Das Jagdmuseum in der Münchner Fußgängerzone und seine Gründung in der Nazi-Zeit waren viele Jahre lang ein Reizthema höchsten Ranges. Der renommierte Historiker Hans Günther Hockerts etwa, ein Spezialist für den Nationalsozialismus, hat wiederholt gefordert, dass sich die Museumsverantwortlichen selbstkritisch mit der Vergangenheit ihres Hauses auseinandersetzen.
Das haben am Dienstag auch Landtagsabgeordnete aller Fraktionen erneut angemahnt. "Es genügt nicht, die Geschichte des Hauses auf der Museumshomepage und in einer Broschüre neutral zu referieren", sagte der Grünen-Politiker Sepp Dürr vor dem Wissenschaftsausschuss des Landtags.
Jagdmuseum in München:Nazis und andere Hirsche
Jahrelang stellte das Jagdmuseum in München drei Geweihe von Hirschen aus, die Hermann Göring erlegt hat - kommentarlos. Jahrelang prallte jede Kritik ab. Nun sind die Trophäen plötzlich verschwunden.
"Museumsleitung und Jagdverband müssen endlich Stellung zur NS-Vergangenheit des Hauses beziehen und sich davon abgrenzen." Ausschuss-Chef Michael Piazolo (Freie Wähler), sein Vize Oliver Jörg (CSU) und der SPD-Abgeordnete Georg Rosenthal äußerten sich ähnlich.
Jagdtrophäen von Hermann Göring
Der Streit über die NS-Vergangenheit des Jagdmuseums war zuletzt zum 75. Gründungstag im Oktober 2013 eskaliert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Museum in der früheren Augustinerkirche an prominenter Stelle drei mächtige Jagdtrophäen aus dem Besitz von Hermann Göring präsentiert, einem der größten Verbrecher der NS-Zeit - ohne historische Einordnung oder Kommentierung.
Angesichts der damaligen Empörung ließ Jägerpräsident Jürgen Vocke die Nazi-Trophäen abhängen und im Depot einlagern. Vocke ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung, die das Museum trägt. Der Museumschef und Münchner CSU-Stadtrat Manuel Pretzl nannte damals die Aufarbeitung der NS-Geschichte seines Hauses "überfällig".
Inzwischen ist diese Aufarbeitung zumindest ein Stück weit vorangekommen. So sind dieser Tage eine 120-seitige Broschüre und eine wissenschaftliche Dokumentation über das Jagdmuseum erschienen. Darin sei die Gründungsgeschichte ein Schwerpunkt, sagte Pretzl.
Fußgängerzone in München:Gedrängt wie Schafe
Flanieren zwischen Stachus und Marienplatz - das war für Fußgänger in den Sechzigerjahren alles andere als entspannend. Dort fuhren damals täglich 75 000 Autos und 1400 Straßenbahnen. Heftige Debatten mussten geführt werden, bis mit der Fußgängerzone endlich Ruhe einkehrte.
Außerdem wolle man verstärkt die Herkunft der Sammlungen untersuchen. Man habe deshalb bereits einen Antrag auf Unterstützung der Provenienzforschung bei der Landesstelle für nichtstaatliche Museen eingereicht. Auch die Ausstellung "Jagd und Macht", in der es auch um die Jagd in der Nazi-Zeit gehen soll, sei weiter in Planung. Sie war ursprünglich für 2016 angekündigt worden. Pretzl rechnet nun damit, dass sie Ende 2017 oder im Jahr 2018 stattfinden wird.
Emotionaler Vortrag vor den Abgeordneten
Jägerpräsident Vocke verwahrte sich vor den Abgeordneten strikt dagegen, "dass man versucht, das Museum in die braune Ecke zu stellen". In einem teils sehr emotionalen Vortrag sagte er, "zwar ist es unstrittig richtig, dass es in der NS-Zeit gegründet worden ist". Aber es habe "nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun - und wenn nur ansatzmäßig etwas da sein sollte, muss man uns das nachweisen".
Die Gründung des Museums geht auf den Münchner Christian Weber zurück, einen Duz-Freund Adolf Hitlers und NS-Mann der ersten Stunde. Laut Hockerts war Weber von 1933 an "die dominante Gestalt im Stadtrat und einer der mächtigsten Männer im braunen München".
Außerdem war Weber leidenschaftlicher Jäger, seit 1934 betrieb er die Gründung des Jagdmuseums. Als Gebäude hatte er sich Schloss Nymphenburg auserkoren, wo das Museum 1938 mit einer bombastisch-schwülstigen Feier eröffnet wurde. Nach Kriegsbeginn wurde es geschlossen und erst 1966 in der alten Augustinerkirche an der Neuhauser Straße neu eröffnet.