Süddeutsche Zeitung

Galeria Autonomica:Die Kunst der Stunde

Nur 48 Stunden hat die Galeria Autonomica geöffnet und zeigt junge Kunst, die sich nicht um Konventionen schert.

Lisa Meyer

"Do not ignore the potential...", der Schriftzug des schwarzen Bildes an der Wand könnte als Motto der ganzen Veranstaltung gelten. "Ignoriert nicht das Potential". Oder: "Ich kann mich nicht erinnern mich auf eure Regeln geeinigt zu haben", wie ein Bild weiter unten an der Wand verkündet. Genau für 48 Stunden gibt es die Galeria Autonomica Urban Contemporary Art "KNST&KRMPL" in der Brienner Straße 48, dann wird die Ausstellung genauso schnell wieder geschlossen, wie sie geöffnet hat.

Die beiden 23-jährigen Kunstschaffenden Christian Minke und Christoph Pankowski sind die Kuratoren der Ausstellung, die am Donnerstagabend unter dem Titel "Kulturrevolution Schubmoment" Vernissage feierte. Ihre Wandergalerie Galeria Autonomica soll Street Art salonfähig machen und jungen, unbekannten Künstlern die Chance geben, sich professionell zu präsentieren.

Nur zwei Tage haben die Kunstschaffenden dafür Zeit. So steht die Galeria Autonomica mit ihrem Projekt im Gegensatz zu renommiert-gediegenen Ausstellungen in den Pinakotheken oder im Lenbachhaus, die sich drei Monate lang auf die Kunstwerke konzentrieren. Gerade der spontane Charakter und die Kurzlebigkeit bestimmen die Atmosphäre der Galerie. In nur 48 Stunden folgt ein Programmpunkt dem nächsten - so geraten die Werke an den Wänden fast in den Hintergrund. Unterhaltend, direkt und schnell wie die Generation ihrer Erschaffer und Bewunderer ist auch die Kunst und die Konzeption der Veranstaltung.

Mit "KNST&KRMPL" führen sie eine Projektreihe weiter, die es zum Ziel hat Urban-Contemporary-Art mit elektronischer Musikdarbietung zu verbinden. Als Vorreiter in dieser Szene hat sich die Galeria in Hessen einen Namen gemacht, nun soll die bayrische Hauptstadt kulturell bereichert werden. Bereits die Premiere der 48h-Galerie im Januar im Glockenbachviertel hat gezeigt, dass die junge Kulturszene Münchens für "Subkultur-Projekte" offen ist. Mit 800 Besuchern in nur zwei Tagen war die 48h-Ausstellung damals ein Erfolg.

Wichtig ist den Kuratoren, der Austausch zwischen den Künstlern und die "Förderung der Subkultur im Bezug auf Musik und bildende Kunst und nicht die Gewinnerzielung". Knapp zwei Monate nach der Premiere in München, haben die Veranstalter einen leerstehenden Laden in der Nähe des Volkstheaters gemietet, um ihr Projekt "KNST&KRMPL" weiter zu führen.

Von Graffiti und Illustrationen über Fotografie und Skulpturen gibt es eine bunte Mischung an "urbaner Kunst" zu sehen. Neben den Hauskünstlern Christian Minke, Volker Rupprich, Georg Thiel und Preston Spurlock, präsentieren mit Eliot, Pisa 73 und Czarnobyl drei Ur-Gesteine der deutschen Graffiti-Szene ihre Werke bei der Ausstellung "Kulturrevolution Schub Moment!".

Die Verbindung der Kunst mit elektronischer Musikdarbietung wird geschaffen von DJs und Küsntlern wie Silla, Cocolores, Mibou und der Flamingo Gang. Bei der Vernissage begeisterte Eliot, Beatbox-Künstler, die Besucher der Galerie.

Als weiteres Kulturprogramm wird es am Samstag ein Livekonzert mit Jürgen Reiter (Kontrabass und Electric Bass), Lesungen von dem Münchner Webpoeten Markus Michalek aka Kapinski und dem Twitterliteraten Jan-Uwe Fitz aka @vergraemer sowie einen Auftritt der "Feder aus München" geben.

Die Vernissage glich eher einer Party mit gelungener Wanddekoration, als einer Kunstausstellung mit ernstem Anliegen. Je später der Abend, desto mehr fiel der Schwerpunkt auf die elektronische Musik und schon um 23 Uhr tanzten die Besucher zu den Beats von Künstler Eliot. Die Kunstschaffenden und ihre Gäste zelebrierten ihre Form der Kunst, die sich nicht um Konventionen schert: alternativ, lebendig, exzessiv.

Dem überwiegend jungen Publikum gefiel es und so kann sich die Galeria Autonomica über eine wohl erfolgreiche Fortsetzung ihres Projektes freuen. Nach zwei Tagen wird die Ausstellung beendet sein. Dann wird ein Bild von der Wand genommen, dessen Schriftzug ebenfalls den Charakter der Veranstaltung beschreibt: "Warum nicht?".

Galeria Autonomica: Kulturrevolution Schubmoment 4.3.-6.3.2010, Brienner Straße 48 Eintritt frei

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