Süddeutsche Zeitung

Zum Abschluss der Klassik-Reihe:Symphonisches Klangbad

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"Concertino München" überzeugt in Germering

Von KLAUS MOHR, Germering

Ein Ensemblename wie "Concertino München" lässt mehrere Deutungsmöglichkeiten zu: Geben die Musiker nur "kleine Konzerte" oder handelt es sich um eine "kleine Konzertbesetzung"? Was im Orlandosaal am Freitag als Abschluss der diesjährigen Klassik-Reihe zu hören war, widersprach den beiden genannten Richtungen. Mit nur zwei Kammermusikwerken war das Programm des Abends mehr als ausgefüllt, und im Vergleich zu den meisten Besetzungen für Kammermusik musizierten hier ungewöhnlich viele Musiker gleichzeitig. Die Mitglieder von "Concertino München" gehören entweder dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks oder dem Bayerischen Staatsorchester an und traten in Germering in der Besetzung mit Florian Sonnleitner und Jürgen Besig (Violine), Jürgen Weber (Viola), Peter Wöpke (Violoncello), Alexandra Hengstebeck (Kontrabass), Jürgen Key (Klarinette), Holger Schinköthe (Fagott) und Johannes Dengler (Horn) auf.

Zu Beginn erklang das Septett in Es-Dur op. 20 von Ludwig van Beethoven, dessen Popularität seit der Entstehungszeit unvermindert anhält. Nicht nur von der Optik her, sondern auch klanglich, bildete der Kontrabass die Mitte. Als Klangfundament trennte er die Streicher auf der einen von den Bläsern auf der anderen Seite. Diese beiden Klanghälften standen sich oft dialogisch gegenüber. Beeindruckender jedoch war der symphonisch ausbalancierte Gesamtklang, den Beethoven kompositorisch und Concertino München von der Interpretation her in unterschiedlichen Farbschattierungen so differenziert auskostete, dass sich beim Hörer mit der Zeit eine Art Suchtgefühl einstellen konnte.

In den weichen Beginn der Adagio-Einleitung des Kopfsatzes setzten die Musiker akzentuierte Forte-Klänge, die die Linie aber nicht durchschnitten, sondern in sie integriert waren. Die Führungsrolle kam der Violine zu, doch übergab sie diese immer wieder phasenweise an andere Instrumente. Im Allegro-Abschnitt dieses Satzes gab es imitatorische Passagen zwischen einzelnen Instrumenten. Betrachtet man die Gegenüberstellung von Streichern und Bläsern, so geriet der Zusammenklang der Blasinstrumente im Vergleich zumeist homogener und runder. Das hatte auch damit zu tun, dass die Intonation von Florian Sonnleitner nicht immer ganz in Ordnung und zumeist eine Spur zu hoch ausfiel. Ein Höhepunkt des Werks war das Adagio, dessen wunderbares Klarinetten-Solo auf samtweicher Begleitung zu Beginn zum klanglichen Vorbild für Violine, Fagott, Violoncello und Horn wurde, die diese Rolle später einnahmen.

Franz Schuberts Oktett in F-Dur D 803 hatte Beethovens Septett zum Vorbild, der Komponist erweiterte die Besetzung lediglich um eine zweite Violine. Bei allen ähnlichen Wahrnehmungen gab es doch auch viele Unterschiede im Detail: Die Begleitung hatte mal pulsierenden Charakter, mal hatte sie aufgrund von Tremolo eine fast bedrohliche Note, manchmal war eine Melodie mit einer Umspielung in einem anderen Instrument verknüpft. Dadurch entstand ein sehr variables Klangbild, das auch in der Melodieführung und der Dynamik einen hohen Differenzierungsgrad aufwies. Die Führungsrolle wechselte oftmals, weshalb die Linien der Instrumente intensiv ineinander griffen. Die Musiker des Concertino stellten sich dieser filigranen Klangstruktur mit beeindruckender Detailgenauigkeit, wodurch eine äußerst geschlossen-überzeugende Interpretation entstand. Auch waren die Satzschlüsse oft in der Art einer fernen Reminiszenz an den Anfang gestaltet. Viel Beifall und die Wiederholung eines Schubert-Satzes gab es zum Schluss.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2016
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