Zwei Bürgerbegehren gleichzeitig:Angst vor Ausverkauf der Innenstadt

Enttäuscht sind die Menschen, sie finden es dilettantisch, wie der Stadtrat über die Zukunft zweier Filetgrundstücke in Fürstenfeldbruck entscheidet. Jetzt sollen es die Bürger selbst in die Hand nehmen.

Peter Bierl

Zwei Bürgerbegehren sollen die Bebauung des Viehmarktplatzes in Fürstenfeldbruck und den Grundstückstausch der Stadtwerke stoppen. Auf einer Veranstaltung der Brucker Bürgervereinigung (BBV) formierte sich am Donnerstag eine Bürgerinitiative, die diese beiden Plebiszite starten will. Zuvor hatten die BBV-Stadträte Klaus Pleil und Hardy Baumann die Vorhaben aus städtebaulichen und finanziellen Gründen kritisiert.

Etwa 100 Bürger erschienen zu der Veranstaltung im Hotel Post, etliche mussten auf dem Gang vor dem Saal ausharren. Pleil berichtete, dass viele Geschäftsleute besorgt seien, weil anstelle von 150 oberirdischen Parkplätzen nur mehr 25 öffentliche Stellplätze in einer Tiefgarage übrig blieben. Von den übrigen 150 Plätzen würde der Investor 35 für Wohnungen und 115 für das Gewerbe in dem Neubau benötigen.

Die BBV-Politiker betonten, dass sie den Viehmarktplatz aufwerten wollen, als Magnet für Kunden, aber mit anderen Angeboten. "Wir bräuchten ein hochwertiges Sortiment und keine Billigangebote", meinte Pleil. Er favorisiert einen Viktualienmarkt mit festen Ständen und will den Bauernmarkt von Fürstenfeld dorthin verlegen.

Vom Erlös des Geländes könne die Stadt keine Schule oder Kindergarten bauen, sondern bekomme ganze 25 Parkplätze, dazu dürfe der Investor die Südseite umsonst nutzen, um eine Tiefgarage zu bauen. Zum Grundstückstausch der Stadtwerke, die ihr Areal in der Innenstadt für eine Wiese im Westen hergeben sollen, erklärte Pleil. Die Stadt "verschleudere" ein Filetgrundstück.

Fast alle Zuhörer, die sich zu Wort meldeten, wandten sich gegen beide Projekte. Ein Bauingenieur rügte das Vorgehen der Stadtratsmehrheit als "dilettantisch". Vernünftig sei es, in beiden Fällen einen offenen Wettbewerb zu veranstalten. "Dann bekommt man viele Vorschläge und Ideen und sucht sich das Beste aus." Auf der Wiese im Westen zwischen Schule, Fußballplatz und Wohnhäusern die Stadtwerke und Gewerbe anzusiedeln rügte er als "städtebauliche Todsünde". Die Wiese als Zugang zum Erholungsgebiet Rothschwaiger Forst "sollte man nicht preisgeben", fordert ein anderer Besucher.

Ein Anwohner aus der Pucher Straße befürchtete eine lange Bauzeit am Viehmarktplatz: "Das Gewerbe wird schon tot sein, wenn der Neubau nach zwei Jahre fertig ist." Eine Frau bedauerte, dass "der sinnlose Ausverkauf der Stadt" voranschreite. "Als Bürger der Stadt gehören diese Grundstücke mir auch und ich habe nichts zum Herschenken", meinte ein Mann.

CSU-Stadtrat Karlheinz Stoklossa widersprach dem Vorschlag, die Stadtwerke in die Hasenheide zu verlegen, weil diese als Dienstleister nicht so weit weg platziert werden können. "Die Kfz-Zulassungsstelle ist doch auch dort", schallte es ihm entgegen. CSU-Fraktionschef Herwig Bahner verwies per Zwischenruf auf eine gesteigerte Aufenthaltsqualität für den Viehmarktplatz als Gegenleistung, worauf mehrere Bürger den Geschwister-Scholl-Platz sowie das Einkaufszentrum auf dem Uhlgrundstück nannten, die von vielen als hässlich empfunden würden.

Am Uhlgrundstück hätte man "einiges besser machen können", räumte Franz Höfelsauer (CSU) ein. Als Parkplatz stünde aber der Volksfestplatz zur Verfügung, "der ist meistens halb leer". Zweiter Bürgermeister Hans Schilling (CSU) sagte, auf dem Uhlgrundstück habe man "was anderes" gewollt. Der Investor für den Viehmarktplatz genieße "einen guten Ruf", er habe einen "sehr ansehnlichen Plan" vorgelegt.

Oberbürgermeister Sepp Kellerer (CSU) warnte am Freitag davor, dass "das System Innenstadt irgendwann nicht mehr funktioniert", wenn der Viehmarktplatz nicht als Magnet genutzt würde. Das würde die ansässigen Betriebe treffen. Über das Projekt werde seit 20 Jahren diskutiert und die Bürger seien mit einbezogen worden. Er sehe darum keine Veranlassung, etwa eine Bürgerwerkstatt zu organisieren. "Wer ein Bürgerbegehren will, soll es machen", sagte Kellerer der SZ. (Kommentar)

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