Süddeutsche Zeitung

TU München:Nur die U-Bahn zum Flughafen fehlt noch

  • An der TU München eröffnet in Garching das Bauvorhaben "Galileo" - der Wissenschaftscampus wächst damit weiter.
  • Das Haus ist 200 Meter lang und 48 Meter breit und bietet allein oberirdisch 36 000 Quadratmeter Fläche.
  • Galileo beherbergt Büros, Läden, Restaurants, die Campus-Kirche, ein Hotel- und Kongresszentrum und Gästeapartments.
  • Wächst da eine Stadt vor der Stadt? Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) sieht darin kein Problem.

Von Gudrun Passarge, Garching

Das "kommunikative Herz" in der Mitte des Garchinger Wissenschaftscampus füllt sich mit Leben. Galileo, wie die "neue Mitte" heißt, bringt Büros, Läden, Restaurants, die Campus-Kirche, ein Hotel- und Kongresszentrum und Gästeapartments auf den Campus der Technischen Universität, auf dem sich täglich etwa 17 000 Studenten und 10 000 Mitarbeiter aufhalten. Der scheidende TU-Präsident Wolfgang Herrmann, der das Projekt auf den Weg gebracht hat, äußerte sich beim festlichen "Soft Opening" im Audimax sehr zufrieden, dass Galileo bald ganz fertig sein wird. Dennoch fehlt ihm etwas. "Jetzt brauchen wir nur noch die U-Bahn-Verlängerung zum Flughafen, dann sind wir fast wunschlos glücklich", sagte er an Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) gerichtet. Erst diese Flughafenanbindung vollende die Internationalität der TU.

Auf diesen Tag haben viele Menschen in Garching lange gewartet. Der Wissenschaftscampus wächst beständig, Institute der Fraunhofer- und der Max-Planck-Gesellschaft sind hier angesiedelt, Konzerne wie SAP und Siemens wollen groß bauen. Herrmann hatte früh die Idee, Leben auf den Campus zu bringen: Einkaufs- und Verweilmöglichkeiten schaffen und natürlich auch noch ein Platzangebot für die TU samt der Möglichkeit, hier Kongresse abzuhalten. Herrmann sieht das Potenzial von Galileo: "Circa 12 000 Quadratmeter Büroflächen stehen für die Projekte der Exzellenzstrategie und für das 'TUM Industry on Campus'-Konzept zur Verfügung." Der international führende Automobilzulieferer Dräxlmaier habe bereits einen Standort hier eröffnet.

Der TU-Präsident erinnerte daran, dass der Freistaat in seiner Amtszeit, die am 30. September endet, mehr als zwei Milliarden Euro in Campusbauten investiert hat. Aber für Galileo, wo auch Gewerbeflächen vermietet werden, gab es kein öffentliches Geld. "Das war nur über Public-Private-Partnership durchzusetzen", sagt Herrmann. Galileo wurde von privaten Investoren gebaut, hat aber das Grundstück in Erbpacht bekommen mit der Auflage, der TU sehr günstig Räume zu vermieten.

Das Haus ist 200 Meter lang und 48 Meter breit und bietet allein oberirdisch 36 000 Quadratmeter Fläche, hinzu kommen noch drei Geschosse im Untergrund, in dem auch mehr als 500 Parkplätze zur Verfügung stehen. Doch bis zur Fertigstellung hat es gedauert. Zuerst brachte die Bankenkrise den Zeitplan durcheinander, dann ein Gerichtsstreit mit dem Architekten, der die Ausschreibung gewonnen hatte, dessen Entwurf aber nicht umgesetzt werden sollte. Gebaut wurde schließlich nach dem Entwurf des Zweitplatzierten, Nickl und Partner Architekten aus München. Spatenstich war 2014. Danach wurden immer wieder Eröffnungstermine angesetzt und verschoben. Auch in der Projektbetreiber- und Investorengruppe gab es Wechsel. 2017 stieg Oliver Soini von Soini Asset Immobilien mit Sitz in Salzburg ein, er bringt das Projekt jetzt zusammen mit seinem Partner, der Peter Möhrle Holding, zum Abschluss. Schon im Frühjahr hatte er versprochen, dass die Studenten im Herbst das neue Audimax mit seinen 1300 Plätzen nutzen können. Die anderen Gebäudeteile werden erst später fertig. Die Hotels sollen bis zum Jahreswechsel eröffnet werden, die Einkaufsmall soll voraussichtlich im Frühjahr fertig sein.

Die Studenten sind enttäuscht, dass es noch etwas dauert, aber sie freuen sich über die zusätzlichen Räume, denn es gibt beispielsweise Vorlesungen in Informatik, die sich an 1700 Studenten richten und auf drei Räume aufgeteilt werden müssen. In Zukunft sind es dann nur noch zwei. Viele warten besonders auf die Läden, wie etwa den großen Edeka oder den Schreibwarenladen. Ein Fitnesszentrum hat Galileo bereits, ein Friseur und diverse Lokale werden folgen. Selbst ein eigenes Garchinger Campusbier wird künftig in einem Brauhaus ausgeschenkt.

Eine große Fläche wird die Bierwirth & Kluth Hotelmanagement GmbH künftig bewirtschaften. Sie eröffnet hier das Marriot Courtyard Garching mit 256 Zimmern und großem Restaurant. Außerdem verwaltet sie das Science Congress Center Munich, zu dem das Audimax gehört, dessen gute Akustik von den Bauherrn gepriesen wird, wie auch diverse Veranstaltungsräume. Hinzu kommt noch das Stellaris Apartment Hotel mit 159 Gästeapartments.

Schon in naher Zukunft, wenn die Fakultät der Elektrotechnik nach Garching umzieht, werden es rund 22 000 Studenten sein, die am Campus lernen, mehr als die Stadt Einwohner hat. Wächst da also eine Stadt vor der Stadt? Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) sieht darin kein Problem. "Der Campus ist unser Aushängeschild und wir haben dieses Projekt von Anbeginn unterstützt." Er sieht sogar Vorteile für Garchinger, die künftig vielleicht Veranstaltungen im Audimax erleben werden. Außerdem sei durch die neue Infrastruktur jetzt die Voraussetzung geschaffen, dass auch studentisches Wohnen am Campus möglich ist, da man sich hier jetzt auch versorgen kann. "Und wenn auch am Campus Menschen leben, wird es zwangsläufig zu einem gesteigerten Miteinander kommen", hofft der Bürgermeister der Universitätsstadt.

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Quelle:
SZ vom 18.09.2019/flud
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