Süddeutsche Zeitung

Gärtnerplatztheater:Auf Landpartie mit Franz Schubert

Das Gärtnerplatztheater zeigt die Uraufführung einer Oper über den großen Komponisten im Stream.

Von Rita Argauer

Franz Schubert konnte hinreißende Musik schreiben. Er fand einen genialen musikalischen Ausdruck für eigentlich Unsagbares und hinterließ der Welt Kompositionen, die innere Welten erschüttern können. Und eigentlich überrascht es nicht, dass so jemand, vielleicht auf anderem Gebiet ein paar Ausdrucksschwierigkeiten gehabt haben könnte. Einfacher ausgedrückt: Wer nicht schlicht und verbal seinem angebeteten Gegenüber zu sagen vermag, wie sehr er oder sie sie oder ihn anbetet, der braucht andere Kanäle für den daraus entstehenden emotionalen Überdruck.

Diese Situation haben die Komponistin Johanna Doderer und der Librettist Peter Turrini nun als Grundlage für ihre neue Oper "Schuberts Reise nach Atzenbrugg" genommen. Eigentlich war diese Reise eine recht glückliche Situation in Schuberts kurzem Leben - eine Reise mit Freunden als lustige Landpartie von Wien nach Atzenbrugg. Dabei ist etwa auch der Maler Leopold Kupelwieser, der die Reise in Bildern dokumentiert hat. Schuberts musikalisches Zeugnis davon sind die Atzenbrugger Tänze. Und die unerfüllte, unausgesprochene Liebe gilt einer gewissen Josepha von Weisborn.

Josef E. Köpplinger, Intendant am Gärtnerplatztheater, hat den Auftrag dieser Oper an die österreichische Komponistin Johanna Doderer gegeben. Eigentlich sollte das Werk im vergangenen Jahr uraufgeführt werden. Jetzt wird eine reduzierte Fassung gestreamt. Die richtige Uraufführung mit voller Orchesterbesetzung folgt hoffentlich in besseren Zeiten. Einen Komponisten zum Thema einer neuen Oper zu machen, ist aber ein grundsätzlich schwieriges Unterfangen. Schlicht, weil die Musik des Protagonisten da immer mitschwingt. Johanna Doderer, die vor einigen Jahren eine tolle, mutige und sehr freie Oper zum Drama "Liliom" für das Gärtnerplatztheater schrieb, dürfte dafür aber die richtige Person sein. Immerhin fürchtet sie sich in ihren Werken nicht vor bereits Dagewesenem, sondern flicht das vielmehr kongenial in ihre Musik ein. Melodien können so neben modularer neuer Musik bestehen. Für die Schubert-Oper kommen als weiteres Element auch einige von Schuberts Originalkompositionen vor. Mit Camille Schnoor und Daniel Prohaska in den Hauptrollen hat Köpplinger das Stück selbst inszeniert.

Schuberts Reise nach Atzenbrugg, Stream live aus dem Gärtnerplatztheater am Freitag, 30. April, 19.30 Uhr, unter gaertnerplatztheater.de

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Quelle:
SZ vom 29.04.2021/van
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