Fürstenried:Grün bewahren

Siemens-Sportpark in München, 2017

Öffentlich zugänglich und nicht kommerziell: Mit den Plänen für den Siemens-Sportpark, Teil des Grüngürtels, sind die Bürger zufrieden.

(Foto: Robert Haas)

Gedankenspiele im Rathaus über weitere Wohnblocks am südlichen Stadtrand alarmieren die Bürger. Sie wollen die Frischluftschneise erhalten, zum Beispiel durch einen Landschaftsschutzpark Isar-Solln

Von Jürgen Wolfram, Fürstenried

Verkehrsprobleme gehören zum Standardrepertoire der Bürgerversammlungen im Münchner Süden. Doch diesmal rückte ein anderes Thema in den Vordergrund, als die Leute aus dem Stadtbezirk Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln das Wort hatten: die Zukunft der Wiesen und Felder, des Grüngürtels zwischen Siemensallee und Becker-Gundahl-Straße, Wolfratshauser Straße und dem Siemens-Sportpark. Alarmiert durch Gedankenspiele im Münchner Rathaus, auch dieses Areal nahe der "Südseite" und dem Campus Süd noch mit Wohnblocks vollzustellen, riefen gleich mehrere Redner unter Beifall zum Protest und dazu auf, das betreffende Gebiet unter Landschaftsschutz zu stellen.

"Diese Frischluftschneise muss erhalten bleiben, zum Baugebiet darf man sie nicht machen", sagte der Bezirksausschuss-Vorsitzende Ludwig Weidinger (CSU). Sein Amtsvorgänger Hans Bauer (SPD) zeigte sich "schockiert" von der Idee, südlich der Siemensallee weitere 1800 Wohnungen zu errichten. "München braucht günstige Wohnungen, aber es braucht ebenso große zusammenhängende Freiflächen", betonte Bauer.

Das Thema treibt die Menschen um. Es war zugleich Anlass für Zweifel an der gängigen Architektur. "München wird zugeklebt mit einem Band gleichartiger Bebauung", so eine kritische Stimme. Das dürfe sich südlich der Siemensallee keinesfalls wiederholen. Wilfried Buchsteiner, Sprecher der Senioreninitiative "Ü 60 aktiv", unterbreitete den Vorschlag, das betreffende Gelände zusammen mit dem Siemens-Sportpark zu einem "übergreifenden Landschaftsschutzpark Isar-Solln" zu entwickeln. Die Idee stieß bei den 400 Versammlungsbesuchern auf ebenso große Zustimmung wie alle Einlassungen, die eine Freihaltung des weitläufigen Areals zwischen Obersendling und Solln zum Ziel hatten. Allgemeine Zufriedenheit herrschte darüber, dass der Siemens-Sportpark künftig der Erholung und dem Sport dienen und nicht kommerziell genutzt werden soll.

Unmut macht sich wegen der grassierenden Nachverdichtungs-Bauwut und dem damit verbundenen Verlust wertvollen Baumbestands breit. "Rodungen werden einfach durchgewunken", beschwerte sich eine Bürgerin und kündigte an, die Stadt deswegen zu verklagen. Gisela Krupski vom Forum lebenswertes München forderte unter großer Zustimmung, die Baumschutzverordnung ernster zu nehmen. "Lokale Baumtafeln" neben Bautafeln sollten über bevorstehende Fällungen informieren, die Biodiversitätsstrategie der Stadt schon in diesem Jahr durch eine Arbeitsgruppe in Gang gesetzt werden. Eine andere Forderung zielte auf die Rücknahme eines Stadtratsbeschlusses ab, der die Reduzierung der Pro-Kopf-Grünflächenzahl von 32 Quadratmetern vorsieht.

Spürbar wurde bei der Versammlung im Fürstenrieder Bürgersaal die Sorge um den Derzbachhof. Das Baudenkmal an der Forstenrieder Allee sollte in seinem ursprünglichen Zustand erhalten bleiben, die Baupläne für das Gelände rückgängig gemacht werden, lautete eine Forderung. Der Eigentümer hält allerdings einen positiven Vorbescheid in Händen, worauf ein Vertreter der Lokalbaukommission hinwies. Der Behördenemissär verteidigte die Baupläne, weil sie die Sanierung des historisch wertvollen Hofes sicherstellten. Die Stadt werde aber darauf achten, dass vor der Errichtung eines Neubaus im mittleren Geländeteil die Rettung des Derzbachhofs erfolgt, versprach er.

Zwei Rednerinnen wiesen auf die gesundheitlichen Risiken der 5G-Mobilfunktechnik hin sowie auf die zu erwartende "Vervielfachung" der Sendemasten im Stadtgebiet. An die Stadt erging die Aufforderung, diese Problematik besser zu kommunizieren. Für elektrosensible Menschen sollten strahlungsarme Räume geschaffen werden, lautete ein Wunsch.

Am städtischen Thomas-Mann-Gymnasium (TMG) spitzen sich andere Probleme zu: Es herrscht eklatanter Platzmangel. Eine dritte Turnhalle lasse seit 1985 auf sich warten; der "Bevölkerungsdruck" überfordere die Schule massiv, jedenfalls solange das geplante Gymnasium an der Gmunder Straße nicht gebaut sei; zudem sei das TMG-Kerngebäude "ein Sanierungsfall", beklagte ein Vertreter des Elternbeirats. Das Gymnasium an der Gmunder Straße soll nach aktueller Planung 2023/2024 fertiggestellt werden. Neu im Gespräch ist eine Realschule, die eventuell bei den Tennisplätzen am südlichen Ende der Forstenrieder Allee entstehen könnte. Dem Jugendzentrum "Trafixx" an der Baierbrunner Straße würde schon eine "Personalverstärkung" reichen. "Bei bis zu 150 Besuchern pro Tag sind drei Vollzeitstellen zu wenig, wenn man allen Altersgruppen Angebote machen will", sagte eine Sprecherin.

Der Verkehr holte die Versammlung ebenfalls ein, viele der 35 Anträge und Anfragen bezogen sich auf diesen Komplex. Mehrheitlich angenommen wurden unter anderem Forderungen nach einer überdachten Bushaltestelle in Hinterbrühl, einem roten Sicherheitsstreifen für Radler an der Ecke Aidenbachstraße/Siemensallee, einer Beseitigung von Schlaglöchern auf der Zufahrt von der Forstenrieder Allee zum Waldgasthof "Poseidon", nach einer Verbesserung der Sicherheit in einer Privatstraße (Hofmannstraße 20-26), der Umstellung der Druckknopf-Ampel an der Ecke Neunkirchner-/Wolfratshauser Straße sowie Tempo 30 für einen Abschnitt der Forst-Kasten-Allee. Am 22. Mai will der Stadtrat das Verkehrskonzept für den Stadtbezirk verabschieden. "Leider ist darin nichts Wesentliches zu finden, das zur Lösung unserer Verkehrsprobleme beiträgt", kritisierte Bezirksausschuss-Vorsitzender Weidinger das "visionslose" Werk.

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