Im europäischen Vergleich muss sich die Fußballabteilung des FC Bayern München vor fast niemandem mehr verstecken. In einer Kategorie aber steht der deutsche Rekordmeister auffällig weit hinten in der Tabelle: Die Liste der Ticketpreise, insbesondere jene für Jahreskarten, liest sich eher wie die eines Zweitligisten. Und das wird auch noch so bleiben, denn vergangene Woche erhielten die Inhaber der Dauerkarten einen Brief mit einer für sie guten Nachricht: Auch für die kommende Saison bleiben die Preise konstant.
Das bedeutet: Ein Stehplatz-Fan in der Südkurve zahlt weiterhin erschwingliche 140 Euro für eine Saison (für die teureren Pokal- und vor allem Champions-League-Partien gibt es ein vergünstigtes Vorkaufsrecht), obwohl die Kosten für Sicherheits- und Ordnungsdienst gestiegen seien, wie der FC Bayern schreibt.
Besucht ein Inhaber mit seiner Karte alle Bundesliga-Spiele, zahlt er gerade einmal 8,24 Euro pro Partie. Auf Anfrage teilt der FC Bayern mit, dass die ähnliche Karte bei Borussia Dortmund 211 Euro kostet. Und auch bei den besten Plätzen falle der Vergleich günstig aus: "Real Madrid verlangt für ein Kategorie-1-Saison-Ticket beinahe 2000 Euro, der FC Bayern ist mit 750 Euro deutlich günstiger."
Die Roten stechen sogar die Blauen aus, die von Ende Juli an in der dritten Liga antreten. Dort kostet eine Jahreskarte für einen Stehplatz in der Westkurve des Grünwalder Stadions 222 Euro. "Fußball in der Allianz-Arena soll für alle in unserer Gesellschaft erlebbar bleiben", heißt es dazu vom FC Bayern. Die Preise bleiben nun die fünfte Saison in Serie stabil.
Niedrige Eintrittspreise für Bayern-Spiele haben eine lange Tradition, die man im Hinblick auf die Nähe zu den Fans weiter pflegen möchte. Wenngleich es im Zuge der Brauchtumspflege auch mal Streit gab. Als bei der Jahreshauptversammlung des Vereins im Jahr 2007 ein Fan die Stimmung im Stadion kritisierte und dafür die Besucher auf den teuren Plätzen verantwortlich machte, hielt Uli Hoeneß, damals noch Manager, eine Wutrede. "Was glaubt ihr eigentlich, wer euch das alles finanziert? Die Leute in den Logen, denen wir die Gelder aus der Tasche ziehen", wetterte er. Die Großkopferten subventionieren also die Südkurve.
Ganz ohne Preiserhöhung wird es in den kommenden Jahren aber nicht mehr gehen. In dem Brief an die Jahreskarteninhaber erklärt der Verein: Vorstand und Präsidium hätten beschlossen, von der Saison 2019/20 an die Preiserhöhungen an den Verbraucherpreisindex zu koppeln, also an die Inflation. Dabei sollen mögliche Erhöhungen auf volle fünf Euro aufgerundet werden. Im Falle der Stehplatzkarte für 140 Euro bedeutet das: Gemessen an den aktuellen Preisentwicklungen wird sie um fünf, im Falle einer steigenden Inflationsrate eventuell um zehn Euro pro Jahr teurer.
In diesem Bereich werden die Jahreskarten fraglos heiß begehrt bleiben. Insgesamt gibt es 38 000, das entspricht etwa der Hälfte der Arena-Plätze. Seit 2013 gab es laut Verein etwa 80 000 Neuanfragen. Diese sind allerdings, wie auch auf der Klub-Homepage zu lesen ist, "chancenlos". Die Rückgabe von Jahreskarten sei "konstant sehr gering", bei Überschreibungen auf andere Personen geschehe dies zu 80 Prozent im Familienkreis.
Mit anderen Worten: Dauerkarteninhaber im Stadion gehören zu einer weitgehend geschlossenen Gesellschaft. Der Verein hat wenig Möglichkeiten, daran etwas zu ändern. Er reagiert mit einer kategorischen Deckelung des Jahreskartenkontingents: "Der FC Bayern München möchte jedem Anhänger und Fußballfan die Chance eröffnen, eine Spielkarte für die Allianz-Arena über den Tageskartenverkaufsanteil zu erwerben", heißt es auf Anfrage.
Die Bayern-Fans scheinen von den niedrigen Eintrittspreisen daheim regelrecht verwöhnt zu sein. Zumindest sind sie dafür bekannt, überhöhte Ticketpreise bei Auswärtsspielen anzuprangern, zum Beispiel im vergangenen November. Damals spielten die Bayern in der Vorrunde der Champions League beim RSC Anderlecht, eine Stehplatzkarte kostete 100 Euro. Später entschied die Kontrollkommission der Uefa, dass Anderlecht jedem Bayern-Fan 30 Euro pro Ticket zurückzahlen muss. Infolge des Spiels musste allerdings auch der FC Bayern 20 000 Euro zahlen. Als Strafe - wegen der Proteste seiner Fans, die unter anderem Falschgeld aufs Spielfeld geworfen hatten.
