Gammelfleisch: Politiker verlangen Konsequenzen:Lebensmittel-Kontrollen zu lasch

Die SPD hat Bayerns Regierung aufgefordert, ihre Überwachungsmethoden zu überprüfen. Der Münchner Großhändler belieferte ganz Deutschland.

Der Gammelfleisch-Skandal um einen Münchner Großhändler weitet sich aus. Das Unternehmen hat laut Staatsanwaltschaft Fleisch nach ganz Deutschland und ins europäische Ausland geliefert.

Hackfleisch, dpa

Haltbar bis... - der Gammelfleisch-Skandal weitet sich aus.

(Foto: Foto: dpa)

Politiker von SPD und Grünen kritisierten Lücken bei der Lebensmittelüberwachung in den Bundesländern, vor allem in Bayern. Der dortige Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Lieferanten an.

Riesenbetrieb mit Kunden in ganz Deutschland

Bei einem Großhändler im niederbayerischen Deggendorf stellte die Polizei 40 Tonnen Fleisch sicher. Auch diese Ware ist möglicherweise verdorben.

"Das ist ein Riesenbetrieb, wir wissen nicht genau, wo das Fleisch überall hingegangen ist", sagte der leitende Münchner Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld über die Gammelfleisch-Funde bei dem Münchner Großhändler.

Dieser hatte zahlreiche Kunden in der Stadt, aber auch in ganz Deutschland und sogar im europäischen Ausland beliefert. Das beschlagnahmte Fleisch erwies sich nach Auskunft der Prüfer als "grünlich und ekelerregend". Die Kontrolleure, die schon am Vortag 20 Tonnen Dönerfleisch sichergestellt hatten, fanden am Freitag 40 Tonnen möglicherweise verdorbenes Entenfleisch.

Auch bei einem Hersteller in Niederbayern haben die Behörden am Freitag mehr als 40 Tonnen verdächtiges Fleisch sichergestellt. Ein Zusammenhang mit dem Münchner Fall besteht laut Polizei jedoch nicht.

Bei Durchsuchungen im Kreis Passau und in der Stadt Regensburg fanden die Ermittler unter anderem Ware, die bereits seit dem Jahr 2003 eingelagert war. Der Firmeninhaber wies die Vorwürfe zurück.

Fleisch blieb vier Jahre unentdeckt

Der für Umwelt- und Verbraucherschutz zuständige SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber forderte von Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) eine Überprüfung der Vereinbarungen, die Seehofer nach dem jüngsten Gammelfleischskandal mit den Ländern und der Fleischindustrie abgeschlossen hatte.

"Es muss geklärt werden, ob diese Maßnahmen überhaupt gegriffen haben", sagte Kelber der Süddeutschen Zeitung. Er äußerte zudem den Verdacht, dass die Selbstkontrolle innerhalb der Industrie noch immer nicht ausreichend ausgeübt werde.

Zugleich forderte der SPD-Politiker aber auch die bayerische Staatsregierung auf, dringend ihre Kontrollmethoden zu überprüfen. "Sie muss sich fragen lassen, wie das Fleisch vier Jahre unentdeckt bleiben konnte."

Auch die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, übte Kritik an der Bundesregierung und den Verantwortlichen in Bayern. So hätten Stellenkürzungen im Freistaat offenbar dazu geführt, dass die Kontrolleure "nicht hinreichend den Finger drauf hatten", sagte die frühere Bundesverbraucherschutzministerin in Berlin.

"Moralisch verwerfliche Grundhaltung" der Täter

Zudem könne man angesichts des Falls nicht behaupten, dass ihr Nachfolgers Seehofer "seine Hausaufgaben gemacht" habe.

Seehofers Ministerium wies die Vorwürfe zurück. Es sei aber nötig, sagte ein Sprecherin des Ministers, dass die Bundesländer das von Seehofer aufgelegte Zehn-Punkte-Programm gegen Gammelfleisch "auch vollständig und zügig umsetzen, damit künftig solche Fälle schneller entdeckt und aufgeklärt werden können."

Bayerns Verbraucherschutzminister Schnappauf (CSU) kündigte an, dass gegen die Täter "mit aller Konsequenz und Härte der Gesetze vorgegangen wird." Er prangerte "die moralisch verwerfliche Grundhaltung der Beteiligten" an und sprach sich für eine schnelle Verabschiedung des Verbraucherinformationsgesetzes auf Bundesebene aus, um alle Beteiligten gleichermaßen an einen Pranger stellen zu können.

Die Vorsitzende der Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Edda Müller, forderte einen bundesweit verbindlichen Maßstab für eine professionelle Lebensmittelüberwachung.

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