Zwist zwischen Maisach und Bruck:Vom Retter zum Störenfried

Lesezeit: 3 min

Mit der Ansiedlung der BMW-Fahrakademie hat Maisach einen Zivilflugplatz für Geschäftsflieger verhindert. Weil der Autolärm nun die Stadtentwicklung beeinträchtigt, fordert Fürstenfeldbruck Korrekturen an der Planung.

Von Gerhard Eisenkolb

Ist es aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen, die Nutzung des ehemaligen Militärflughafens als BMW-Fahrsicherheitszentrum zu befürworten? Diese Frage stellten sich einige Stadträte am Mittwochabend in der Sitzung des Ferienausschusses. Laut Franz Neuhierl (FW) fiel mit der Auflösung der Kaserne die Geschäftsgrundlage für die Ansiedlung des lärmintensiven, störenden Gewerbebetriebs auf einem 130 Hektar großen Areal mitten im dicht besiedelten Ballungsraum im Westen von München weg. Der Lärm der Fahrakademie ist aus Sicht der Stadträte so störend, dass die Stadt auf dem Kasernengelände fast nur noch Industriegebiete ausweisen kann. Da südlich der Übungsstrecke aber auch Wohnungen gebaut werden sollen, lehnte der Ferienausschuss einstimmig den Bebauungsplan der Gemeinde Maisach für das BMW-Gelände ab.

Einst Trumpf, jetzt störender Lärm: Testfahrten auf dem Flughafen-Gelände. (Foto: Johannes Simon)

Als der Münchner Autokonzern vor sieben Jahren in Erwägung gezogen hatte, seine Trainingsstrecke auf das ehemalige Militärflugfeld zu verlegen, war er von den Kommunalpolitikern als Retter gefeiert worden. Der mächtige Autobauer war der Trumpf, mit dem verhindert wurde, dass dort die Regierung von Oberbayern ein Zivilflugplatz mit bis zu 40 000 Starts- und Landungen im Jahr genehmigte. In Anspielung an Goethe, "Die Geister, die ich rief, werde ich nicht mehr los", erinnerte Andreas Lohde (CSU) an die fatalen Folgen dieser "Verhinderungsplanung". Alles sei nur noch skurril. Und Klaus Wollenberg (FDP), der immer den Geschäftsflugplatz favorisiert hatte, bekannte angesichts der Erläuterungen zur geplanten Motorrad-Teststrecke, er sei innerlich am Platzen.

Stimmt der Vortrag der Verwaltung, so will BMW nördlich der ehemaligen Hauptstartbahn eine bis zu zwanzig Meter hohe Hügelkette aufschütten, um eine Berg- und Talbahn zu modellieren. Der Motorradlärm von dieser Hügelkette auf der ansonsten platten Schotterebene würde, so die Befürchtungen, zu weiteren Einschränkungen führen. So lange nämlich die Kasernengebäude wie ein Lärmschutzriegel das Stadtgebiet von dem Fahrtrainingszentrum abschirmten, störte sich niemand an der vor einem Jahr in Betrieb genommenen Fahrakademie. Wollenberg machte dem Landtagsabgeordneten Reinhold Bocklet (CSU) massive Vorwürfe, weil er der Stadt die Probleme mit BMW eingebrockt hat. Der Vorschlag, die Motorrad-Berg-und-Talbahn doch einfach tiefer zu legen, verfing nicht. Wie es hieß, geschehe dies sowieso schon, da das für die Aufschüttungen benötigte Erdreich ausgebaggert werde und die Täler damit sowieso schon unter dem Niveau des Flugfeldes lägen. Betonabbruch vom Ausbau der Autotrainingsstrecke lagert bereits im Bereich künftigen Motorradteststrecke. Das Material soll in den Hügeln verbaut werden.

Verärgert zeigten sich die Stadträte über den Hinweis, dass auf dem freien Feld zwischen den beiden Kommunen große Gebäude geplant sind. So benötigt die Polizei für ihr Fahrzeug-Übungsgelände einen Gebäudekomplex mit einer Grundfläche von 2200 Quadratmetern und einer Höhe von bis zu 8,5 Metern am westlichen Ende der ehemaligen Hauptstartbahn. Und auch BMW möchte mehrere größere Gebäude, verstreut über das Gelände, errichten. Stadtbaudirektor Martin Kornacher regte an, diese Nutzbauten als Lärmschutzriegel für die Stadt ans südöstliche Ende des BMW-Areals zu verlegen. An dem Konzept gab es viel auszusetzen, kritisiert wurde auch der Verlust von großen Naturschutzflächen, der nur bei einem öffentlichen Interesse gerechtfertigt und erlaubt sei, sowie die Versiegelung von riesigen Grünflächen. Diese Naturschutzproblematik gilt als schwächster Punkt des Bebauungsplans.

Laut Neuhierl verschleierte die Gemeinde Maisach bisher das Ausmaß der Planungen und zog damit die Stadt über den Tisch. Er stellte das Maisacher Konzept in Frage und regte an, gemeinsam mit Maisach die gesamte Planung für das Flugfeld und die Kaserne zu überdenken und neu auf den Weg zu bringen. Dem schloss sich der OB Sepp Kellerer (CSU) nicht an, aber er räumte ein, dass es auch nichts nütze zu sagen, es werde alles nicht so schlimm. Nach Messungen der Stadt liegt der Lärm des Fahrzentrums schon bei mäßiger Auslastung über dem zulässigen Wert. Auch der frühere Kasernenkommandant hätte sich schon beim OB über den störenden Lärm der Fahrakademie beschwert. Die Chancen, den Bebauungsplan mit dem Nein zu stoppen, sind gering. Sollte Maisach nicht einlenken und Zugeständnisse machen, erwägt die Stadt, vor dem Verwaltungsgericht zu klagen. BMW hat das Gelände bisher nur gepachtet. Kaufen will der Konzern die 130 Hektar oder 1,3 Millionen Quadratmeter erst, wenn der Bebauungsplan Rechtskraft hat.

© SZ vom 23.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: