Gäste aus Spanien, Finnland, Italien, Kroatien und der Türkei:Europaweit lernen

Beim Austauschprogramm "Erasmus plus" treffen Schüler der Landesschule für Körperbehinderte mit Jugendlichen aus anderen Ländern zusammen

Von Melanie Staudinger

Der historische Moment hat nicht einmal 24 Stunden gedauert. Und doch werden die Lehrer und Schüler aus Spanien ihn so schnell nicht vergessen. Vergangenen Donnerstag nämlich begann es in La Unión an der Mittelmeerküste plötzlich zu schneien. Das gab es seit Jahren nicht mehr. Und der Schnee blieb auch noch über Nacht liegen - wann das das letzte Mal passierte, wissen nur noch die älteren Menschen in der Region Murcia. Dann kam der Regen. Und dennoch war das Wetterereignis ein kleiner Vorgeschmack auf das, was zehn spanische Jugendliche und zwei ihrer Lehrer in dieser Woche in München erwartet. Die Gruppe aus La Unión ist zu Gast in der bayerischen Landesschule für Körperbehinderte. Unter dem Motto "Sustainability as a resource" (Nachhaltigkeit als Ressource) treffen sich in Harlaching Schüler aus Spanien, Finnland, Italien, Kroatien, der Türkei und eben München zu einem gemeinsamen Projekt. "Erasmus plus" heißt dieses europaweite Austauschprogramm, an dem sich Münchner Schulen immer wieder beteiligen.

Die Landesschule für Körperbehinderte aber ist eine besondere Schule. 1832 wurde sie als Einrichtung für Behinderte gegründet, 1914 hat König Ludwig III. das Gebäude an der Kurzstraße eingeweiht, zur 100-Jahr-Feier sprach Ministerpräsident Hort Seehofer (CSU). 70 behinderte und nicht-behinderte Schüler, darunter auch Nachwuchsfußballer vom FC Bayern und 1860 München, besuchen derzeit die Wirtschaftsschule und bereiten sich auf den mittleren Abschluss vor. Für sie ist das Erasmus-Programm eine Abwechslung. "Ich liebe es, Englisch zu sprechen", sagt Tunay Cokbildik. Deshalb habe er sich auch im Erasmus-Programm engagiert, auch wenn er letztlich dann doch nicht mit nach Perugia konnte, weil der Betreuer des Rollstuhlfahrers ausgefallen ist. "Wir haben aber über Facebook Kontakt zu den anderen Jugendlichen geknüpft", sagt er. Ein halbes Jahr lang stand das Erasmus-Programm auf dem Stundenplan, die Leistungen der Schüler wurden benotet. Mitschülerin Lea Förster reiste nach Finnland und Spanien. "Mir hat am besten gefallen, dass wir in Regionen waren, in denen man nicht den Urlaub verbringen würde", sagt sie.

Neue Eindrücke sollen die Schüler gewinnen und dadurch nicht nur ihr Wissen vermehren, sondern auch ihr Selbstvertrauen stärken. Und sie sollen Vorurteile abbauen, wie Lehrerin Katrin Wagner, die das Projekt gemeinsam mit Philipp Heilmann organisiert, erklärt. Italiener sind eben nicht nur die, die Pizza und Pasta verdrücken und beim Reden ihre Hände übermäßig viel benutzen. Nicht alle Spanier liegen den ganzen Tag nur faul am Strand, die Türken trinken nicht nur Tee und Kaffee und die Finnen laufen nicht immer in kurzen Hosen rum. "Nutzt die Chance und lernt euch kennen", sagt Wagner.

Auch die Lehrer profitieren von den internationalen Partnern. Sie lernen andere Arten zu unterrichten kennen, können so die Qualität ihres eigenen Unterrichts steigern. Schule bereite auf das Leben vor, sagt Schulleiter Rupert Bernhofer bei seiner Ansprache während der offiziellen Begrüßungsfeier. Dazu müssen Schüler und Lehrer sich mit dem echten Leben auseinandersetzen. Mit den politischen Verhältnissen in der Türkei etwa, mit den Terroranschlägen dort oder den Erdbeben in Italien, deren Auswirkungen die Kooperationsschule im nicht einmal 100 Kilometer entfernten Perugia deutlich gespürt hat.

Die beteiligten Schulen treffen sich an allen Standorten. In Izmir ging es um Religion und Tourismus, in Finnland um Reisen in der Natur. Die Münchner haben ein Programm zusammengestellt, das sich um nachhaltigen Tourismus und Schnee dreht. Sie gehen Schneeschuhwandern, basteln Musikinstrumente aus Recycling-Material und komponieren ihren eigenen Projekt-Song. München ist die vorletzte Etappe in dieser Runde des Erasmus-Projekts. Die Landesschule für Körperbehinderte will sich wieder bewerben. Der Vorteil: Weil die Schule so klein ist, können in der Regel alle Schüler ins Ausland reisen.

Wer sich über das Angebot der Wirtschaftsschule informieren will, kann dies am 23. März von 18 Uhr an in der Kurzstraße 2 tun.

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