Kritik:Elektrisierend lebendig

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Sir John Eliot Gardiner und das Symphonieorchester des BR spielen im Herkulessaal mit Verve.

Von Klaus Kalchschmid

Ach würden Dirigenten doch immer derart spannende Konzerte jenseits des Mainstreams zwischen Beethoven, Brahms und Bruckner programmieren: Sir John Eliot Gardiner widmete sich einen knappen Monat vor seinem 80. Geburtstag mit dem Symphonieorchester des BR im Herkulessaal Joseph Haydns f-Moll-Symphonie "La Passione" von 1768, Arien aus Opern von Carl Maria von Weber aus den 1820er Jahren und zur Krönung der ersten Symphonie des 16-jährigen Franz Schubert.

Obgleich in relativ großer Besetzung gespielt, verblüfften da eine sehnige Gespanntheit, elektrisierende Lebendigkeit und ein Drive, dass man hätte mittanzen wollen; nicht nur im so lebenslustvollen Trio des Scherzos, sondern auch im überschäumenden, mit großer Verve dargebotenen Finale. Schon nach dem Kopfsatz war die Begeisterung im Publikum derart groß, dass es um ein Haar Beifall gegeben hätte.

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Zwischen den beiden Symphonien aus Klassik und Frühromantik im Abstand von 45 Jahren sang die Sopranistin Lucy Crowe in der Originalfassung auf Englisch mit präziser Attacke in der Höhe und großer Leidenschaft die virtuos herausfordernde Szene der Rezia "Ocean! Thou mighty monster" sowie die kontemplative Trauerarie "Mourn thou, poor heart" aus Webers letzter Oper "Oberon" (1826), nach der Pause folgte Agathes "Leise, leise, fromme Weise!" aus dem "Freischütz". Allesamt Arien, die eigentlich durchkomponierte Szenen sind mit der Darstellung wechselnder Gefühle.

Dagegen war der Beginn mit Joseph Haydns "La Passione" manchmal noch ein wenig zu gemessen und abgezirkelt. Das lag vielleicht auch am für alle vier Sätze ungewöhnlichen Moll und dem langsamen Tempo des Kopfsatzes oder daran, dass die Schubert-Symphonie mehr Probenzeit bekam - und von den Streichern im Stehen gespielt wurde! Vielleicht war es nur Einbildung, aber man glaubte, diese für die BR-Symphoniker ungewohnte Körperhaltung und -spannung nicht zur mit den Augen, sondern auch den Ohren wahrzunehmen.

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