Fans bei der Fußball-EM:Diese Münchner Nacht gehört den Italienern

Fußball EM - Belgien - Italien

Fans der italienischen Nationalmannschaft bejubeln den Sieg zunächst vor dem beleuchteten Stadion.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Nach dem letzten Spiel dieser EM in einem deutschen Stadion wird vor allem auf der Leopoldstraße gefeiert - mit Blaulicht im Hintergrund.

Von Linus Freymark

Exakt sieben Minuten dauert es, bis das erste Hupen auf der Leopoldstraße ertönt. Um 22:56 Uhr hallt der Schlusspfiff durch die Fußballarena in Fröttmaning, in der viele Fans die Maskenpflicht laut Fernsehbildern - nun ja- großzügiger auslegten, als es beispielsweise in der Schule erlaubt ist. Um 23:03 Uhr dann, sieben Kilometer weiter südlich in der Stadt, das erste Hupen, der erste Jubelschrei.

Mit 2:1 hat Italien da soeben gegen Belgien gewonnen, und die vielen italienischen Fans, die in München wohnen oder extra wegen des Spiels in die bayerische Landeshauptstadt gekommen sind, zieht es zum Feiern auf die Leopoldstraße. Wohin sonst, an keinem anderen Ort hat die Stadt in letzter Zeit größere Partys erlebt, wenn es um Fußball ging. Meist waren die dominierenden Farben dabei schwarz rot-gold. In der Nacht zum Samstag dagegen wird daraus grün-weiß-rot. Das letzte Spiel dieser Europameisterschaft in München endet mit glückstrunkenen Italienern in Schwabing.

Auf den Bildschirmen der vielen Kneipen und Cafés fallen sich nach dem Schlusspfiff die italienischen Spieler und Trainer in die Arme, und an den Tischen werden die Fäuste in die Luft gereckt. "Jawoll!", schreit ein Mann im blauen Trikot. Kurz darauf brettern die ersten Autos vorbei, es wird gehupt, Fahnen flattern im Fahrtwind. Auch an den Straßenrändern werden Flaggen in die Nacht gehalten. "Italia! Italia!" Belgische Fans trifft man an diesem Abend in Schwabing nur wenige an. Ab und an trottet einer im roten Dress vorbei, den Kopf gesenkt, bei einem ragt nur noch die Spitze einer Fahne etwas aus dem Rucksack heraus. Sie wissen: Diese Nacht gehört den italienischen Fans.

Europameisterchaft: Fußballfans in München, 2021

"Italia! Italia!" Feiernde Fans nach dem Sieg gegen Belgien auf der Leopoldstraße.

(Foto: Robert Haas)

Die feiern, sofern man das zu diesem frühen Zeitpunkt feststellen kann, friedlich. Von beiden Mannschaften seien jeweils rund 1500 Fans für das Spiel nach München gereist. Die Polizei meldet kaum besondere Vorkommnisse, weder vor dem Spiel noch in den Stunden danach. Lediglich in der Arnulfstraße hätten einige belgische Fans mit Pyrotechnik hantiert. Um die Sicherheit zu gewährleisten, entschied sich die Polizei dafür, die belgischen Anhänger von der Arnulfstraße, dem inoffiziellen Treffpunkt der Belgier, mit Sonderbussen zum Stadion zu transportieren - ein ähnliches Vorgehen, wie man es vor Kurzem bei den ungarischen Fans anwandte, die aus Haidhausen zum Stadion gefahren wurden.

Mit 1500 Beamten ist die Münchner Polizei in dieser Nacht im Einsatz, neben den Fußballfans müssen sie sich auch um das Partyvolk auf der angrenzenden Ludwigstraße kümmern. In der Nacht gibt es jedoch auch von dort keine Zwischenfälle zu vermelden.

Nun verabschiedet sich München von der EM

Dennoch flackert auffallend viel Blaulicht durch die Dunkelheit. Besonders deutlich wird das, wenn man durch das hell erleuchtete Siegestor auf die Feiermeile Leopoldstraße blickt. Auf dem Tor flimmern die Flaggen der beiden Nationalmannschaften in die Nacht, links die italienische, rechts die belgische. Und dann, im Hintergrund, das Blaulicht der Kontrollpunkte der Polizei.

München und die Europameisterschaft - was hat dieses Fußballfest während der Pandemie nicht für Diskussionen hervorgerufen. Sollte sich die Stadt dem Druck der Uefa beugen und knapp 15 000 Zuschauer ins Stadion lassen? Schon zu Beginn des Frühlings, als das Land noch im Lockdown verharrte, debattierte man darüber im Rathaus. Schließlich entschied man sich, nicht auf die vier Spiele verzichten zu wollen und stimmte den Uefa-Forderungen zu.

Dann, nach den ersten beiden Spielen, die Kontroverse um die laxe Disziplin der Zuschauer bei der Einhaltung der Maskenpflicht. Daraufhin: dringende Appelle, reißt euch zusammen, sonst ist dieses Pilotprojekt für den Fußball mit Zuschauern gescheitert, hieß es etwa aus dem bayerischen Gesundheitsministerium. Nun verabschiedet sich München von dieser Europameisterschaft. Ob sich die Stadt als Gastgeberin einen Gefallen getan hat, wird sich erst noch zeigen. In der Nacht zum Samstag ist vor allem eine Gruppe glücklich darüber, dass die Dinge so kamen, wie sie kamen: die der italienischen Fans.

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