Süddeutsche Zeitung

Internationales Restaurant "Garden und Atelier im Bayerischen Hof":Neue Dimensionen

Lesezeit: 3 min

Der Bayerische Hof ist bekannt für sein Theater, Faschingsbälle und die Sicherheitskonferenz. Auch für Feinschmecker gibt es gute Gründe, dort vorbeizuschauen.

Von Felix Mostrich

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Auf kulinarischem Sektor ist die Stadt München von ihren Rändern her missioniert worden. Die ersten Sterne-Restaurants in den siebziger und achtziger Jahren lagen allesamt außerhalb der Altstadt. Der rasche Aufstieg der damals "heimlichen Hauptstadt Deutschlands" zur gastronomischen Metropole und zum Zentrum der Nouvelle Cuisine hat sich ganz ohne Beteiligung der Innenstadt ereignet.

Heute sind die Gewichte deutlich anders verteilt. Einige der kreativen Köche sind in der Altstadt zu Institutionen geworden. Und in den wenigen Spitzenhotels der Innenstadt hat man - einem Trend folgend - Gourmetrestaurants eingerichtet, um die begehrten Michelin-Sterne ans Haus zu binden.

Der Bayerische Hof mit seiner im Lauf der Jahrzehnte immer wieder nachgebesserten Wiederaufbauarchitektur, mit seinem integrierten barocken Adelspalais und seinem hauseigenen Komödientheater, mit dem Palaiskeller und dem Trader Vic's, mit den Faschingsbällen und Jazzkonzerten und dem Monsterunternehmen der so genannten Internationalen Sicherheitskonferenz ist immer schon ein Biotop ganz besonderer Art gewesen. Doch für trainierte Feinschmecker gab es trotz dreier Restaurants wenig Gründe, dort vorbeizuschauen.

Das hat sich geändert. Seit einem Jahr ist das im Erdgeschoss des Hauptbaus gelegene Garden-Restaurant neu gestaltet und in zwei getrennte Lokale aufgeteilt. Der belgische Raumgestalter Axel Vervoordt - er ist durch exquisite Wohnungseinrichtungen bekannt geworden - hat den beiden Restaurants mit geschickt aufeinander abgestimmten edlen Materialien und dezent platzierten Kunstwerken eine Atmosphäre von unaufdringlicher Eleganz gegeben.

Im mächtig erweiterten, zum Hof hin geöffneten Glasschrein des Restaurants Garden zelebriert das Küchenteam unter seinem kreativen Chef Hotelküche auf gutem bis hohem Niveau. Im dahinterliegenden intim-stillen Gourmet-Restaurant Atelier greift Küchenchef Steffen Mezger nach den Sternen: Hier darf er endlich zeigen, wie er mit dem, was er bei den Spitzenköchen Eiermann, Winkler und Haas gelernt hat, dem Hotel neue Dimensionen erschließt.

Fangen wir im Garden an: Hier kann sich der Gast an bewährte Klassiker wie das Wiener Schnitzel halten oder sich mit dem viergängigen Tagesmenü zu 58 Euro in gewagtere Regionen begeben. An unserem Besuchstag konnte man der vorgeschlagenen Abfolge interessant kombinierter und vorzüglich zubereiteter Einzelgerichte fast ausnahmslos Lob zollen. Lediglich der geschmorte Portulak, der mit der rosigen Barbarie-Entenbrust serviert wurde, fiel aus der Rolle: Er war deutlich versalzen.

Mit einzelnen Kreationen kam man im Garden-Restaurant sogar dem, was nebenan im Atelier zelebriert wird, recht nahe: etwa mit den fein geräucherten Jakobsmuscheln, mit der zartsaftigen Brust vom Schwarzfederhuhn oder den konfierten fleischigen Backen des Winterkabeljaus Skrei in der Koriander-Mousseline.

Im Gourmet-Refugium Atelier kann man zwischen einem fünfgängigen Menü zu 90 und einem siebengängigen zu 120 Euro wählen oder einzelne Gänge zu einer Folge zusammenstellen. Der hohe Anspruch des Lokals wird schon in den diversen "Grüßen" aus der Küche deutlich. Selbst wo Fisch oder Fleisch roh verarbeitet sind, verraten die Zutaten, wie viel Phantasie, Arbeit und Sorgfalt hinter diesen Kompositionen stecken. Die Fülle der sich ergänzenden Geschmacksdetails ist oft überwältigend.

Die schlichte Bezeichnung "Galizierkrebse mit Schwarzwurzel" etwa bietet neben den Flusskrebsen gleich drei originelle Zubereitungen von Schwarzwurzeln: in Schaumform, als Creme in einer Teigrolle und halbroh als hauchdünn gehobelte Scheibchen, die ihren schwarzen Rand nicht eingebüßt haben. Im Dessert "Variation von Orange, Topfen und Ingwer" tun sich eine buttrig dahinschmelzende Topfencreme, eine mit Sesam umwickelte warme Topfenrolle und allerlei Mixturen und Aggregatzustände von Orange und Ingwer zu einer himmlischen Einheit zusammen.

Enttäuschend im Menü war lediglich der Käsegang "Munster mit Gewürztraminer, Kümmelöl und angemachten La Ratte": Außer dem kleinen, reifen Stückchen Käse war auf dem Teller fast nichts zu entdecken. Steffen Mezger begeistert seine Gäste nicht nur durch die Qualität der Zutaten und durch die Vielfalt der Zubereitungsarten, er spielt auch sehr virtuos mit den exotischen Reizen importierter Spezialprodukte.

Während sich einige seiner großen Kollegen in den letzten Jahren ganz auf die immer besser gewordenen Produkte der eigenen Region konzentrierten, lässt Mezger mit großem Glanz auffahren, was der internationale Delikatessenmarkt an Entdeckungen anbietet: Knollenziest und Belugalinsen, La-Ratte-Kartoffeln und Doux-des-Cevennes-Zwiebeln, Quinoa-Blätter aus den Anden und Austern aus dem Atlantik, ungestopfte Gänseleber aus Ungarn, Flusskrebse aus der Türkei, Lachsforelle aus Alaska, Kaisergranat aus Norwegen und Fleisch vom Schwarzen Schwein aus dem französischen Pyrenäenvorland - wobei man zugeben muss, dass der konfierte Bauch und die geschmorte Backe vom "Noir de Bigorre" tatsächlich an Feinheit schwer zu übertreffen sind.

Aber die heimische Ausnahme auf der Speisekarte des Ateliers, das Poltinger Lamm - Rücken und Bauch in Schichten übereinandergelegt, die Brieskügelchen gebacken - kann bei den internationalen Spitzenprodukten bestens mithalten. Dass in beiden Restaurants gute bis überragende Weine aus allen wichtigen Regionen der Welt zu gehobenen Preisen in Flaschen, aber auch offen ausgeschenkt werden, ist selbstverständlich.

Wer sich dort einen Abend gönnt, tut gut daran, zu den einzelnen Gängen die auf der Karte vorgeschlagenen passenden Weine zu probieren. Besonders eindrucksvoll war die Kombination von geräuchertem Hering und Zuchtkaviar mit Robert Weils Rheingau-Riesling und die von Poltinger Lamm - nein nicht mit Bordeaux oder Rioja, sondern mit Meyer-Näkels Spätburgunder von der Ahr.

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Quelle:
SZ vom 22.02.2010
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