Beinahe zehn Monate ist es her, dass im Forschungsreaktor FRM II in Garching radioaktives Kohlenstoffdioxid in geringen Mengen ausgetreten ist. Der Betreiber der Forschungsneutronenquelle, die Technische Universität München, hatte das Ereignis im Mai vergangenen Jahres publik gemacht, als klar wurde, dass dadurch der zugelassene Jahresgrenzwert der Anlage um 15 Prozent überschritten worden war. Es habe jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Anwohner oder die Umwelt bestanden, hieß es.
Diese Aussage unterstreicht die TU weiterhin, allerdings korrigiert der Betreiber seine Einschätzung vom Mai und stuft das Geschehen nun als "Störung" ein. Bisher hatte die Betriebsleitung den Vorfall auf der siebenstufigen internationalen Bewertungsskala für atomare Ereignisse (INES) mit dem Wert null angegeben, nun wird er auf die Stufe eins hochgestuft.
Garchinger Forschungsreaktor:Grüne: Mitarbeiter "mit dem Atommüll allein gelassen"
Nach dem Austritt von radioaktivem Kohlendioxid läuft die Aufarbeitung des Vorfalls. Eine Anfrage der Grünen zeigt nun, dass es keine Kontrolle für die korrekte Installation der Filtereinrichtung gab.
Die Entscheidung sei "nach intensiver Diskussion mit internen und externen Stellen" gefallen und sei "ausschließlich auf Grund einer formalen Anforderung aus dem INES-Handbuch in Bezug auf radiologische Ableitungen erfolgt", teilt der Technische Direktor des FRM II, Axel Pichlmaier, in einer Veröffentlichung mit. Das Nuklid C-14 war während Wartungsarbeiten am Reaktorbecken Ende März 2020 in Form von radioaktivem Kohlenstoffdioxid über die Lüftung entwichen, weil ein Mitarbeiter es versäumt hatte, eine Abscheideanlage anzuschließen.
Gegner des Forschungsreaktors sehen sich durch diesen Vorfall in ihrer Kritik bestätigt. Sie fordern eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls - und eine dauerhafte Stilllegung des Reaktors. Aufgrund der Corona-Pandemie ist der Forschungsreaktor seit Mitte März 2020 nicht in Betrieb. Nach Ansicht von Hauke Doerk, Referent für Radioaktivität am Münchner Umweltinstitut, soll das auch so bleiben. Die bayerische Atomaufsicht müsse nun Konsequenzen ziehen und den Weiterbetrieb untersagen, fordert er, und das nicht nur wegen des ausgetretenen radioaktiven Kohlenstoffs. Einem vom Umweltinstitut beauftragten Rechtsgutachten zufolge ist der Betrieb des FRM II, einer der leistungsstärksten Neutronenquellen in Europa, mit hoch angereichertem Uran bereits seit 2011 nicht mehr durch eine Genehmigung gedeckt.
Die TU hatte nach dem Bekanntwerden des C14-Austritts versichert, ihr Sicherheitskonzept für den Reaktor neu aufzustellen.