Fußgängerzone:Stadt München und Modeladen Snipes streiten über Video-Werbung

Fußgängerzone: Die vier Bildschirme hängen im ersten Stock des Modegeschäfts. Nach den Richtlinien der Stadt ist Videowerbung verboten.

Die vier Bildschirme hängen im ersten Stock des Modegeschäfts. Nach den Richtlinien der Stadt ist Videowerbung verboten.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Seit zwei Jahren streiten sich die Stadt München und der Modeladen Snipes über vier Videowände im ersten Stock des Geschäfts in der Neuhauser Straße.
  • Snipes muss die Videowerbung entfernen, das hat das Verwaltungsgericht München bereits im Juli verfügt.
  • Der Streit über Werbung in der Altstadt geht trotzdem weiter.

Von Andreas Schubert

In der Fußgängerzone glitzert es gerade, was das Zeug hält: Reklame und Weihnachtslichter, wohin man schaut. Doch Werbung mit bewegten Bildern geht der Stadt zu weit. Nun muss der Modeladen Snipes an der Neuhauser Straße vier Videowände im ersten Stock beseitigen. Das hat das Verwaltungsgericht München bereits im Juli verfügt. Am Dienstagabend hat Stefanie Beis, Juristin im Planungsreferat, den Fall der Stadtgestaltungskommission vorgestellt.

Es war laut Beis das erste Urteil zu diesem Thema in München. Der Streit geht schon seit mehr als zwei Jahren, doch Snipes hatte sich bislang stets geweigert, die Videowände abzubauen. Das Unternehmen war der Auffassung, dass die Anlage mit den LED-Bildschirmen weder eine baurechtliche noch eine denkmalrechtliche Genehmigung brauche. Weil die Bildschirme zehn Zentimeter von der Schaufensterscheibe nach hinten versetzt sind, handle es sich nicht um Werbung,sondern um eine Schaufensterdekoration.

Da die Stadt das nicht gelten ließ, beantragte Snipes im Juni 2016 eine Baugenehmigung für die Videowand; diese lehnten die Stadt und auch das Verwaltungsgericht ab. Der Grund ist die Umgebung: Zwar ist das Haus Neuhauser Straße 3a ein Nachkriegsbau, der nicht unter Denkmalschutz steht. Es befindet sich aber innerhalb des Ensembles Altstadt und noch dazu in unmittelbarer Nähe einer prominenten Denkmalbebauung.

So steht direkt gegenüber die Alte Augustiner-Klosterkirche, das heutige Jagdmuseum, und schräg gegenüber die Kirche St. Michael. Die Stadt argumentierte zudem, dass das Gesamtbild der Neuhauser Straße gestört sei und die Fassade des Hauses, in dem die Werbung angebracht ist, nicht mehr als Fassade wahrnehmbar sei. "Verunstaltung" heißt das in der Bayerischen Bauordnung.

Auch das Argument von Snipes, dass sich am Färbergraben eine riesige, über zwei Stockwerke reichende Videowand des Modeladens Hollister befinde, es also einen Bezugsfall gebe, zog weder bei der Stadt noch vor Gericht. Die Hollister-Wand zeigt demnach nämlich keine explizite Werbebotschaft, sondern eine Strandansicht. Außerdem ist die Umgebung dort nicht so denkmallastig wie in der Neuhauser Straße - von der Hofstatt aus sieht man schräg gegenüber ein Parkhaus, das abgerissen werden soll, keine Barockkirche.

Noch kann Snipes seine Werbung laufen lassen. Die Stadt will den Beschluss erst durchsetzen, wenn er nicht mehr anfechtbar ist, also wenn Snipes darauf verzichtet, in die nächste Gerichtsinstanz zu ziehen, oder - falls es zu weiteren Verhandlungen kommt - ein endgültiges, nicht mehr revisionsfähiges Urteil gefallen ist. Was das Unternehmen nun vorhat, war am Mittwoch nicht zu erfahren.

Debatten über Werbung gibt es immer wieder

In der Stadt gibt es immer wieder Debatten darüber, welche Art von Werbung erlaubt ist und welche nicht, das betrifft nicht nur die Altstadt: So durfte Mercedes 2003 erst nach einem Gerichtsurteil an der Donnersbergerbrücke einen Stern auf dem Dach anbringen. 2016 entbrannte im Rathaus ein Streit darüber, ob die Münchner Verkehrsgesellschaft in ihren Bushäuschen neue, wechselnde Werbetafeln anbringen darf, zu einer Einigung kam es nicht.

Aktuell zeigt sich der Bezirksausschuss Schwabing-Freimann von bewegten Werbebildern an Haltestellen und U-Bahnhöfen genervt und forderte einstimmig, diese künftig generell zu unterlassen - auch wenn damit etwa der Unterhalt der Wartehäuschen finanziert wird. Der neuerliche Vorstoß zeigt: Die Debatte wird auch in Zukunft weitergehen.

Dabei gibt es in München Richtlinien für Werbung, die eben zum Beispiel Videoreklame in der Altstadt verbieten; zudem brauchen großflächige Plakate an Hausfassaden eine Genehmigung. Vorgeschrieben ist dabei, dass die Werbung nicht ausufert und der Charakter der Innenstadt nicht verunstaltet wird. Auch dürfen Werbeplakate nicht länger als neun Monate angebracht sein, bei großflächiger Reklame an denkmalgeschützten Häusern muss auch noch Platz für die Visualisierung der Fassade sein, die gerade saniert wird.

Doch nicht nur die Werbung an sich ist zuweilen Stein des Anstoßes, es geht auch um die Motive. So regten sich vor anderthalb Jahren viele Münchner über ein überdimensioniertes Bikini-Plakat am Marienplatz auf. Doch an dem riesigen Blickfang, der für eine begrenzte Zeit vor der Baustelle des Hugendubel-Hauses zu sehen war, störte sich das Planungsreferat nicht. Dem Stadtraum werde etwas "Interessantes" hinzugefügt, sagte damals ein Sprecher.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: