Gancia-Award: Atelier:Entspannt und elegant

Wo die Gourmets ganz locker bleiben können: Steffen Mezger vereint im Restaurant "Atelier" im Bayerischen Hof Bodenständiges und Außergewöhnliches.

Christian Mayer

Braun ist die dominierende Farbe hier, ein warmer, weicher Holzton, Naturstein, auch die Kunstwerke eines Antwerpener Malers an den Wänden fügen sich ein ins Gesamtbild voralpenländischer Eleganz. Eine Art Künstleratelier - das wollte der auf private Räume spezialisierte Designer und Antiquitätenhändler Axel Vervoordt verwirklichen. Und so ist das "Atelier" im Bayerischen Hof ein gastronomisches Kammertheater geworden, kein kühler Gourmettempel, in dem sich die Gäste nur flüsternd unterhalten.

Der Mann, der hier an fünf Tagen der Woche seine Handschrift hinterlässt, ist ein 32-jähriger Schwabe. Seine Heilbronner Mundart kann Steffen Mezger nicht verleugnen, auch wenn er mit Wörtern deutlich sparsamer ist als mit Einfällen. Man glaubt ihm sofort, dass er selbst am späten Vormittag, wenn seine 16-köpfige Brigade alles für den Abend vorbereitet, keine Zeit für Palaver hat. Schließlich hat Mezger gerade wieder eine Idee; dieses Mal will er seine Gäste mit einer neuen Hummer-Kreation überzeugen. "Erst wollte ich ja eine Fenchel-Absinth-Soße, aber das war doch zu heftig", erzählt er. "Jetzt haben wir eine Lakritz-Note, das passt gut zum Fenchel. Beim zwölften Versuch hat's endlich geklappt."

Seit September 2009 ist Mezger Küchenchef im "Atelier" und im ebenfalls neu gestalteten "Garden Restaurant". Mit beiden Lokalen will der Bayerische Hof nicht nur Hausgäste ansprechen, sondern auch ein anspruchsvolles Münchner Publikum, das sich für gutes Essen interessiert. "Früher hätte ich dem Wunsch nicht nachgegeben, ein Gourmetrestaurant zu eröffnen, das den Anspruch eines Guide Michelin erfüllt", sagt Hotelchefin Innegrit Volkhardt. Gehobene Gastronomie in München, das war eine Herausforderung - es gab gute bayerische Lokale, anständige Italiener, ordentliche Franzosen, ansonsten aber eine gewisse Bräsigkeit, die gerne als Gemütlichkeit verkauft wird. Wer eine Nummer höher griff und einen Sternekoch aufsuchte, musste sich dem Diktat der Förmlichkeit beugen; die Atmosphäre war oft so steif wie das gestärkte Tischtuch. All das sei irgendwie nicht mehr zeitgemäß, findet Innegrit Volkhardt: "Wichtig ist nur, dass der Gast Spaß hat."

Wer nicht Wert auf strenge Etikette legt, kann im "Atelier" entspannt sein: Restaurantleiter und Sommelière strahlen eine bayerische Gelassenheit aus, es darf gelacht werden. Heiliger Ernst scheint nur in der Küche zu herrschen - das zahlt sich aus. Seit November 2010 hat Mezger seinen Michelin-Stern, was ihn ungeheuer freut. "Es wäre verlogen, wenn ich sagen würde, dass mir diese Auszeichnung nichts bedeutet - wer in einer bestimmten Liga mitspielen will, muss sich der Bewertung stellen", sagt der ehrgeizige Chef.

Wählen kann der Gast zwischen einem fünf- und einem siebengängigen Menü (zwischen 85 bis 130 Euro) inklusive Weinbegleitung. Die diversen Grüße aus der Küche sind aber an sich schon eine Mahlzeit, und es geht weiter mit ausgefeilten Kompositionen, zum Beispiel mit der Felsenrotbarbe mit Strandschnecke und gerösteten Knoblauchblättern. Süddeutsche und mediterrane Einflüsse sind spürbar. "Wir richten uns ganz nach den saisonalen Produkten", sagt Mezger, der bei Lothar Eiermann im Schlosshotel Friedrichsruhe viel gelernt hat. Bei aller Bodenständigkeit hat er aber auch Lust, Außergewöhnliches zu kombinieren. Wer das weiche Fleisch vom Kaisergranat mit konfiertem Schweinebauch mischt, benötigt Mut und Geschick, damit sich die Stars auf dem Teller nicht gegenseitig die Show stehlen.

Insgesamt verfügt der Bayerische Hof nun über vier eigenständige Restaurants. Diese Vielfalt liegt international im Trend; in London, Paris oder New York sind Fünf-Sterne-Hotels ohne ein erstklassiges gastronomisches Spartenangebot kaum mehr denkbar. Ins "Atelier" zieht es die Gourmets, im Garden wird der Gast auch à la carte bedient. Im polynesischen Trader Vic's fühlt man sich immer noch wie im Olympiajahr 72, im Palais Keller erlebt man bayerische Gemütlichkeit. Daneben gibt es aber noch den Nightclub, die Blue Spa Bar über den Dächern der Stadt und die illuminierte Falk's Bar. Ganz schön viel für ein Hotel, und auch schön viel Arbeit: "Manchmal ist es schwer, allen Ansprüchen gerecht zu werden", sagt Innegrit Volkhardt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: