Zustände im Brucker Schlachthof:Kontrollsystem mit Lücken

Zustände im Brucker Schlachthof: Momentan geschlossen: Weil Aufnahmen aus dem Inneren des Brucker Schlachthofs Tierquälereien zeigen, ruht dort die Arbeit.

Momentan geschlossen: Weil Aufnahmen aus dem Inneren des Brucker Schlachthofs Tierquälereien zeigen, ruht dort die Arbeit.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Obwohl Veterinäre in dem Betrieb ein und aus gingen, wurden nur wenige Fälle von Tierquälerei registriert. Landrat Thomas Karmasin will dennoch keinen Fehler der Kreisbehörde sehen

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Ein dichtes Netz von Kontrollen soll gewährleisten, dass Metzger sich an die Regeln des Tierschutzes halten. Im Brucker Schlachthof hat das System versagt. Die Tierquälereien wurden nur publik, weil sich ein Insider an die Soko Tierschutz wandte, die Videoaufnahmen von Vorfällen veröffentlichte. Die Tierrechtler kritisieren "gefälschte Selbstkontrolldokumente" und rügten, dass die Behörden nur Einzelfälle feststellten. Landrat Thomas Karmasin (CSU) sieht noch keinen Grund für Konsequenzen.

Nach Angaben des Landratsamts wurde der Schlachthof im vergangenen Jahr vier Mal kontrolliert, drei Kontrollen fanden statt, als die versteckte Kamera vielleicht schon lief. Im Februar gab es eine nicht angemeldete Vollkontrolle durch das Veterinäramt, im September eine angemeldete Audit-Untersuchung unter Beteiligung der Regierung von Oberbayern und von Sachverständigen des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Im Oktober rückten Veterinäre zu einer Einzelkontrolle der Schweineschlachtung an und im November gab es aufgrund von Mängeln eine zweite Vollkontrolle durch den "beliehenen Unternehmer", wie es im Amtsdeutsch heißt. Das ist die private Firma Hygiene- und Prüf-GmbH, die einen amtlichen Tierarzt schickte. Dieser ist auch mit regelmäßigen Kontrollen betraut. "Der amtliche Tierarzt ist an jedem Tag, an dem geschlachtet wird, im Schlachthof anwesend und berichtet dem Veterinäramt einmal im Monat. Er überwacht die Hygienevorschriften und die tierschutzrechtlichen Vorschriften", erklärte Ines Roellecke, Pressesprecherin des Landratsamtes. Bereits am Freitag teilte die Kreisbehörde mit, dass künftig ein zweiter Tierarzt dabei sein werde.

2014 hat das Veterinäramt eine tierschutzrechtliche Vollkontrolle der Rinderschlachtung vorgenommen, 2015 nahm der Experte erneut die Rinder- sowie die Schweineschlachtung unter der Lupe, diesmal wieder unter Beteiligung der Regierung. Alle diese Kontrollen werden "nach den Vorgaben des Qualitätsmanagementsystems des beliehenen Unternehmers bzw. des Umweltministeriums durchgeführt", teilte die Kreisbehörde mit.

Die amtlichen Kontrolleure haben von einigen Einzelfällen abgesehen angeblich nichts gemerkt, weder vom Einsatz von Elektroschockern bei Tieren aus biologischer Landwirtschaft, noch vom Malträtieren von Rindern mit Starkstromzangen oder massiven Problemen bei Betäubung und Fütterung. Der Landrat sagte der SZ am Montag, man werde überprüfen, ob es sich um systemische Mängel oder "Exzesse eines einzelnen" handle. Das Kontrollsystem werde man überprüfen, allerdings verspricht sich Karmasin wenig von mehr Kontrollen. Auf die Frage, ob das Veterinäramt Fehler gemacht habe, antwortete Karmasin: "Das ist eine philosophische Frage. Hat die Polizei einen Fehler gemacht, wenn irgendwo ein Einbruch passiert?" Es liege kein Fehler der Behörde vor. "Das Landratsamt hat regelmäßig kontrolliert. Immer vor Ort kann und will es nicht sein", sagte er. Ob Konsequenzen bezüglich der privaten Firma gezogen werden müssen, hänge davon ab, ob ein Fehlverhalten vorliege. "Auch das werden wir überprüfen", versicherte er.

Karmasin sieht keinen Grund, die Teilprivatisierung der Kontrolle rückgängig zu machen, immerhin habe das System 18 Jahre lang erfolgreich funktioniert. Seine Amtsvorgängerin Rosemarie Grützner (SPD) und Martin Runge (Grüne) hatten damals vor Interessenverflechtungen gewarnt. "Das ist eine hoheitliche Aufgabe, die man nicht abgeben darf", sagte der Brucker OB-Kandidat Runge am Montag. Max Keil, Geschäftsführer des Schlachthofes und Kreisrat, hatte damals die Privatisierung unterstützt, weil dadurch die Gebühren sanken.

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