Fürstenried:Sprachlos

Lokalpolitiker finden keine gemeinsame Basis für eine Protestaktion gegen die AfD

Von Jürgen Wolfram, Fürstenried

Wenn man den Fürstenrieder Bürgersaal aus rechtlichen Gründen schon nicht für Rechtspopulisten und Rechtsextreme sperren kann, dann sollte man diese Kreise bei ihren Versammlungen wenigstens mit den Bildern einer antifaschistischen Ausstellung konfrontieren. Diese Auffassung vertrat die SPD-Fraktion im Bezirksausschuss (BA) Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln. Verbunden mit einer Resolution ("Wir setzen ein Zeichen gegen Hass und Ausgrenzung") haben die Sozialdemokraten versucht, die gesamte Stadtteilvertretung für diese Vorgehensweise zu gewinnen. Das Kulturreferat, Hausherr im Bürgersaal, sowie der Trägerverein Bürgersaal Fürstenried sollten zugleich aufgefordert werden, diese Form des Protestes auch gegen die AfD zu ermöglichen. Für ihre Strategie der Vergrämung fand die SPD jedoch keine Mehrheit; ihr Antrag scheiterte bei Stimmengleichheit (17 zu 17).

Eine zweite Abstimmung, die der BA-Vorsitzende Ludwig Weidinger (CSU) zur Rückversicherung veranlasste, zeigte zwar ein anderes Resultat, weil Henriette Holtz (Grüne) mal so, mal anders votierte. Doch am Erstergebnis wollte der Versammlungsleiter dann nicht mehr rütteln lassen. Die Nachzählung überhaupt in Gang gesetzt zu haben, bezeichnete Weidinger später als "Fehler".

Die AfD hatte den Fürstenrieder Bürgersaal zuletzt am 31. Januar für ihren Neujahrsempfang genutzt. Mit dabei gewesen sind laut der stellvertretenden BA-Vorsitzenden Micky Wenngatz (SPD) "Aktivisten und erklärte Anhänger des innerparteilichen Flügels um Björn Höcke". Ihnen wollte die SPD künftig Bilder der Wanderausstellung "Rechts? Total! Normal!" des Vereins "München ist bunt" entgegenhalten und so "unsere demokratischen Werte verteidigen". Die Ausstellung war schon in Bürgerbüros, Schulen und Räumen der Münchner Volkshochschule zu sehen.

Obschon ebenfalls erklärte Gegner rechtsextremer Umtriebe, wollten die Fraktionen von CSU und FDP den Vorstoß der SPD nicht unterstützen. Mit Aktionen wie einer provokanten Bilderschau zur Begleitung von AfD-Versammlungen treibe man dieser Partei nur die Leute zu, sagte CSU-Fraktionssprecher Reinhold Wirthl zur Begründung. BA-Chef Weidinger nannte den SPD-Antrag ebenfalls "nicht so zielführend", und Richard Ladewig (FDP) äußerte die Befürchtung, man biete der AfD so nur eine zusätzliche Angriffsfläche.

Führende SPD-Mitglieder reagierten erzürnt auf die Ablehnung ihres Antrags. Micky Wenngatz - sie ist auch Vorsitzende des Vereins "München ist bunt" - warf den Kollegen von der CSU und FDP "billiges Kalkül" vor, um bei Rechtsgesinnten zu punkten. "Mit der Resolution hätten sich die BA-Mitglieder zum persönlichen Engagement gegen Rassismus, Hass und Ausgrenzung bekannt und darüber hinaus eine kreative Protestaktion gegen die in den Räumen des Bürgersaals tagende rechtsextremistische Partei AfD unterstützt", erklärte Wenngatz. Umso mehr sei sie "sprachlos ob des Verhaltens von CSU und FDP". Gerade nach dem Auszug der AfD aus dem Bayerischen Landtag während der Rede von Charlotte Knobloch wäre "ein klares Bekenntnis zu einer demokratischen, toleranten und antifaschistischen Gesellschaft" notwendig gewesen.

Auch SPD-Sprecherin Dorle Baumann verteidigte die Initiative ihrer Partei. Antifaschistische Bilder gerade während einer AfD-Versammlung zu zeigen, sei allemal geboten. CSU-Fraktionschef Wirthl ließ die Kritik der Sozialdemokraten nicht auf sich sitzen. "Selbstverständlich ist jedes BA-Mitglied ein aufrechter Demokrat", hatte er schon zu Beginn der Debatte konstatiert. Das heiße aber nicht automatisch, dass man jede Form des Protestes gegen die AfD mittrage.

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