre musste die Veranstaltung wegen Corona ausfallen.

In der ehemaligen Trafohalle wuselt es gewaltig

Umso größer ist diesmal der Andrang bei den rund 70 Mitmach-Aktionen, Konzerten und Workshops. In der ehemaligen Trafohalle, die jetzt als Foyer der Isarphilharmonie dient, wuselt es gewaltig. Die meisten der einzelnen Veranstaltungen sind restlos ausverkauft. Besonders gefragt ist alles, was sich anfassen und ausprobieren lässt, wie das Gedrängel an den Ständen der Instrumentenbauer im Foyer zeigt.

Auch im Kulturvermittlungsraum ist es eng. Hier stellt der Verein C.O.N. Sonanza Kindern Blasinstrumente vor. Gerade demonstriert Saxophon-Lehrer Zihao Wang, wie man aus dem Mundstück einen Ton herausbringt. Jedes Kind darf es mal versuchen, Wang erklärt, dass so ein Instrument für einen Musiker im Prinzip das gleiche ist wie der Hals für einen Sänger und gibt den jungen Interessenten einen wichtigen Tipp: "Nicht beißen."

C.O.N. Sonanza bietet Kindern und Jugendlichen zwischen sieben und 17 Jahren kostenlosen Unterricht in Blas- und Streichinstrumenten an. Kinder aus allen gesellschaftlichen Schichten nutzen diese Chance. Ziel ist es, ein Orchester und einen Chor aufzubauen, der Münchner Verein verfolgt dabei den Ansatz des aus Venezuela stammenden und mittlerweile in 70 Ländern etablierten Kultur- und Sozialprojekts El Sistema. Für die Vorsitzende von C.O.N. Sonanza, Constanza Vagnini-Holbl, kann man Musik gar nicht genug fördern, so wichtig sei sie für alle möglichen Kompetenzen wie Kreativität, Teamfähigkeit, Weltoffenheit, Geduld oder Empathie.

Pferdegetrappel lässt sich mit Kokosnussschalen imitieren

Kreativität ist auch im Metier von Max Bauer gefragt. Der gelernte Schlagzeuger arbeitet als Sound Designer und Geräuschemacher für Theater- und Filmproduktionen. Im "Projektor" genannten Saal des HP8 demonstriert er Dutzenden Kindern und deren Eltern fasziniert, mit welch einfachen Mitteln früher Soundeffekte erstellt wurden. Für einen Frosch reicht es, den Daumen in einem Eierbecher oder einem Schnapsglas zu drehen, mit einer Küchentuch-Papprolle lässt sich das Gebrüll eines Löwen imitieren und - tatsächlich - mit Kokosnussschalen Pferdegetrappel.

Nicht nur Kinder, auch die Erwachsenen lernen viel an den beiden Aktionstagen. So gibt der Gasteig auch interessante Einblicke hinter die Kulissen der Philharmonie, man erfährt, wie Yasuhisa Toyota wegen der pandemiebedingten Reisebeschränkungen die Akustik der Isarphilharmonie in Japan am Computer entworfen hat und sie erst kurz vor der Eröffnung dann zum ersten Mal live testen konnte. Wie er das anstellte: Er verteilte Papiertüten an mehrere Leute, die sie dann aufblasen und zum Platzen bringen sollten. Als es ordentlich knallte, so erzählt es Gasteig-Pressereferentin Melanie Brandl, habe er zufrieden genickt.

Als man dann die Münchner Symphoniker unter der Leitung von Olivier Tardy das Alphornkonzert von Leopold Mozart spielen hört, mag man gar nicht glauben, dass die Isarphilharmonie irgendwann tatsächlich wieder abgebaut werden soll, so gut klingt das in dem Saal. Die Kinder, teilweise noch sehr klein, scheinen die alten Klänge und dieses seltsame Trumm von einem Instrument auf der Bühne jedenfalls gut zu finden.

Aber, so erzählt es Melanie Brandl, das Gebäude sei extra wie ein Lego-Haus gebaut worden, einfach zu demontieren und woanders wieder aufzustellen. Dann soll auch die denkmalgeschützte Trafohalle wieder in den ursprünglichen Zustand zurückgebaut werden. So schnell wird das aber nicht passieren. Weil bei der Sanierung des Gasteigs in Haidhausen gerade nichts vorwärts geht, werden das HP8 und die Isarphilharmonie wohl noch einige Male brummen und vor lauter Kindern nur so wimmeln.

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