Gartenprojekt in Giesing:"Viele Kinder aus der Stadt wissen gar nicht, wie eine Tomate wächst"

Gartenprojekt in Giesing: Über den Dächern von Untergiesing: In der Garten-Werkstatt der "Färberei" zieht Elisabeth Forster auch seltene Gemüsesorten.

Über den Dächern von Untergiesing: In der Garten-Werkstatt der "Färberei" zieht Elisabeth Forster auch seltene Gemüsesorten.

(Foto: Robert Haas)

Vor einem Jahr hat das Team der Färberei auf dem Dach seines Kulturzentrums einen Garten angelegt. Dort wachsen nun "Green Doctors", "Goldita" oder "Sunrise Bumble Bee". Und Jugendliche sollen wieder Zugang zur Natur finden.

Von Nico Kellner

Mit Blick auf die Dächer Untergiesings und der Au reifen in der Claude-Lorrain-Straße seit diesem Jahr Tomaten. Auf der Dachterrasse des Jugend-Kulturzentrums "Färberei" des Kreisjugendrings München-Stadt haben Elisabeth Forster und ihre Kollegen einen Garten angelegt. Die sogenannte Dachgarten-Werkstatt folgt dem Prinzip der "Färberei", bei dem Kinder und Jugendliche kostenlos in die unterschiedlichen Werkstätten hineinschnuppern können - von der Keramikherstellung über die Schreinerei bis hin zum Kochen und der Medienproduktion. "Alle die Lust haben, mit zu gärtnern, können kommen", erzählt Elisabeth Forster.

Angepflanzt werden über den Giesinger Dächern aber nicht etwa ganz gewöhnliche Gemüsesorten. "Wenn man wenig Platz hat, muss man sich die Perlen aussuchen", so Forster. Darum gedeihen im Dachgarten der "Färberei" ganz spezielle Sorten, die man in keinem Supermarkt findet. So etwa alte und besondere Tomatenpflanzen wie "Green Doctors", "Goldita" oder "Sunrise Bumble Bee". Auch die Mexikanische Minigurke und das Japanische Basilikum sind in der internationalen Anpflanzung vertreten.

Gartenprojekt in Giesing: So sieht sie aus, die mexikanische Gurke - mini ist sie wirklich.

So sieht sie aus, die mexikanische Gurke - mini ist sie wirklich.

(Foto: Robert Haas)

"Diese Früchte findet man normalerweise in Sternerestaurants", erzählt Elisabeth Forster, die sich neben ihrem Hauptberuf als Lehrerin um den Garten kümmert. Sie verbringt dort viel Zeit und genießt es, sich um die Pflanzen zu kümmern. "Das hat fast etwas Meditatives und Entspannendes, wenn man so vor sich hinarbeiten kann." Sie entdecke dann oft Vögel, die ab und zu vorbeikommen, und wende sich ganz ihrer Arbeit im Garten zu.

Da will Elisabeth Forster dann auch hundert Prozent geben. Sie hat eigens einen Färber-Workshop besucht und gelernt, wie sie aus besonderen Blüten Farben herstellen kann. Eine Arbeit, die heute kaum mehr gemacht wird und in Hinblick auf die Menge an Blüten, die sie für ausreichend Farbe benötigt, auch nicht unbedingt rentabel ist. Aber darum geht es ihr auch nicht.

Gartenprojekt in Giesing: Natürliche Schönheiten: Unter anderem Blüten der Kapuzinerkresse, Tomaten und Himbeeren können Kinder in der Garten-Werkstatt säen und ernten.

Natürliche Schönheiten: Unter anderem Blüten der Kapuzinerkresse, Tomaten und Himbeeren können Kinder in der Garten-Werkstatt säen und ernten.

(Foto: Robert Haas)

Sie möchte vielmehr die alten Methoden anwenden und sie an Kinder weitergeben. Sei es nun in der Farbherstellung oder dem Gärtnern an sich: "Viele Kinder aus der Stadt wissen ja gar nicht, wie eine Tomate wächst und dass die nicht nur in Plastik eingewickelt im Supermarkt liegen." Die jungen Leute sollen auch mal Karotten aus der Erde ziehen und mit der Natur im Einklang sein. Der Dachgarten biete natürlich nicht das,was man auf einem richtigen Feld erleben könne; aber dafür, dass er mitten in der Stadt ist, sei es "ein guter Kompromiss".

Elisabeth Forster hofft sehr, dass auch die Pandemie ihr ab dem nächsten Frühjahr mehr Spielraum gibt. Denn sie würde gerne mehr Kinder in den Garten lassen und auch die Familien aus dem Viertel an ihrem Projekt teilhaben lassen. Heuer sei es "eher ein Ankommen und Schauen" gewesen. Ab dem nächsten Jahr wolle sie dann richtig starten.

Bisher haben ihr in erster Linie Praktikanten der "Färberei" geholfen. "Alleine würde ich das gar nicht hinkriegen", sagt sie, "ich bin ja keine gelernte Gärtnerin". Deshalb funktionieren "manche Sachen super" und andere "überhaupt nicht". Aber Elisabeth Forster lässt sich dadurch nicht entmutigen: "Ich probiere jetzt einfach mal aus."

Der Garten sei eine "kleine Oase" und eine "sinnliche Erfahrung" für sie. Auch für Vögel und Insekten sei er mitten in der Stadt gut gelegen. "Eigentlich müsste es viel mehr solche Gärten geben", schwärmt Forster, während sie über die Beete hinwegschaut - direkt auf die Mariahilfkirche und die Dächer von Untergiesing.

Der Dachgarten der Färberei ist eine offene Werkstatt für alle Kinder und Jugendlichen, die sich für die Arbeit mit Pflanzen interessieren. Er befindet sich im Rückgebäude der Claude-Lorrain-Straße 25 in Untergiesing.

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