Gancia-Award: Salt:Einfach Spaß an der Küche

Daniel Tenschert verbindet in seinem Restaurant "Salt" hohe kulinarische Kunst mit einer lockeren und entspannten Atmosphäre.

Christian Rost

Der Chef nennt seinen Laden "Villa Kunterbunt": An der Frontseite der Bar im "Salt" schimmert ein silbernes Relief, die mit türkisfarbenem Stoff bezogenen Schalensessel stehen an kleinen Tischen mit dicken Ulmenholzplatten. Die Stühle auf der Terrasse stammen aus Bundeswehrbeständen. Und oben, auf der Galerie, wirkt die Einrichtung eher zurückgenommen streng. Sobald aber jemand vom Service, in Jeans und bunt bedrucktem T-Shirt, am Tisch erscheint, ist er schon wieder da, der Kontrast zur Küche. Nur wenige Restaurants in München trauen sich bei gehobenem kulinarischem Anspruch so viel Understatement im Auftritt. "Manche Gäste in gesetztem Alter irritiert das tatsächlich", sagt Betreiber Daniel Tenschert. Er aber, der Hotelfach im Vier Jahreszeiten gelernt und in Trendläden wie dem "Pacha" gearbeitet hat, mag die entspannte Atmosphäre in seinem noch jungen Lokal am Rundfunkplatz 4. "Lachen ist bei uns erlaubt", sagt der 31-Jährige und grinst.

Sobald die Teller auf den Tischen stehen, ist ohnehin jeder Stilbruch verziehen: Was Murri Keljmeni und seine vierköpfige Crew allwöchentlich aus der winzigen Küche auf die Karte bringen, ist schon beeindruckend: Aus elf Gerichten mittags und zwölf abends können die Gäste wählen. Bei den Hauptgängen zum Beispiel einen Kalbsrücken mit Basilikumknödel mit zweierlei Bohnen. Diese Kombination ist typisch für die Experimentierfreude der Küche, ebenso das Rinderfilet mit Topinamburpüree und Chorizzo-Paprikastrudel. Je acht rote und weiße Weine deutscher, österreichischer und italienischer Provenienz hält Tenschert als Begleiter zu seinen ungewöhnlichen Geschmackserlebnissen vor.

Aus dem Angebot stellen sich die Gäste ihre Menüfolgen selbst zusammen. Drei bis fünf Gänge oder auch nur ein Hauptgericht sind möglich. Weil die Preise mit 32 Euro für das Drei-Gänge-Menü vergleichsweise moderat sind, ist es mittags oft sehr voll in dem lichten Lokal, es gibt nur 60 Plätze. Auch Medienleute von der benachbarten Abendzeitung oder dem Bayerischen Rundfunk gegenüber verbringen ihre Pausen gern im Salt, das etwas verborgen in der nordwestlichen Ecke der Hopfenpost untergebracht ist.

Zum Erfolg hat zweifellos Küchenchef Keljmeni das Restaurant geführt. Der gebürtige Kosovare ist ein echter Küchenenthusiast - schon als er 1994 im "Bayerischen Hof" als Spüler angefangen habe, sei er einfach nur glücklich gewesen, in einer Küche stehen zu dürfen. Nach einer Kochlehre im Aschheimer "Schreiberhof" und Meisterjahren im "Nektar" ist der 35-Jährige nun selbst tonangebend am Herd. Seinen Stil beschreibt er als "bodenständig, hochwertig und ein bisschen kreativ". Das ist schon wieder Understatement. Keljmeni nimmt man es jedenfalls ab, wenn er sagt, dass er alle Gewürze "liebe". Was gerade bei manchen Münchner Szenegastronomen wie ein Zugeständnis an den Zeitgeist wirkt, ist bei ihm echte Lust am Komponieren - ohne den Gast zu überfordern. Aus jedem Gemüse zum Beispiel will Keljmeni ein spezielles Geschmackserlebnis machen. Die sechs Sauteusen sind bei diesem Aufwand im Dauereinsatz.

Steht er gerade nicht in seiner grauen Kochjacke am Herd, sucht er mit Daniel Tenschert nach Produkten für seine jahreszeitlich geprägte Küche. Das können Starnberger See-Aale oder - jetzt im Frühjahr wieder - der Bärlauch aus dem Garten von Tenscherts Mutter am Wörthsee sein. Nur den verbreiteten Schwur auf Bioprodukte machen die beiden nicht mit. "Ich nehme gern Biogemüse", sagt der Koch, aber es müsse nicht immer sein. "Konstante Qualität" sei ihm wichtiger. Das Fleisch kommt deshalb nicht aus dem Großmarkt, sondern direkt vom Metzger aus dem Schlachthofviertel.

Beharrlich verfolgt auch Tenschert sein Konzept seit der Eröffnung des Salt im Sommer 2009. Im Gegensatz zu dem einen oder anderen Kollegen, der nach ersten Erfolgen gleich nach den Sternen greifen wolle, bleibt er auf dem Teppich: "Ich will nicht reich werden mit meinem Laden, sondern Spaß haben."

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