Preisverleihung:"Mein Hirschleder ist dick, die Lederhosn hält das aus"

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Im Deutschen Theater wird Andreas Gabalier der Karl-Valentin-Ordens verliehen. (Foto: Florian Peljak)

Andreas Gabalier bekommt den Karl-Valentin-Orden verliehen und äußert sich dabei auch zu der Kritik an seiner Person. Das gerät vor allem zu einem Selbstlob.

Von Thomas Becker

Feenstaub, warum denn nicht? Bevor die große Sause im Deutschen Theater beginnt, rennt Moderator Richard Wiedl noch mal geschwind durch den Ballsaal und pustet Glitzer ins Publikum. Damit könne man alles Böse von dem Abend abwenden, erklärt der Ex-Faschingsprinz. Braucht's das für einen ausgelassenen Faschingsball? Natürlich nicht, aber die "Soiree Münchner Leben", der Große Narrhalla-Ball, ist heuer mehr als der Mix aus Funkenmariechen, Tambourmajoren und Prinzengarde - und das liegt am Preisträger des Karl-Valentin-Ordens.

Dass dies Andreas Gabalier sein würde, ist seit Monaten bekannt, doch in den vergangenen Tagen erwachte Protest. Tenor: Was hat Gabalier mit Valentin zu tun? Und ist der nicht rechts, homophob und frauenfeindlich? Sabine Rinberger, Leiterin des Valentin-Karlstadt-Musäum, schimpfte: "Hulapalu hat nichts mit Karl Valentin zu tun!" Ottfried Fischer ätzte: "Valentin würde sich mehrmals am Tag im Grab umdrehen." Und das waren gemäßigte Stimmen.

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Schuld an der Aufregung ist die Faschingsgesellschaft Narrhalla, die den Orden seit 1973 verleiht, an eine Persönlichkeit aus Politik, Kunst, Wissenschaft, Literatur oder Sport, für die "humorvollste oder hintergründigste Bemerkung im Sinne von Karl Valentin". Zu den Preisträgern gehören Edmund Stoiber, Philipp Lahm, Helmut Kohl, Til Schweiger, Heino, die Klitschkos und Papst Benedikt - eine gewisse Beliebigkeit ist da nicht zu leugnen. Narrhalla-Präsident Günther Grauer, der Gabalier in der Tradition Valentins als "Volkssänger 2.0" sieht, meint: "Was in den letzten Tagen passiert ist, hat mich persönlich traurig gemacht. Die Entscheidung für Gabalier würde ich genauso wieder treffen." Einer, der lange bei der Narrhalla mitgearbeitet hat, sagt über die Auswahlkriterien: "Es muss einer sein, der den Saal voll macht. So ein Ball kostet ja Geld. Und ein Preisträger wie Oberbürgermeister Dieter Reiter vor zwei Jahren zieht halt doch nicht so."

Gabalier zieht - und wie! Als er abends vorfährt, bricht vor dem Theater wildes Gedränge los: Aufgeregte TV-Teams, mehr als doppelt so viele wie üblich, beharken sich mit Autogrammjägern - der Protagonist des Abends bedient beide gern. Er sagt: "Es wäre schön, wenn sich manche Kritiker intensiver mit mir beschäftigen würden. Dann wüssten sie, dass an den Vorwürfen aber so gar nichts dran ist." Wenn man Erfolg habe, müsse man mit Kritik leben. Doch die sollte fair bleiben. Und schon schnarrt er zwei Selfie-Jägerinnen zu: "Kommt's eina, ihr zwei Ballköniginnen!"

Der Steirer genießt den Rummel. Das selige Lächeln verlässt ihn nicht mehr. Ovationen, wohin er den bergschuhbewehrten Fuß setzt. "Andi, wir lieben dich!", schallt es im Foyer. Im Saal sitzt er dann an Tisch 13 mit der einstigen Narrhalla-Prinzessin Carolin Reiber und seinem Laudator, Peter "Sugar-Sugar-Baby" Kraus. Der 79-Jährige schafft es in seiner Lobrede, mehr über sich als über Gabalier zu reden, erinnert daran, dass er damals die Jeans und den Rock'n'Roll salonfähig gemacht habe.

Zu den Vorab-Protesten sagt er: "Ich habe in den letzten Tagen keine Sekunde darüber nachgedacht, diese Laudatio nicht zu halten. Nicht die Kritiker, die Presse, sondern dein Publikum ist der Maßstab für deine Beliebtheit." Schließlich habe sein Landsmann "den Rock'n'Roll zu neuen Höhen empor katapultiert". Mit - sagen wir mal: markanten - Liedern wie "Hallihallo". Wahrscheinlich ist es auch blanker Zufall, dass die Kinderprinzengarde plötzlich zu "Hulapalu" performt - Gabalier verwandelt die Vorlage, hechtet leichtfüßig über die Absperrung auf die Tanzfläche, herzt sämtliche HüpferInnen und springt zum Schluss beinahe in den Spagat.

Um 22.52 ist es so weit: Der 49. Karl-Valentin-Orden hängt am Mann, und der versucht sich gleich mal an den Wortspielereien des Legendären: "Das war die schönste Laudatio, die ich bekommen haben hätte können. Oder so." Netter Versuch. Auch er habe keine Sekunde überlegt, den Preis nicht anzunehmen. Was folgt, ist eine bemerkenswerte Ranschmeiße an München, "das Epizentrum des Volks-Rock'n'Roll, der absolute Mittelpunkt meiner Musik, eine Stadt, die mir so ans Herz gewachsen ist". Im Saal: Applaus, eher Jubel. Ein Frackträger meint: "An Schmäh hat er scho."

Was Gabalier zur Toleranz zu sagen hat

Nach zwei Songs geht es wieder vor die Kameras. Hier ein Best of, zunächst zum Thema Neid: "Wenn da so ein Lausbua in der Lederhosn daherkommt, dann mag das schon sein, dass das dem einen oder anderen nicht schmeckt, dass man da solche Massen bewegt." Den Orden werde er "mit einem breiten Grinser" über die Fotoserie seiner bisherigen Münchner Konzerte hängen. Getroffen habe ihn die Kritik nicht: "Mein Hirschleder ist dick, die Lederhosn hält das aus. Es ist alles gut."

Der "Medienlandschaft" erteilt er eine "Rüge mit Augenzwinkern: Man sollte nicht aus einer Fliege einen Elefanten machen". Für ihn sei der Aufruhr alles andere als ein Schaden, im Gegenteil. "Die Stadien werden noch voller werden. Das ist ja mittlerweile ein Wirtschaftsfaktor für die Städte, in denen ich spiele."

Zur Toleranz hat Gabalier dann auch noch etwas zu sagen: "Wenn alle so tolerant wären wie ich, hätten wir ohnehin goldene Gehsteige." Da kann er dann schon lustig sein. Dass er und so mancher Narrhallese Walentin statt Falentin sagt: auch schon wurscht. Und jetzt ruhe er wieder in Frieden, der Karl Valentin.

© SZ vom 04.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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